1 ...6 7 8 10 11 12 ...33 Tiefergehende Informationen zum Einfluss von Entzündungsprozessen auf die Entstehung von Prostatakrebs erhalten Sie in Kapitel 3.7 ab Seite 47.
2.5.5 Entwicklung von BPH und PCa in Asien
Die Prävalenz einer BPH steigt in Deutschland beginnend ab dem 35. Lebensjahr jede Dekade um etwa 15 %. Fast 100 % der 90-Jährigen haben im pathologischen Sinne eine BPH.
Japan folgte als eines der ersten asiatischen Länder dem Beispiel des westlichen Lebensstils. Dadurch haben BPH und PCa stark zugenommen. Die PCa-Sterblichkeit liegt heute zwischen derjenigen Chinas und der westlichen Länder.
China schlug diesen Weg deutlich später ein, aber mit ähnlichem Erfolg – und das nicht nur wirtschaftlich: In China lag 1991 - 1997 die Inzidenz für BPH am urologischen Institut der Universität von Peking bei 18,5 %, 1951 - 1960 waren es noch 7,6 % (Gu, 2000). Anfang des Jahrhunderts war kaum ein Mann betroffen – inzwischen nähert sich die Diagnose dem Niveau westlicher Länder (Gu et al. , 1994).
Die Diagnose Prostatakrebs betraf 1951 - 1960 in Peking 0,6 % der urologischen Patienten, 1991 - 1997 war die Zahl auf 3,4 % angestiegen. Demnach steigt die Inzidenz beider Erkrankungen in China stark an, wobei PCa derzeit noch relativ selten ist (Gu, 2000).
Die gesunde traditionelle Ernährung der Asiaten bewahrte die Männer lange vor Prostataleiden. Doch mit Einzug der westlichen Gewohnheiten nahm zunächst die Häufigkeit von BPH stark zu. Die Prostatakrebsrate ist im Vergleich zu westlichen Ländern zwar noch niedrig, doch auch diese wird sich verzögert westlichen Werten annähern. Denn die moderne Kombination von Reis mit viel Fleisch, Fett, Milchprodukten und Zucker führt zu einer ähnlichen anabolen Mast, wie sie auch die Prostata in den westlichen Ländern hat wachsen lassen.
2.5.6 Medikamentöse Behandlung von BPH und PCa
Androgene spielen bei der Entstehung von BPA und PCa eine wichtige Rolle. Das Enzym 5-alpha-Reduktase bildet aus Testosteron Dihydrotestosteron, das an den Androgenrezeptor bindet und auf diese Weise zelluläre Differenzierung und Proliferation in der Prostata und somit BPH und PCa fördert (Carson und Rittmaster, 2003). Hemmer der 5-alpha-Reduktase werden zur Behandlung von BPH und zur Prävention von PCa eingesetzt. Große randomisierte, kontrollierte Studien bestätigten die Wirkung von Dutasterid (Avodart) und Finasterid (z. B. Proscar) bei der Verbesserung des LUTS und der Senkung des Risikos für das Fortschreiten von BPH (Debruyne et al. , 2004; McConnell et al. , 1998). Eine Behandlung mit Finasterid ging auch mit verminderten BPH-Symptomen und einem 25 % geringeren relativen Risiko für PCa innerhalb von 7 Jahren einher (Thompson et al. , 2003).
Die Behandlung mit Dutasterid senkte in der REDUCE -Studie das relative Risiko für PCa innerhalb von vier Jahren um 22,8 % im Vergleich zur Placebogruppe. Zudem wurde das Auftreten von akutem Harnverhalt reduziert (Andriole et al. , 2010). Allerdings stieg das Risiko für aggressiven Prostatakrebs in beiden Studien deutlich: So erkrankten im Jahr drei und vier der Dutasterid-Studie zwölf Personen an einem PCa mit Gleason Score 8 - 10, aber nur einer in der Placebo-Gruppe. Dies wird zum Teil auf eine verbesserte Diagnostik bei einer verkleinerten Prostata zurückgeführt. Allerdings wird durch die Absenkung der Dihydrotestosteron-Pegel durch 5-alpha-Reduktase-Hemmer auch die Bildung von 3beta-Adiol unterbunden. 3beta-Adiol spielt bei der Regulation des Prostataepithels eine wichtige, schützende Rolle (vgl. Kapitel 3.5.2 ab Seite 36), was die höhere Rate an entdifferenzierten, aggressiven Prostatakarzinomen in Zusammenhang mit diesen Medikamenten erklären könnte.
Neue Untersuchungen aus der REDUCE -Studie mit Dutasterid (Fowke et al. , 2014) und dem Prostate Cancer Prevention Trial mit Finasterid (Gong et al. , 2009) zeigen, dass besonders bei Männern, die Alkohol tranken, Finasterid und Dutasterid wirkungslos in der Prävention von aggressivem, hochgradigem Prostatakrebs waren oder sogar das Risiko deutlich erhöhten: Bei Männern, die neben der Behandlung mit Dutasterid wöchentlich mehr als sieben alkoholische Getränke zu sich nahmen, wurde ein um 86 % höheres Risiko festgestellt ein hochgradiges Prostatakarzinom zu entwickeln (Fowke et al. , 2014).
In der Finasterid-Studie erhöhten schwerer Alkoholkonsum (≥ 50 g Alkohol täglich) und regelmäßiges starkes Trinken (≥ vier alkoholische Getränke täglich an ≥ fünf Tagen pro Woche) das Risiko für ein hochgradiges Prostatakarzinom um 101 % bzw. 117 % (Gong et al. , 2009). 50 g Alkohol sind enthalten in ca. 1,25 l Bier, 570 ml Wein oder 165 ml Wodka.
Der Arzt, der die Kontrolle des PSA-Wertes übernimmt, muss über die Einnahme von Dutasterid oder Finasterid informiert sein, weil diese den PSA-Wert senken und der Wert folglich anders gedeutet werden muss.
Medikamente sind wichtig, um das natürliche Fortschreiten von BPH zu verhindern, und sie können möglicherweise auch zur Prävention eines PCas beitragen. Doch Medikamente bergen immer das Risiko für Nebenwirkungen in sich und sie können in Bezug auf PCa bei Männern, die ihre Lebensweise nicht ändern, wirkungslos oder sogar ungünstig sein.
Eine richtig durchgeführte Umstellung der Ernährungs- und Lebensweise (s. Kapitel 7, Seite 201) dagegen hat keine negativen Begleiterscheinungen, sondern stattdessen sogar spürbar stark positive Nebenwirkungen auf Vitalität, Körpergewicht und Herz-Kreislauf-Gesundheit.
3. Entstehung des Prostatakarzinoms
Die Tumorentwicklung wird klassischerweise in drei Abschnitte gegliedert: die Initiation, in der einzelne Zellen entarten, die Promotion, während der sich die veränderte Zelle stark vermehrt, und die Progression, in der der Tumor bösartig wird und schließlich Metastasen bildet. Da das Prostatakarzinom ein typischer, fast immer hormonabhängiger Alterskrebs ist, spielt für das individuelle Risiko vor allem die Tumorpromotion eine entscheidende Rolle. Der Hormon- und Rezeptorstatus des Tumorgewebes sowie die Belastung und Belastbarkeit durch oxidativen Stress und Entzündungsprozesse beeinflussen dabei maßgeblich das Schicksal des Patienten. Die individuelle Situation wird sowohl durch die genetische Disposition (familiäre Vorbelastung) als auch durch die Ernährungs- und Lebensweise bedingt.
Welche Rolle spielen Krebsstammzellen?
Krebszellen sind nicht alle gleich. Besonders aggressiv und überlebenstüchtig sind Krebsstammzellen. Stammzellen haben allgemein noch keine spezifische Ausprägung und Funktion, d. h. sie sind undifferenziert und können sich zu verschiedenen Zelltypen entwickeln. Stammzellen können sich vermehren und Tochterzellen mit den gleichen oder schon genauer differenzierten Eigenschaften bilden. Im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen haben gesunde adulte Stammzellen (ab dem Zeitpunkt der Geburt) ein geringeres Selbsterneuerungsvermögen und ein eingeschränktes Potential zu Differenzierung.
Krebsstammzellen können sich jedoch sehr schnell und unbegrenzt vermehren, viele verschiedene Zelltypen hervorbringen und haben eine potentiell unbegrenzte Lebensdauer. Krebsstammzellen spielen daher bei der Tumorentstehung und bei der Metastasierung eine zentrale Rolle. Bei einer Strahlen- oder Chemotherapie werden Krebsstammzellen häufig nicht abgetötet, weshalb es zu einem aggressiven Rezidiv („Rückfall“) kommen kann. Um den Krebs dauerhaft zu bekämpfen und zu heilen, müssen auch und insbesondere die Tumorstammzellen zerstört oder „resozialisiert“ werden.
Bei der Entstehung von Krebsstammzellen aus regulären Stammzellen spielen Entzündungsprozesse eine wichtige Rolle. Dabei wird der nukleäre Faktor kappaB (NF-kappaB) aktiviert, was zur Hemmung der Apoptose (programmierter Zelltod) und somit zur „Unsterblichkeit“ der Zellen führt.
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