Im »Heilpflanzen-Taschenbuch« von 1908 rät der Verfasser Eduard Bauer:
»Der aus getrockneten Blättern bereitete Tee reinigt die Augen und stärkt die Sehkraft (tägl. 3-mal waschen, lauwarm anzuwenden). Nimmt man noch etwas Wermut und Fenchel (jeweils das Kraut) hinzu, so ist die Wirkung noch besser. Bei Bronchialkatarrh und Entzündungen der Augen mit Eitererscheinungen wird er mit gutem Erfolg angewendet (dauernde Auflage). Des Abends vor dem Schlafengehen lege man sich auf jedes Auge ein 4-fach zusammengelegtes und in diesen Tee getauchtes Leinwandläppchen, befestige dieses mit einer Binde und lasse es liegen, bis es trocken ist. Gleichzeitig nehme man an mehreren Tagen 1 Messerspitze des Pulvers, das aus den getrockneten Blättern hergestellt wird, in der Suppe oder in Wasser. Der Augentrost verbessert wegen des Bitterstoffes, den er enthält, auch die Magensäfte und trägt zur besseren Verdauung bei. Mit Dornschlehbl. (Schlehenblüten) gemischt, wirkt er gegen Verstopfung und bringt gelinden Stuhlgang.«
In seinem Buch »Die Heilpflanzen« schrieb der Schweizer Camille Droz im Jahr 1926:
»Wir wissen, dass diese Pflanze früher eine große Verehrung genoss, weil sie dazu diente, die chronischen Augenentzündungen zu heilen. Seither hat die Wissenschaft ja so große Fortschritte gemacht, und die Chemie hat dieser guten kleinen Pflanze alle Heilkräfte aberkannt. Aber wenn es früher die Augen heilen konnte, warum sollte es dies jetzt nicht mehr tun können?«
Baldrian
Valeriana officinalis, Geißblattgewächse
Verwendete Pflanzenteile Wurzeln
Sammelzeit Ausgraben der Wurzeln im September
Wichtige Inhaltsstoffe Ätherisches Öl, Säuren
Die wichtigsten Wirkungen Wurzelauszüge wirken beruhigend bei Nervosität und Einschlafstörungen, Lampenfieber, Prüfungsangst und Wetterfühligkeit. Empfohlen auch bei krampfhaftem Asthma, Gliederzittern und Epilepsie.
Fertigpräparate aus der Apotheke Baldriantropfen, Baldriantee, Baldrian-Dragees, Valeriana Homöopathikum (D3 bis D6) bei Überreiztheit, Schlaflosigkeit, Blähsucht, Valeriana Baldrian-Urtinktur
Wissenswertes Bei Baldrian sind sogenannte Umkehrwirkungen relativ häufig. Falls Sie sich nach der Einnahme von Baldrian überaktiv und unruhig fühlen, kann es trotzdem das richtige Mittel sein. Versuchen Sie es mit einer geringeren Dosis.
Der echte Arznei-Baldrian wird zwischen 40 bis 100 Zentimeter hoch und blüht etwa ab Mai bis August. Die dichten, schirmförmigen Blütenstände sitzen auf einem hohen, kantigen Stängel, die Blütenfarben variieren von weiß bis intensiv rosa. Die Blätter sind unpaarig gefiedert mit etwa 11 bis 21 Fiederblättchen. Der kleinere, sehr ähnlich aussehende Sumpf-Baldrian wird nur etwa 10 bis 30 Zentimeter hoch und ist nicht als Arzneipflanze geeignet.
Baldrian wächst mit Vorliebe entlang von Bächen, Gräben und Flussufern. Er liebt feuchte Wiesen und kommt selbst in höheren Lagen vor. Ausgegraben werden immer nur einzelne Wurzeln aus größeren Beständen. Sie werden gründlich gewaschen, von den kleinen Wurzeln befreit und zum Trocknen aufgehängt. Am wirkstoffreichsten sind die Wurzeln zweijähriger Pflanzen. Sie werden zerkleinert und können als Tee getrunken oder als Tinktur angesetzt werden. Auch ein Baldrian-Bad kann sehr gute Wirkung zeigen.
Dem Baldrian wird eine vermittelnde und ableitende Wesenskraft zugeschrieben. Es heißt, dass er einen Überschuss an Nerven-Energie ableitet und erdet und damit entspannend auf das gesamte Nervensystem wirkt. Somit hilft Baldrian speziell solchen Menschen, die leicht den Boden unter den Füßen verlieren und sich durch eine gesteigerte Gedankenaktivität ständig im Kreis drehen und sehr oft gleichzeitig eine Überempfindlichkeit ihrer Sinne entwickeln, also ständig »überreizt« sind. Baldrian stellt durch seine ableitende Wirkung das Gleichgewicht zwischen Denken und Fühlen wieder her, damit beide im richtigen Verhältnis zueinander, im Gleichgewicht stehen. Sind die Gefühle vorherrschend, können keine strukturierten und vernünftigen Gedanken gefasst werden. Aber mangelt es dem Denken an Herzenswärme, entstehen isolierte Denkprodukte, die nicht im Einklang mit den Lebensgesetzen von Natur und Kosmos stehen und zu zerstörerischen Resultaten führen.
Verwendungsmöglichkeiten
Baldriantee
Zwei Teelöffel zerkleinerte Baldrianwurzel werden mit 1/4 Liter kaltem Wasser übergossen und etwa 10 Stunden stehen gelassen. Ab und zu umrühren.
Nebenwirkungen
Bei Baldrian sind bisher keine bekannt geworden. Bei starker Überdosierung kann es allerdings zu leichter Übelkeit oder Schwindel kommen.
Dosierung: Nach Bedarf, meist 1 bis 2 Tassen vor dem Schlafengehen. Am besten gleich eine größere Menge ansetzen, denn von diesem Auszug täglich 2 bis 3 Tassen trinken. Der Tee hilft bei nervösem Herzklopfen und stressbedingter Schlaflosigkeit. Die Einschlafphase wird als entspanntes Ausruhen empfunden, und somit fällt es leichter, in den Schlaf hinüberzugleiten.
Tee aus Baldrianwurzeln und Melisseblättern
2 Teelöffel dieser Mischung werden mit 1/4 Liter kochendem Wasser überbrüht und anschließend abgedeckt 1 Stunde stehen gelassen. Noch etwas warm, sollte der Tee langsam und schluckweise getrunken werden.
Baldrianbad
Stellen Sie einen Auszug her, indem Sie 100 Gramm zerkleinerte Baldrianwurzel mit 1 Liter kaltem Wasser übergießen und 10 Stunden ziehen lassen. Diesen Auszug gießen Sie durch ein Sieb ins Badewasser. Oder Sie überbrühen die zerkleinerte Baldrianwurzel mit 1 Liter heißem Wasser und gießen den Auszug nach 15 Minuten durch ein Sieb ins Badewasser. Ein Baldrian-Bad vor dem Schlafengehen wirkt beruhigend und entspannend und verhilft zu leichterem Einschlafen.
Baldriantinktur
Die Baldrianwurzel wird im späten Herbst oder zeitigen Frühjahr ausgegraben, gereinigt, zerkleinert und in ein weithalsiges Schraubglas gefüllt.
Gießen Sie so viel 40- bis 50%igen Alkohol darüber, dass die Wurzelstückchen gut bedeckt sind. Sie können hochprozentigen Schnaps wie Wodka oder Doppelkorn verwenden, ansonsten auch höherprozentigen Alkohol aus der Apotheke. Je höher der Alkoholgehalt, umso schneller ist der Auszug gebrauchsfertig, er kann natürlich am Ende auch wieder mit Wasser verdünnt werden.
Der Name sagt schon alles
Im Volksmund heißt der Baldrian wegen seines etwas unangenehmen Geruchs auch Stinkwurz oder Katzenkraut. Letzteres kommt daher, dass der Geruch dem rolliger Katzen ähnelt, was für sehr viel Unruhe bei den Katern sorgt.
Verschließen Sie das Glas, verschütteln Sie den Inhalt und wiederholen Sie diesen Vorgang täglich.
Lassen Sie den Ansatz für mindestens 3 Wochen stehen und anschließend durch einen Filter laufen. Verwenden Sie Teefilter aus Stoff oder Papier, da sie sich am Ende gut ausdrücken lassen. Füllen Sie die fertige Tinktur in dunkle Glasfläschchen mit Tropfeinsatz oder Pipette. Beschriften Sie die Fläschchen mit dem Namen der Tinktur und dem Herstellungsdatum. Wegen des Alkoholgehaltes sind Tinkturen praktisch unbegrenzt haltbar. Etwa 1 Jahr lang bleibt ihre volle Wirkkraft erhalten, dann nimmt sie allerdings allmählich immer mehr ab.
Dosierung: 30 bis 50 Tropfen in etwas Wasser sind wirksam bei nervösen Reizzuständen, bei Herzklopfen und Schlaflosigkeit.
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