THEMA Notfallseelsorge – eine katholische Perspektive „Neue“ Aufgaben kommen auf eine „alte“ Kirche zu. So ist die Notfallseelsorge aus Kontakten zwischen kirchlichen und kommunalen oder staatlichen Institutionen entstanden. Sie verfügt inzwischen über einen erforderlichen pastoralen Reflexionsrahmen ( Dittscheidt 2014), bedarf aber zu ihrem Fortbestand einer klaren kirchlich-amtlichen Unterstützung. Gerhard Dittscheidt Wie kaum eine andere kirchliche Tätigkeit wird Notfallseelsorge (NFS) regelmäßig öffentlich erwähnt. Dies besagt aber nichts über den tatsächlichen Stand der NFS in der Kirche selbst, über ihr konkretes Profil und über Desiderate aufgrund von Entwicklungen der letzten Jahre. Das Design von Seelsorge der letzten Jahrzehnte umfasste grundsätzlich gemeindliche und kategoriale Seelsorgefelder und darin besonders katechetische und sakramentale Inhalte und / oder spezielle seelsorglich-begleitende Erfordernisse und damit verbundene Professionen oder Ämter. Das Design von NFS ist demgegenüber durch neue Schwerpunkte charakterisiert, die sich aus der Situation des Hineingehens in fremde Glaubens- und Hoffnungswelten jenseits des bisher bekannten kirchlich-gemeindlichen oder kategorialen Rahmens, der sofortigen Verfügbarkeit und der hochgradig erforderlichen Kooperationsfähigkeit mit anderen Institutionen und Professionen ergeben.
Notfallseelsorge – eine katholische Perspektive Notfallseelsorge – eine katholische Perspektive „Neue“ Aufgaben kommen auf eine „alte“ Kirche zu. So ist die Notfallseelsorge aus Kontakten zwischen kirchlichen und kommunalen oder staatlichen Institutionen entstanden. Sie verfügt inzwischen über einen erforderlichen pastoralen Reflexionsrahmen ( Dittscheidt 2014), bedarf aber zu ihrem Fortbestand einer klaren kirchlich-amtlichen Unterstützung. Gerhard Dittscheidt Wie kaum eine andere kirchliche Tätigkeit wird Notfallseelsorge (NFS) regelmäßig öffentlich erwähnt. Dies besagt aber nichts über den tatsächlichen Stand der NFS in der Kirche selbst, über ihr konkretes Profil und über Desiderate aufgrund von Entwicklungen der letzten Jahre. Das Design von Seelsorge der letzten Jahrzehnte umfasste grundsätzlich gemeindliche und kategoriale Seelsorgefelder und darin besonders katechetische und sakramentale Inhalte und / oder spezielle seelsorglich-begleitende Erfordernisse und damit verbundene Professionen oder Ämter. Das Design von NFS ist demgegenüber durch neue Schwerpunkte charakterisiert, die sich aus der Situation des Hineingehens in fremde Glaubens- und Hoffnungswelten jenseits des bisher bekannten kirchlich-gemeindlichen oder kategorialen Rahmens, der sofortigen Verfügbarkeit und der hochgradig erforderlichen Kooperationsfähigkeit mit anderen Institutionen und Professionen ergeben.
Von Gerhard Dittscheidt
Notfallseelsorge – eine evangelische Perspektive Notfallseelsorge – eine evangelische Perspektive Als ich für diesen Artikel angefragt wurde, habe ich zunächst gestutzt: ist es sinnvoll, Notfallseelsorge konfessionell getrennt anzuschauen? Notfallseelsorge war von Anfang an eine ökumenische Angelegenheit und in den meisten Systemen arbeiten sowohl evangelische als auch katholische SeelsorgerInnen. Und im Ernstfall – auch darin waren wir uns von Anfang an einig – kommt es nicht darauf an, ob die Konfession stimmt, sondern ob Menschen in Not- und Krisensituationen menschlich und seelsorglich gut begleitet werden. Dennoch stimmt es natürlich, dass bei der Integration der Notfallseelsorge in die Strukturen der Kirchen unterschiedliche auch konfessionell bedingte Aspekte wichtig wurden. Hanjo von Wietersheim Interessant finde ich, dass die innerkatholischen Unterschiede zwischen einzelnen Diözesen, die innerevangelischen Unterschiede zwischen einzelnen Landeskirchen und die regionalen Unterschiede zwischen verschiedenen Landstrichen (z.B. Nord- und Südbayern) zum Teil gravierender sein können als konfessionelle Unterschiede. Deshalb hätte ich meinen Artikel fast lieber überschrieben mit „Aktuelle Fragen der Notfallseelsorge aus evangelisch-unterfränkischer Sicht“. Trotz aller Unterschiede glaube ich, dass wir uns gemeinsam weiterentwickeln und ich denke, dass die Notfallseelsorge ein Feld ist, in dem exemplarisch viele Punkte sichtbar werden, die auch die ganze Kirche betreffen. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam gute Wege gehen können, damit Menschen in Not- und Krisensituationen immer besser begleitet werden können.
Von Hanjo von Wietersheim
Gegen eine Theologievergessenheit der Seelsorge Gegen eine Theologievergessenheit der Seelsorge Die Replik von Gerhard Dittscheidt auf Hanjo von Wietersheim Mir ist vor allem die Kritik an einem bewusst pastoraltheologischen Durchdenken der – doch offensichtlichen – Aufgabe der Notfallseelsorge bekannt und auf den Kongressen und in den Kollegenkreisen begegnet. Es scheint eine (weitere) überflüssige Theologisierung und eine Abwendung vom Allzu-Offensichtlichen. Eine wegen ihrer Nachhaltigkeit für mich als Kritik zweiter Ordnung aufgenommene Argumentation, die ich sehr gewichte. Und doch… Die ekklesiopraktischen und seelsorgetheologischen Überlegungen im Artikel Von Wietersheims treffen aus meiner Sicht den Punkt. Sie zitieren kirchlich-seelsorgliche Motive, jenseits der eher gewohnten Schwerpunkte kirchlicher Vollzüge: es gibt die theologisch begründete unberührte Liturgie in einer Scheinalternative „oberhalb“ des diakonischen Vollzuges und es gibt die seelsorgliche Fixierung auf die amtliche Rolle. Beides sind Engführungen, die sich nicht dogmatisch beweisen lassen, wohl aber durch das Praxisfeld der Notfallseelsorge als unangemessen herauskristallisieren. Sie lösen für die aktuelle Seelsorge und ihre Möglichkeiten derzeit zumindest eine nachhaltige, inhaltlich ersichtliche Verlegenheit aus. Das scheint mir auch in der Spannung, die zwischen den beiden Konstitutionen des II. Vatikanischen Konzils, zwischen der dogmatischen Konstitution „Lumen gentium“ und der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ schon abgebildet und eben auch noch nicht abgearbeitet ist, enthalten zu sein. Die Perspektive einer diakonischen Pastoral ist als eine Möglichkeit des neuen (alten/ursprünglichen) Ansatzes von Von Wietersheim kritisch eingeführt und grundlegender sodann die christologische Herausforderung in ihrer Sprengkraft innerhalb des notfallseelsorglichen Tuns geschildert. Dieses christologisch begründete Kirche-Welt-Verhältnis nehme ich als den eigentlichen Fokus und die eigentliche Herausforderung wahr und glaube, dass dies ein Anliegen von Papst Franziskus ist.
Die Replik von Gerhard Dittscheidt auf Hanjo von Wietersheim
Gut mit der begrenzten Zeit umgehen Gut mit der begrenzten Zeit umgehen Die Replik von Hanjo von Wietersheim auf Gerhard Dittscheidt Dass Gerhard Dittscheidt die Theologievergessenheit in Teilen der Seelsorge und der Institution Kirche thematisiert, kann ich verstehen. Als Seelsorgerinnen und Seelsorger brauchen wir die Rückbindung an unser Glaubensfundament. Und eine sinnvolle Theologie wird immer darauf abzielen, den Glauben verständlich zu machen, Menschen zum Glauben zu führen und Menschen im Glauben zu bestärken. Ich sehe aber auch die derzeitige Not vieler Seelsorgerinnen und Seelsorger, die ich durchaus teile: wir kommen mit unserer Zeit nicht aus. Wir müssen uns ständig entscheiden, was wir tun und was wir lassen. Und je nach persönlicher Neigung oder Einsicht gehen wir dann in die eine oder andere Richtung. Ich bin – wahrscheinlich aufgrund meiner Biographie, aufgrund meiner Fähigkeiten und aufgrund meiner Glaubenserfahrungen – in die Richtung der Notfallseelsorge-Praxis gegangen. In meinem Glauben ist es zentral wichtig, anderen Menschen handfest zu helfen und ihnen in Krisen beizustehen. Dabei gehe ich dann, ähnlich wie Papst Franziskus es fordert, an die Grenzen und auch darüber hinaus. Wenn Menschen in Not sind, darf die Konfession oder die Religion keine Rolle spielen. Wenn Menschen geholfen werden soll, müssen wir Christen uns mit all denen verpartnern, die ebenfalls ohne Hintergedanken anderen helfen wollen. Wie Dittscheidt es auch schreibt: das Allzu-Offensichtliche muss getan werden.
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