Die Verantwortung für ein differenziertes, zeitgemäßes, pädagogisches Handeln darf demzufolge nicht allein in die Verantwortung pädagogischer Fachkräfte gelegt werden, sondern sollte im System der bestehenden gesellschaftlichen, bildungspolitischen und institutionellen Strukturen verortet werden.
Demgemäß wurde die alltägliche pädagogische Praxis in den letzten Jahren neu definiert, indem Bildungs- und Orientierungspläne als Rahmenbildungscurricula für die Länder entwickelt und implementiert wurden. Eine der wichtigsten instrumentellen Kompetenzen ist dabei die methodische Kompetenz zur Bewältigung komplexer und vielfältiger pädagogischer Aufgaben bei der Arbeit mit Kindern (Bamler, Schönberger & Wustmann, 2010, 207 f). 1 1 Die Fachausbildung von Erzieherinnen und Erzieher wurde großen inhaltlichen und strukturellen Veränderungen unterzogen, indem das Curriculum in Form von Lernfeldern ausformuliert wurde, wobei Auszubildende durch Lernfeldkonzepte drei berufliche Kompetenzbereiche abdecken, nämlich das Fachwissen, intellektuelles und praktisches Können (Methodenkompetenz) sowie Werteorientierungen und pädagogische Einstellungen (Bamler, Schönberger & Wustmann, 2010, S. 208). 2 Unter methodischer Handlungskompetenz versteht man die Fähigkeit, geplant, zielorientiert und reflektiert zu handeln und die eigene Arbeit zu organisieren. Im Bildungskontext ist damit gemeint, dass pädagogische Fachkräfte über didaktisches Fachwissen und Können verfügen, um Kinder individuell und ganzheitlich in ihrer Entwicklung zu unterstützen.
Persönliche Haltungen der Wertschätzung, des offenen Umgangs mit Vielfalt, der individuellen Unterstützung und Ressourcenorientierung müssen mit guter materieller, organisatorischer und räumlicher Ausstattung einhergehen. Eine ausgewogene Kombination von professionellen Kompetenzen und günstigen Rahmenbedingungen wird durch eine systematische Reflexion von gestellten Bildungs- und Förderzielen im Team zu einer weiteren wichtigen Variable der guten Erziehung, Bildung und Betreuung. Das fachliche Wissen der pädagogischen Fachkräfte muss so eingesetzt werden, dass Unterschiedlichkeit in jeder einzelnen Dimension und Ausprägung als produktive, für alle Beteiligten gewinnbringende Erweiterung im pädagogischen Umgang zu gestalten ist.
Die Umsetzung des Fachwissens findet durch den Einsatz verschiedener Methoden, die als Katalysatoren der Qualitätssicherung fungieren, statt. Den Institutionen der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung stellen sich in den letzten 15 Jahren besondere Herausforderungen, für deren Bewältigung die Fachkräfte spezifische Kompetenzen benötigen, die sie im Studium oder in der Ausbildung erwerben, in Fortbildungen weiterentwickeln und in der alltäglichen Praxis realisieren sollen (vgl. z. B. Rauschenbach & Schilling, 2013, Berth et al., 2013).
Dieser Band hat zum Ziel, pädagogischen Fachkräften zu ausgewählten Bildungsbereichen entlang der Bildungs- und Orientierungspläne der einzelnen Bundesländer eine empirisch fundierte, in der Praxis bewährte Handlungskompetenz 2 2 Unter methodischer Handlungskompetenz versteht man die Fähigkeit, geplant, zielorientiert und reflektiert zu handeln und die eigene Arbeit zu organisieren. Im Bildungskontext ist damit gemeint, dass pädagogische Fachkräfte über didaktisches Fachwissen und Können verfügen, um Kinder individuell und ganzheitlich in ihrer Entwicklung zu unterstützen.
zur gezielten Förderung und Bildung der Kinder zu vermitteln. Methodisches Geschick der Erwachsenen trägt wesentlich zum erfolgreichen, nachhaltigen Lernen bei. Von der Frage, wie Themen und Sachverhalte mit den Kindern bearbeitet werden, hängt es häufig ab, ob das Interesse des Kindes, sich weiter mit einem Thema zu beschäftigen und dieses zu vertiefen, geweckt wird.
Im letzten Jahrzehnt haben sich die Anforderungen an pädagogische Fachkräfte in frühkindlichen Einrichtungen verändert, sie sind anspruchsvoller geworden und werden als wesentlicher Faktor der Qualitätsentwicklung angesehen. Die heutige Lernkultur wird dabei stark vom Kompetenzbegriff geprägt. In den Bildungs- und Lehrplänen werden Kompetenzen aufgelistet, die Kinder entwickeln sollen. Wir bewegen uns von einer frontalen Lernkultur der Inputorientierung zum selbstgesteuerten und selbstorganisierten Lernen mit der Orientierung auf »Output«. Kompetenzen müssen erworben, aber auch im Wissen, Können und Handeln erfolgreich umgesetzt werden. Es gibt verschiedene Raster von Kompetenzprofilen, die erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten verschiedenen Dimensionen zuordnen.
Im professionellen Kontext sprechen wir von personeller, Sach-, didaktischer und Methodenkompetenz sowie von Fachkompetenz. Der personellen Kompetenz wird (Fröhlich-Gildhoff & Weltzlin, 2014) eine tragende Bedeutung für den Ausbau und die Weiterentwicklung weiterer Kompetenzen zugeschrieben. Bei den didaktischen und methodischen Kompetenzen handelt es sich um die professionelle Begleitung, Gestaltung, Reflektion und Evaluation von Bildungs- und Lernprozessen bei den Kindern. Die Fachkompetenz beinhaltet fachwissenschaftliches Wissen der pädagogischen und psychologischen Grundlagen der kindlichen Entwicklung und Bildung allgemein und in den einzelnen Bildungsbereichen.
Zum methodischen Geschick von Fachkräften gehören Techniken der Wissensvermittlung sowie Methoden der Lernmotivation. Dies beginnt bereits mit der Auswahl entsprechenden Lehrmaterials, dessen Aufbereitung für bestimmte Altersgruppen, dem Entwicklungsstand und den aktuellen Bildungsthemen der Kinder. In den Bildungs- und Orientierungsplänen der Bundesländer sind unterschiedliche Entwicklungs- und Bildungsbereiche wie ästhetische Bildung, Naturwissenschaften und Mathematik, kognitiver, körperlicher Bereich, sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit formuliert. Dafür benötigen Fachkräfte ein handfestes Methodenwerkzeug, das sie innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen in ihrem Arbeitsalltag anwenden können sowie ein breites und differenziertes Fachwissen.
Ein Beispiel aus dem Bereich »Sprache«: Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Sprachentwicklung ist es, dass die Kinder die morphologischen und syntaktischen Regeln der Sprache auf dem aufgebauten Wortschatz anwenden können. Hierin zeigen besonders Kinder aus bildungsfernen Familien gravierende Mängel, die ihnen dann in der Schule den Einstieg in das Lesen und Schreiben erschweren. So können Kinder beispielsweise über einen gut entwickelten Wortschatz für bestimmte relevante Themenbereiche wie Spiele, Essen, Kleidung usw. verfügen, sind aber nicht in der Lage, differenzierte syntaktische Strukturen zu bilden. Die fehlende Beherrschung beispielsweise der unserer gesamten sprachlichen Kommunikation zugrundeliegenden transitiven Strukturen (Akkusativ) führt beispielsweise zu folgenden Sätzen: »Mutter anziehen der Pulli der Junge« oder »Mutter gibt Ball der Junge«, die im aktuellen Redekontext, einschließlich bestimmter Zeigegesten, Körperhaltungen, Blickrichtungen, durchaus Verständigung erlauben, die aber in weniger konkreten Situationen und erst recht beim Erwerb schriftsprachlicher Kompetenzen völlig unzulänglich sind. Dies erfordert daher von den pädagogischen Fachkräften differenzierte Kenntnisse über den kindlichen Spracherwerbsverlauf und die phasenspezifischen syntaktischen und semantischen Bildungsprozesse sowie eine koordinierte, systematisch eingesetzte Handlungskompetenz, solche Strukturen durch die eigene reflektierte sprachliche Zuwendung an das Kind zu unterstützen.
Die methodische Umsetzung im pädagogischen Alltag ist erst dann erfolgreich und bildungsfördernd, wenn sie auf die Struktur und den Stand des kindlichen Lernens und der kindlichen Entwicklungsaufgaben abgestimmt ist.
1.2 Das Verständnis von Bildungsprozessen im frühkindlichen Bereich
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