Inga Kozuruba - Der Träumer und der Schnüffler

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Der Privatdetektiv Andy, der im Auftrag von Elaines Eltern noch immer nach der verschwundenen Tochter sucht, gerät durch einen Zufall in den Tornado-Zug und wird in die Hauptstadt gebracht. Er will nur die Umstände von Elaines Verschwinden aufklären und mögliche Schuldige finden – die Hauptstadt braucht ihn jedoch aus ganz anderen Gründen. Das von Elaine geschaffene Spiegelbild der Hauptstadt existiert noch immer, und verfügt mit einem Träumer über einen entscheidenden Vorteil im Kampf ums Überleben, womit das bisherige Status Quo und alle Pakte gebrochen wurden. Nur eine Hauptstadt kann den Konflikt überstehen – und ihr Schicksal hängt von den Entscheidungen der Träumer ab.

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Inga Kozuruba

Der Träumer und der Schnüffler

Hauptstadt Chroniken IV

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis Titel Inga Kozuruba Der Träumer und der Schnüffler - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Inga Kozuruba Der Träumer und der Schnüffler Hauptstadt Chroniken IV Dieses ebook wurde erstellt bei

Prolog

Kapitel 1: Der falsche Zug

Kapitel 2: Echos und Visionen

Kapitel 3: Manipulation oder Wahrheit?

Zwischenspiel 1: Jack

Kapitel 4: Andeutungen und Drohungen

Kapitel 5: Fremde Fußstapfen

Zwischenspiel 2: Avera

Kapitel 6: Träumer gegen Träumer

Zwischenspiel 3: Dannel

Kapitel 7: Grenzwechsel

Kapitel 8: Kryss und Margot

Kapitel 9: Lydia und Cedric

Kapitel 10: Rick und Jack

Kapitel 11: Steve und Andy

Kapitel 12: Ablenkung und doppeltes Spiel

Kapitel 13: Widrige Umstände und seltsame Lösungen

Kapitel 14: Rettung oder Untergang?

Kapitel 15: Trumpf oder Bluff?

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Das erste, das er nach dem Aufwachen tat, war es, sich neben sein Bett zu übergeben. Er hatte wieder diesen Alptraum gehabt, der ihn schon seit Wochen heimsuchte. Er sah darin einen Mann mit seinem eigenen Gesicht – oder zumindest dem Gesicht, das der heutige Teenager als Mann haben würde, der sich an einer jungen Frau verging, immer und immer wieder, mit jedem Mal brutaler und perverser als zuvor. Die Umgebung und die Details wechselten zwar mit jeder Heimsuchung, aber diese Konstellation blieb immer gleich. Der Mann mit seinem künftigen Gesicht ließ die unbekannte Frau immer wieder geschlagen, gedemütigt, gebrochen zurück, mehr tot als lebendig – aber tatsächlich immer noch lebendig. Als ob er sich noch etwas für später aufheben wollte. Und jedes Mal wenn er aufwachte, spürte er dieses irre Grinsen auf seinem Gesicht, bei dem er sich nicht sicher war, ob es eine verzerrte, falsch gepolte Mimik der Abscheu oder doch eine grässliche Form der Genugtuung für etwas war, das er nicht begreifen konnte. Darum übergab er sich jeden Morgen. Aber an diesem Morgen wurde er zum ersten Mal dabei ertappt.

„Brüderchen, du bist doch nicht etwa schwanger, oder?“, er hörte das klare, helle Lachen eines jungen Mannes und sah irritiert zur halb offenen Tür seines Zimmers, in der eben selbiger stand. Ein gutaussehender junger Mann, gerade kein Junge mehr, offensichtlich bewusst androgyn in seiner Erscheinung und mit einer Ausstrahlung von Selbstsicherheit und Arroganz, die nur einem gefallenen Engel anhaften konnte. Warum dieser Kerl ihn jedoch als Brüderchen bezeichnete, konnte er beim besten Wissen und Gewissen nicht sagen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer dieser Typ eigentlich war.

Das Amüsement wich indessen vom Gesicht des Unbekannten und wurde zu einem fragenden Blick, der offensichtlich sein Gesicht mehr als nur widerspiegelte. „Sag mal, was ist hier los? Du weißt doch sonst immer alles. Und jetzt, sieh dich an, das reinste Fragezeichen.“

„Ich... hab‘ schlecht geträumt. Das ist alles... Bruder.“ Er war sich nicht sicher, aber irgendwie erschien es ihm angemessen, diese Anrede zu benutzen. Vielleicht hatte er am Abend zuvor irgendwie doch zu viel getrunken. Er konnte sich zwar nicht einmal daran erinnern, etwas getrunken zu haben, aber das wäre dann womöglich auch nicht mehr verwunderlich.

Der Unbekannte wirkte plötzlich besorgt: „Schlecht geträumt? Was hast du geträumt?“

Er beschrieb seinen Traum, so gut wie seine Erinnerung das zuließ. Mit unangenehm über seinen Körper kriechenden Gänsehaut bemerkte er, dass er sich noch so gut daran erinnern konnte, als würde er immer noch schlafen und den Traum durchleben. Der Unbekannte biss sich auf die Unterlippe und wirkte plötzlich überhaupt nicht mehr selbstsicher, sondern sehr zerbrechlich. Er staunte über diesen Morgen und vergaß darüber sogar den sauren Nachgeschmack in seinem Mund.

„Du hast von IHM und Vatermutter und deiner Zeugung geträumt und du hast es nicht begriffen? Junge, irgendetwas ist hier ganz falsch... Ach du meine Güte...“

Der unbekannte junge Mann sah ihn mit seinen weit aufgerissenen, dunkelbraunen Augen an und keuchte erschrocken: „Es geht los. Du hast ihre Stelle eingenommen. Dann sind Schwesterherz und ich auch bald dran. Oh nein... das... das ist viel zu früh.“

Er hörte sich das unsinnige Gestammel mit halboffenem Mund an: „Wovon redest du bitte? Was ist hier los? Wer bist du überhaupt?“ Die Begegnung wurde immer seltsamer.

Der Fremde eilte zum Bett, fasste ihn plötzlich an den Schultern und begann, ihn zu schütteln: „Ich bin dein Halbbruder! Der kleine, nervtötende Bastard...“, doch dann beruhigte er sich wieder. „Ach, was mache ich da. Es ist zu spät. Er hat die Stelle der Quelle eingenommen und wenn ich dran bin, geht hier alles zu Bruch. Ich muss den ersten Zug machen... den ersten Zug freilassen. Wo hat Schwesterherz ihn nur wieder versteckt? Diese übereifrige Streberin...“

Murmelnd verschwand der Fremde aus dem Zimmer und er wischte sich ganz langsam den Mund ab. Was für ein seltsamer Morgen. Was für... aber er hatte keine Zeit für so was. Mit dem Alptraum konnte er sich später beschäftigen. Jetzt musste er nach seiner Schwester sehen und dann waren die Tagesgeschäfte dran. Seit dem Tod ihrer Eltern lastete auf den jungen Schultern des Prinzenpaares das Schicksal des Königreiches und die ganze Hilfe ihrer Berater konnte nichts daran ändern, dass die Zwillinge gerade mal fünfzehn Jahre alt waren. Im Badezimmerspiegel glaubte er noch für einen Augenblick etwas zu sehen, das nicht da sein sollte, und dann verdrängte er das alles aus seinem Bewusstsein. Es gab viel zu tun in der Hauptstadt.

Kapitel 1: Der falsche Zug

Das Geräusch, das Andy aus dem Schlaf riss, war nicht sein Wecker. Es waren durch die dünne Wand seines Appartements nur schwach gedämpfte Geräusche einer der vielen Talkshows, von denen sich seine ältere, allein lebende Nachbarin von früh bis spät berieseln ließ. Im Halbschlaf verfluchte er das erneute Wiederaufleben der öffentlichen Anprangerung als Unterhaltung, das ihn seinen kostbaren Schlaf kostete, bis er endlich bemerkte, dass an der ganzen Situation etwas falsch war. Eigentlich hätte er seinen Wecker verfluchen müssen, dieses schrill kreischende Ding, das sogar einen Toten aufwecken könnte. Doch sein Wecker verhielt sich an diesem Montagmorgen erstaunlich still. Ein Blick aus halb geöffneten Augen in seine Richtung zeigte Andy den Grund dafür. Der Wecker zeigte eine blinkende Uhrzeit, die auf keinen Fall korrekt sein konnte. Das war ein todsicheres Zeichen dafür, dass es irgendwann in der Nacht einen Stromausfall gegeben haben musste. Und offensichtlich hatte dieser Ausfall lange genug gedauert, um nicht nur seinen Wecker zu verstellen, sondern auch die Programmierung des Alarms zu löschen. Andy griff nach seiner Armbanduhr und fluchte leise, als seine Wahrnehmung sich von der digitalen Zeitanzeige auf die analogen Zeiger umgestellt hatte und Andy begriff, dass er verschlafen hatte.

Normalerweise wäre es nicht so dramatisch gewesen, schließlich konnte er als ein freischaffender Detektiv seine Arbeitszeiten selbst einteilen, aber ausgerechnet an diesem Tag hatte er einen Termin. Und wenn er sich nicht höllisch beeilen würde, würde er ihn verpassen. Er hetzte unter die Dusche und schrubbte sich wie ein Verrückter die Zähne, während sich die andere Hand der Haarwäsche widmete. In seinen Gedanken war er schon einen Schritt weiter und warf eine Kleinigkeit nach der anderen aus seinem gewohnten morgendlichen Ablauf, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen.

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