Der Autor
Hans-Christoph Koller ist Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Er hat Erziehungswissenschaft, Germanistik und Politikwissenschaft studiert und ist Autor zahlreicher Publikationen zu Grundbegriffen der Erziehungswissenschaft, zur Theorie der Bildung, zur qualitativen Bildungs- und Biographieforschung sowie zu literarischen Texten als Quellen erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung. Sein besonderes Interesse gilt der theoretischen Reflexion und der empirischen Erforschung transformatorischer Bildungsprozesse. Von 2014 bis 2018 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft.
Hans-Christoph Koller
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9. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-039810-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-039811-5
epub: ISBN 978-3-17-039812-2
mobi: ISBN 978-3-17-039813-9
Als ich vor etlichen Jahren eine Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg antrat, zeichnete sich das Lehrangebot in diesem Fach vor allem durch eine erstaunliche Breite und Vielfalt aus. So reichte das Spektrum an Veranstaltungen im Grundstudium im Sommersemester 1999 z. B. von einer »Einführung in die pädagogische Ethik« über Seminartitel wie »Sexualpädagogik und Rollenspiel« oder »Korczak lesen« bis zu Themen wie »Urlaub als Förderung der Völkerverständigung?« oder »Die Situation arabisch sprechender Kinder in Hamburg«. 1Ein solches Angebot, verbunden mit einer relativ großen Wahlfreiheit bei der Auswahl von Lehrveranstaltungen – heute angesichts modularisierter Bachelor- und Masterstudiengänge kaum noch vorstellbar – gab Studierenden die Chance, aktuellen Fragestellungen und individuellen Interessen nachzugehen. Es hinterließ aber auch den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit und hatte den Nachteil, dass es seinen Adressaten kaum Orientierung dafür bot, wie sie ihr Studium der Erziehungswissenschaft sinnvoll gestalten und dabei grundlegende Inhalte von ergänzenden oder vertiefenden Angeboten unterscheiden können.
Vor diesem Hintergrund habe ich vor einigen Jahren damit begonnen, Lehrveranstaltungen in Allgemeiner Erziehungswissenschaft anzubieten, die das Ziel verfolgen, einen Überblick über die wichtigsten begrifflichen, theoretischen und methodischen Grundlagen der Erziehungswissenschaft zu geben und diese Inhalte zugleich an ausgewählten Beispielen auf ihre Bedeutung für das Verständnis praktisch-pädagogischer Problemsituationen zu prüfen. Solche Veranstaltungen sind in Hamburg mittlerweile unter dem Titel »Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft« in die Studienordnungen der erziehungswissenschaftlichen Bachelor-Studiengänge aufgenommen worden. Das vorliegende Buch stellt nun den Versuch dar, eine solche Einführung in Buchform vorzulegen.
Bevor das Konzept dieser Einführung im Folgenden genauer vorgestellt wird, soll eine Frage erörtert werden, die erfahrungsgemäß gerade Studienanfänger(innen) besonders beschäftigt: die Frage nämlich, warum die Auseinandersetzung mit den im Titel des Buches aufgeführten Themen im Blick auf eine künftige pädagogische Berufstätigkeit überhaupt erforderlich ist.
1 Warum die Auseinandersetzung mit Grundbegriffen, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft notwendig ist
Wer Erziehungswissenschaft studiert, tut dies in der Regel, weil er oder sie einen pädagogischen Beruf ergreifen möchte: Die meisten Studierenden des Faches wollen Lehrerin oder Lehrer werden und müssen zu diesem Zweck neben Vorlesungen und Seminaren in ihren Unterrichtsfächern auch erziehungswissenschaftliche Lehrveranstaltungen besuchen. Andere streben eine pädagogische Tätigkeit im außerschulischen Bereich an und haben sich zu diesem Zweck in einem entsprechenden erziehungswissenschaftlichen (Hauptfach-)Studiengang eingeschrieben. Wenn Sinn und Zweck eines Studiums der Erziehungswissenschaft nicht nur in der Sache selbst, sondern auch und vor allem in der Vorbereitung auf eine pädagogische Berufstätigkeit liegt, so stellt sich die Frage, warum für eine solche Berufstätigkeit gerade die Kenntnis erziehungswissenschaftlicher Begriffe, Theorien und Methoden erforderlich sein soll. Wäre es nicht zweckmäßiger, Studierenden statt grundlegender theoretischer Erörterungen möglichst präzise Anweisungen für das ›richtige‹ pädagogische Handeln anzubieten, also eine Art Rezeptsammlung nebst einer Liste Was man auf keinen Fall tun sollte?
Diesem Buch liegt die Überzeugung zugrunde, dass für die Ausübung eines pädagogischen Berufs die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Theorien und Methoden vor allem deshalb unverzichtbar ist, weil das, worauf es beim pädagogischen Handeln ankommt, sich nicht in der Anwendung rezeptförmiger Anweisungen erschöpft. Pädagogische Handlungskompetenz, also die Summe der für eine Berufstätigkeit als Pädagogin oder Pädagoge unentbehrlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, lässt sich nicht einfach als ein Vorrat an Wissen begreifen, das man in Form von Verhaltensregeln formulieren und dann gleichsam mechanisch anwenden könnte. Für diese These (deren ausführliche Begründung eine eigene Theorie pädagogischen Handelns erfordern würde) lassen sich vor allem drei Gründe anführen.
Der erste Grund besteht in der Umstrittenheit des pädagogischen Wissens. In pädagogisch relevanten Fragen gibt es in der Regel nicht eine einzige anerkannte Position, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher, oft sogar entgegengesetzter Ansichten, die alle mit mehr oder weniger guten Gründen vorgetragen werden. Es genügt also nicht, sich einfach einer Ansicht anzuschließen (wie man es tun müsste, wenn man rezeptförmigen Handlungsanweisungen folgt). Es kommt vielmehr darauf an, die unterschiedlichen Vorstellungen über die ›richtige‹ pädagogische Vorgehensweise zu vergleichen, ihre Voraussetzungen und Begründungen zu prüfen und durch Abwägen der Argumente zu einem eigenen Urteil zu gelangen. Über die bloße Aneignung von Wissen hinaus bedarf es also einer eigenen Urteilskompetenz, d. h. der Fähigkeit, pädagogische Konzepte selbstständig kritisch zu beurteilen. Für den Erwerb dieser Fähigkeit aber ist die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Theorien die beste Voraussetzung, weil es zu den wesentlichen Merkmalen wissenschaftlicher Arbeit gehört, sich in kritischer Auseinandersetzung mit vorliegenden Positionen ein eigenes Urteil zu bilden.
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