Fünf Mark für ein „Vater unser“ Fünf Mark für ein „Vater unser“ Ein Junge im Alter von etwa neun oder zehn Jahren schlenderte die Straße entlang. Plötzlich sah er ein Auto kommen, was damals noch eine Seltenheit war. Zu seinem Erstaunen hielt dieses Auto auch noch neben ihm an. Der Fahrer winkte ihn zu sich. Neugierig und zugleich ängstlich kam der Kleine näher. Zu seiner Überraschung fragte ihn der Mann, ob er sich fünf Mark verdienen wolle. Fünf Mark waren in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts für einen kleinen Buben ein Vermögen. Er fragte also den Herrn, was er dafür tun müsse. Dieser zeigte ihm ein Bündel Flugblätter und erklärte dem Knaben, dass er diese austragen müsse. Er solle von Haus zu Haus gehen und überall so ein Blatt einwerfen. Der Kleine überlegte nicht lange, er dachte an das viele Geld und sagte bereitwillig zu, auch wenn das Austragen eine Riesenarbeit war. Der Mann übergab dem Buben die Flugblätter und gleichzeitig einen Fünfmarkschein. Er ermahnte den Knaben noch einmal, dass dieser ja in jedes Haus einen solchen Zettel bringen müsse und fuhr von dannen. Nun begann der Junge seine Zettel auszuteilen, ganz brav in jedes Haus einen. Er hatte wohl etwa zwanzig Zettel verteilt, da näherte er sich einer Brücke, die über einen kleinen Fluss führte. Gleichzeitig kam ihm ein Bauer auf seinem Fahrrad entgegen. Der hielt an, fragte den Bub, was er denn mache, und dieser erzählte dem Mann, was er zu tun habe und wie er zu diesem Auftrag gekommen war. Der Bauer fragte, ob er seinen Lohn schon erhalten habe, was der Kleine bejahte. Das wäre ja gut, meinte der Bauer, dann solle der Bub doch die restlichen Zettel in den Fluss werfen, denn wenn er alle Flugblätter in dem großen Dorf verteilen würde, wäre er damit morgen noch nicht fertig. Da wurde unser kleiner Held nachdenklich. Sicher hatte der Mann recht, denn in seiner Hand befand sich noch eine Unzahl von Zetteln. Er fragte deshalb den Landwirt, ob es nicht eine Sünde wäre, was dieser ihm empfohlen habe. Der meinte, eine Sünde sei das schon, aber er könne die Sache ja beichten. Darauf meinte der Kleine, dass er dann sicher eine riesige Buße vom Pfarrer aufgebrummt bekäme. Der Bauer entgegnete ihm, der Bub müsse dafür höchstens als Buße ein „Vater unser“ mehr als sonst beten. Das leuchtete dem Knaben ein und er dachte, dass fünf Mark gegen ein „Vater unser“ kein schlechter Tausch wäre. Er nahm das Bündel Flugblätter und warf es in den Fluss.
Aus Erfahrung wird man klug Aus Erfahrung wird man klug Ein junger Mann war in einen Ort zugezogen und war mit seinem Auto auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz, der nur ein paar Kilometer entfernt war, nach Hause. Er kannte fast niemanden in dem Ort und er selbst war natürlich auch unbekannt. Da sah er auf der Straße eine alte Frau gehen, die offenbar auf dem Weg zur Kirche war. Ihrer Kleidung nach zu urteilen war sie wohl eine alte Bäuerin. Der junge Mann hielt an und fragte die Alte, ob sie mitfahren wolle? Zu seiner Überraschung stieg sie sofort in sein Auto ein und freute sich offensichtlich über diese Mitfahrgelegenheit. Darauf entspann sich folgendes Gespräch: „Was sind denn Sie für a Herr, dass Sie mich in Ihrem schönen Auto mitnehmen wollen? Gell, Sie tun mir nix!“ Der Fahrer antwortete: „Natürlich tue ich Ihnen nichts; ich habe mir gedacht, dass Sie wahrscheinlich auf dem Weg zur Kirche sind und da habe ich halt angehalten. Sie wollen doch zur Kirche, oder?“ „Ja, ja i möcht schon in die Kirche und das Laufen fällt mir halt auch langsam schwer – gehen Sie o in d’Kirch?“, war ihre Antwort. „Nein, in die Kirche gehe ich nicht, ich bin jetzt müde und auf dem Weg nach Hause und ich nehme gern ältere Leute, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, mit.“ Die Alte überlegte ein wenig und sagte dann: „I woiß scho, die junge Leut wollen gar nimmer in d’Kirch geha. Aber was sind denn Sie für a Herr, i hab Sie noch nie g’seha?“ „Das glaube ich Ihnen gerne“, war die Antwort, „ich bin auch erst seit ein paar Wochen hier, deshalb kennen Sie mich nicht. Ich habe bisher in Hamburg gearbeitet“ Die Frau antwortete: „Ja mei, heutzutag hat halt jeder Depp ein Auto!“ Der junge Mann hat darauf nie wieder ein alte Frau in sein Auto eingeladen.
Die Rechnung
Der Heele-Babba
Der Fischer-Gidel
Ein Mann mit Charakter
Des Pfarrers Würste
Das Corpus Delicti
Jagdgeschichten
Ein neuer Jagdpächter
Der gesunde Fuchs
Der Weimaraner
Leo, eine Hundepersönlichkeit
Mein bester Bock
Der unsterbliche Hase
Merkwürdiges
Die Festrede
Die Liebe geht durch den Magen
Verschmähte Liebe
Ein armer Junge erzählt aus seiner Kindheit
„Wella-Heckel“
Tierisches
Das Kuckucksei
Das Ende von einem stolzen Hahn
Das Schwein
Die dumme Kuh
Unglücklicher Regenwurm
Das Märchen von Igel und Hase
Meine Zeit bei der Marine
Grundausbildung
Marineschule
Zerstörer 5
Kartoffeln schälen
Sturmflut 1962
Ende der Karriere
Mützenwechsel
Jimmy
Schrat
Ein neues Kommando
Marineinfanterie
Strafwache
Ende der Dienstzeit
Heimweh nach Glückstadt
Glück im Unglück
Zum Geburtstag
Die „Sieben“
Liebesgeschichte
Die Blonde vom Campingplatz
Glaubenssache
Das Wunder Gott
Theater
Der amerikanische Architekt
Weihnachtsgeschichten
Weihnachten ohne Tannenbaum
Das Krippenspiel
Endnoten
Dorfgeschichten
Das unverdiente Ei
In einer armen Arbeiterfamilie lebten neben den Eltern sechs Kinder. Es war nicht immer einfach, für alle ein ausreichendes und dazu noch schmackhaftes Mal zu bereiten. Aber die Frau des Hauses verstand es, mit dem wenigen, was sie hatte, die Familie zu ernähren. Besonders sonntags gab es dann „Hasenbraten“, der natürlich aus dem Kaninchenstall stammte. Dazu gab es Kartoffelknödel und Salat aus dem eigenen Garten. Aber auch bei der Zubereitung des billigsten Essens entstanden Abfälle, die aus Kartoffelschalen, Salatblättern und Ähnlichem bestanden. Es war aber nicht so, dass diese Abfälle weggeschmissen wurden, nein, diese Abfälle waren immer noch wertvoll genug, um sie den Schweinen eines kleinen Bauern, der in der Nähe sein Anwesen hatte, zu verfüttern.
Diese Abfälle aber wurden in einem kleinen Eimerchen gesammelt und damit zu dem Bauern gebracht. Als Lohn für dieses Schweinefutter bekam das Kind dann ein Ei geschenkt, das für die Familie ja auch wieder sehr wertvoll war. Mit diesem Ei aber hatte es seine eigene Bewandtnis. Eines der Kinder, meistens das Jüngste, hatte die Aufgabe, diesen Botendienst zu vollbringen. Und dann begann es. Der Bauer leerte das Eimerchen und kam mit dem besagten Ei zu dem Kleinen zurück. Leider gab er es nicht sofort dem Kind, denn er erwartete dafür einen berechtigten Dank. Der Kleine wollte das Ei in Empfang nehmen, das ihm der Bauer vor die Nase gehalten hatte und sagte artig „Danke“. Dem Bauern aber gefiel diese Art des Dankes gar nicht, denn er erwartete, wie es seine katholische Religiosität verlangte, ein „vergelt’s Gott“. Dieses Spiel wiederholte sich dreiviermal, aber der Bauer erhielt immer wieder nur ein „Danke“, wie es der Bub von seiner Mutter gelernt hatte.
Zwischendurch erklärte der Bauer dem Knaben, dass der ein ganz „nichtsnutziger Kerl“ sei, und dass er ihm schon noch beibringen würde, was dieser zu sagen habe. Der Kleine aber blieb bei seinem „Danke“, auch wenn ihm das Bäuerlein drohte, dass er so nicht in den Himmel kommen könne. Der aber dachte, dass er auf den Himmel verzichten würde, schließlich könne es ja sein, dass man da oben auch „vergelt’s Gott“ sagen müsse und ein solcher Himmel hatte seinen Reiz für ihn verloren.
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