Douglas Preston - Der Codex

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Ähnlich wie Child, fliegt Preston hoch und schnell, das Werk verwandelt sich in einen höchst spannenden wissenschaftlichen Thriller.
Das Buch aus dem Titel ist ein Maya Artefakt das das gesamte Wissen der alten Kulturen über Medizin und Pflanzenkunde enthält.
Die darin enthaltenen Informationen wären jedem Pharmaunternehmen Milliarden wert, allerdings hat die Sache einen Haken. Das Buch wurde, zusammen mit einigen anderen unbezahlbaren Kunstschätzen tief im Dschungel Honduras von dem legendären Grabräuber Maxwell Broadbent mit ins sein eigenes Grab genommen. Er hat seinen drei Söhnen Informationen hinterlassen die zu dieser Stelle führen sollen. Da er ihnen nichts zutraut soll sie diese Suche zu „Männern“ machen.
Was nun folgt, ist ein atemberaubender Dschungelkampf der drei die jeder für sich einen besonderen Partner mitführen. Preston entführt den Leser in einen atemberaubenden Thriller aus Indianern, schiesswütigen Soldaten und irren Schatzsuchern.
Aus dem Amerikanischen von Ronald M. Hahn.
Die Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel

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Für Aletheia Vaune Preston

und

lsaac Jerome Preston

1

Tom Broadbent nahm die letzte Kurve der sich dahinschlängelnden Straße und stellte fest, dass seine beiden Brüder bereits am großen Eisentor des Landsitzes der Broadbents warteten. Philip klopfte an einem Torpfosten gereizt die Tabakskrümel aus seiner Pfeife, und Vernon betätigte mehrmals energisch den Klingelknopf. Das Haus stand in finsterem Schweigen hinter ihnen und ragte wie der Palast eines Paschas auf dem Hügel auf. Reihen von Fenstern, Schornsteine und Türmchen glitzerten im hellen nachmittäglichen Sonnenschein von Santa Fe, New Mexico.

»Vater ist doch sonst immer pünktlich«, sagte Philip. Er steckte sich die Pfeife zwischen die weißen Zähne und biss leise klickend auf das Mundstück. Dann drückte auch er den Klingelknopf, schob seine Manschette hoch und warf einen Blick auf die Armbanduhr. Tom fand, dass Philip sich kaum verändert hatte: Bruyere-Pfeife, ironischer Blick, glatt rasierte Wangen, Rasierwasser, das Haar aus der hohen Stirn nach hinten gekämmt. An seinem Handgelenk funkelte eine goldene Uhr. Er trug graue Hosen und ein Marine-jackett. Sein britischer Akzent klang noch etwas versnobter als sonst. Im Gegensatz zu ihm wirkte Vernon mit seiner Gaucho-Hose, den Sandalen, dem langen Haar und dem Bart wie Jesus.

»Er führt uns schon wieder an der Nase rum.« Vernon drückte abermals den Klingelknopf. Der in den Pifton-Bäumen wispernde Wind brachte den Duft von warmem Harz und Staub mit. In dem großen Haus blieb alles still.

Als Philip sich Tom zuwandte, wehte der Geruch teuren Pfeifentabaks durch die Luft. »Wie ist die Lage bei den Indianern draußen, Tom?«

»Bestens.«

»Freut mich zu hören.«

»Und bei dir?«

»Fantastisch. Könnte nicht besser sein.«

»Vernon?«, fragte Tom.

»Alles im Lot. Keine Probleme.«

Das Gespräch erstarb. Sie schauten sich an. Dann blickten sie verlegen in eine andere Richtung. Tom hatte seinen Brüdern noch nie viel zu sagen gehabt. Über ihnen flog krächzend eine Krähe dahin. Eine unbehagliche Stille senkte sich auf die am Tor versammelte Gruppe herab. Nach einer Weile setzte Philip der Klingel erneut heftig zu. Schließlich warf er einen finsteren Blick durch das Tor und packte das gusseiserne Gestänge. »Sein Wagen steht noch in der Garage. Vielleicht ist ja nur die Klingel kaputt.« Er holte tief Luft. »Hallooo! Vater! Deine anhänglichen Söhne sind da!«

Ein quietschendes Geräusch ertönte, dann öffnete sich das Tor unter dem Druck seiner Hände.

»Es ist gar nicht abgeschlossen«, sagte Philip überrascht.

»Aber sonst lässt er es doch nie offen stehen!«

»Er ist drin und wartet auf uns«, meinte Vernon. »Das ist alles.«

Sie drückten das Tor mit den Schultern auf, und es schwang auf quietschenden Scharnieren beiseite. Vernon und Philip schritten zu ihren Autos, um sie auf dem Grundstück zu parken. Tom ging zu Fuß weiter. Kurz darauf stand er vor dem Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte. Wie viele Jahre waren seit seinem letzten Besuch vergangen? Drei? Es erfüllte ihn mit eigenartigen und widersprüchlichen Gefühlen: Der Erwachsene kehrt an den Ort seiner Kindheit zurück. Die Größe des Anwesens war selbst für Santa Fe von protzigem Prunk. Die kiesbestreute Zufahrt führte in einem Halbkreis an zwei massiven Tür-flügeln aus dem 17. Jahrhundert vorbei. Die Tür bestand aus handgeschlagenen Mesquite-Platten. Das Haus war ein Kunstwerk der Bildhauerei für sich - ein mit abgerundeten Mauern versehenes niedriges Gebäude aus Adobeziegeln, verzierten Strebepfeilern, Vigas, Latillas, Nischen, Portalen und echten Schornsteinkappen. Umgeben war es von Pappeln und einer smaragdgrünen Wiese. Da es auf einer Hü-gelkuppe stand, hatte man eine wunderbare Aussicht auf die Berge, die Hochwüste, die Lichter der Stadt und die über den Jemez-Bergen aufziehenden sommerlichen Ku-muluswolken. Es hatte sich zwar nicht verändert, doch wirkte seine Ausstrahlung irgendwie anders. Vielleicht, dachte Tom, habe ich mich ja verändert.

Eines der Garagentore stand offen. Tom sah, dass der grüne Mercedes-Geländewagen seines Vaters in der Nische abgestellt war. Dann hörte er die Fahrzeuge seiner Brüder über den Kies der Zufahrt knirschen. Sie parkten vor dem Haupteingang. Türen wurden zugeschlagen, dann gesellten sich die beiden zu Tom, der bereits vor dem Haus stand.

Gleichzeitig machte sich in Toms Magen ein mulmiges Gefühl breit.

»Worauf warten wir?« Philip ging zum Haupteingang hinauf und betätigte mehrmals die Klingel. Vernon und Tom folgten ihm.

Es herrschte absolute Stille.

Philip, wie immer ungeduldig, drückte zum letzten Mal auf den Knopf. Tom hörte das dumpfe Läuten drinnen im Haus. Die Töne erinnerten ihn an die ersten Akkorde des Liedes »Marne«. Seiner Meinung nach wäre dies für den bizarren Humor ihres Vaters typisch gewesen.

Philip legte die Hände an den Mund und rief: »Hallooo!«

Noch immer tat sich nichts.

»Glaubt ihr, er ist krank?«, fragte Tom. Das unbehagliche Gefühl in seinem Innern wurde stärker.

»Ach was«, sagte Philip ärgerlich. »Das ist nur wieder eins von seinen Spielchen.« Er schlug so fest mit der geballten Faust auf die massive mexikanische Tür ein, dass es laut krachte.

Irgendetwas stimmte hier nicht. Als Tom sich umschaute, fiel ihm auf, dass der Hof leicht heruntergekommen wirkte: Der Rasen war nicht gemäht. In den Tulpenbeeten wucherte Unkraut.

»Ich schau mal durch ein Fenster«, sagte er.

Er bahnte sich seinen Weg durch eine gestutzte Chamisa-Hecke, durchquerte auf Zehenspitzen ein Blumenbeet und lugte durch das Wohnzimmerfenster. Irgendetwas war eindeutig anders, aber er brauchte eine Weile, bis es ihm dämmerte. Der Raum wirkte normal: Er sah die gleichen Leder-sofas und Ohrensessel wie immer und auch den gleichen Steinkamin und den gleichen Kaffeetisch. Aber über dem Kamin hatte ein großes Gemälde gehangen, das nun fehlte.

Welches, wusste er nicht mehr genau. Tom dachte angestrengt nach. Der Braque? Oder der Monet? Dann fiel ihm auf, dass die altrömische Bronzestatue, die einen Knaben darstellte, ebenfalls fehlte. Sie hatte bisher auf der linken Kaminhälfte Hof gehalten, das Bücherregal wies Lücken auf. Bücher waren herausgenommen worden. Der Raum wirkte unordentlich. Hinter dem Türrahmen, der in den Korridor führte, lag Müll auf dem Boden: zerknülltes Papier, ein Blisterverpackungsstreifen, eine herrenlose Rolle Klebeband.

»Wie stehen die Aktien, Alter?«, rief Philip um die Ecke.

»Schau's dir lieber selbst mal an!«

Philips spitze Ferragamo-Schuhe bahnten sich ihren Weg durch die Büsche. Seine Miene zeigte Verärgerung. Vernon kam hinter ihm her.

Philip lugte durch das Fenster und schnappte nach Luft.

»Der Lippi«, keuchte er, »über dem Sofa. Er ist weg. Und der Braque über dem Kamin auch! Er hat alle Bilder abgehängt! Er hat sie verkauft!«

»Reg dich nicht auf, Philip«, sagte Vernon. »Vermutlich hat er das Zeug nur weggepackt. Vielleicht will er umziehen.

Du liegst ihm doch seit Jahren in den Ohren, dass das Haus zu groß für ihn und zu abgelegen ist.«

Philips Miene entspannte sich augenblicklich. »Ja, stimmt. Hast Recht.«

»Wahrscheinlich ist das auch der Grund für diese mysteriöse Zusammenkunft«, meinte Vernon.

Philip nickte und tupfte sich mit einem Seidentaschentuch die Stirn ab. »Der Flug hat mich wahrscheinlich ermüdet.

Du hast Recht, Vernon. Natürlich sind sie beim Packen.

Aber welche Unordnung die hinterlassen haben! Wenn Vater das sieht, kriegt er einen Anfall.«

Als die drei Brüder da so zwischen den Büschen standen und sich anschauten, brach Schweigen aus. Toms Unbehagen hatte den Höhepunkt erreicht. Wenn ihr Vater umzog, geschah es unter eigenartigen Umständen.

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