Impressum
45. Jahrgang – Heft 3, September 2019
ISSN 2366-2034
Die Zeitschrift »inspiration« erschien bis zum 41. Jahrgang 2015 unter dem Titel »meditation« mit der ISSN 0171-3841
Verlag: Echter Verlag GmbH, Dominikanerplatz 8, 97070 Würzburg
Telefon (09 31) 6 60 68-0, Telefax (09 31) 6 60 68-23, Internet: www.echter.de
Satz:Crossmediabureau, Jürgen Georg Lang, Gerolzhofen
E-Book-Herstellung und Auslieferung:Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Redaktion:Maria Gondolf, E-Mail: buero@maria-gondolf.de, Tel.: 0 22 26/8 90 05 29
Redaktionsbeirat:Gotthard Fuchs, Katrin Gergen-Woll, Klaus Kießling, Irene Leicht, Lisa Straßberger, Burkard Zill
inspiration erscheint viermal im Jahr
Bezugspreis:jährlich: 30,00 €, Einzelheft 8,50 € zuzüglich Versandkosten
Auch als digitale Ausgabe erhältlich.
Informationen unter www.echter.de/zeitschriften/inspiration
Abonnementskündigungen nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs
Bildnachweis:
Titelmotiv: Panka Chirer-Geyer – www.panka.info
S. 49: picture alliance / AP Photo Fotograf: Philippe Wojazer
Inhalt
inspiration
Heft 3.19 · Leerstelle Kirche
Editorial
Johannes Lieder
Kirche auf der Höhe der Zeit: Vision oder Illusion?
Judith Krain
Wie geht Kirche?
Christian Handschuh
Brüche als ambivalente Chance zur Erneuerung
Fünf Fragen an Doris Strahm
Alexander Schimmel
Gemeinsam Gutes tun
Irene Leicht und Gotthard Fuchs
»Ecclesia semper transformanda«
Maria Gondolf
Am Schluss bleibt (nur) das Kreuz
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Das Heft Inspiration 03.2019 steht das Thema Leerstelle Kirche im Sinne der Frage nach der Kirche als spirituellen Ort im Mittelpunkt. Die Kirche nahm und nimmt eine Zwitterfunktion ein. Sie ist zweifelsohne ein Ort der Versammlung, die Versammlung der konkreten Glaubenden in einer Gemeinde, die halt Kirche ist. Aber sie ist auch Institution, die in einer schweren Krise ist. Da sich Kirche nun als moralischer Kompass nicht mehr in der Öffentlichkeit gefestigt ist, dies übrigens jenseits konfessionellen Grenzen, leidet aber gleichzeitig auch das Selbstverständnis der Gemeinde als Kirche, als spiritueller Ort, der das individuelle Leben maßgeblich beeinflusst.
Nun möchten wir uns nicht dem einfachen und zurecht als billig empfundenen Satz hingeben, dass jede Krise auch eine Chance berge. Trotzdem soll sich das Heft der Frage annähern, wie dieser spirituelle Ort vielleicht ein Kristallisationspunkt der Wandlung zu einer anderen Gestalt der religiös motivierten Sozialität werden kann. Man könnte im übertragenen Sinn also die Frage stellen: Wenn sich die Kirche in einer tiefen Depression, einem Burnout befindet (und dafür sprechen ja viele Handlungsmuster in der Öffentlichkeit), welche verschütteten Ressourcen kann die Gemeinschaft aktivieren und welche Glaubenssätze muss sie verändern, um weiterhin zu sein.
Für dieses Heft haben wir uns bewusst um Autorinnen und Autoren aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs bemüht – denn gefühlt ist vieles schon gesagt und oft genug wiederholt worden. Da lag es doch nahe, neue Stimmen einzufangen und so hoffentlich auch neue Perspektiven einzufangen.
Ich wünsche Ihnen ein inspirierendes Lesevergnügen.
Ihre
Johannes Lieder
Kirche auf der Höhe der Zeit: Vision oder Illusion?
Geistliche Begleitung
In dieser Artikelreihe aus der Perspektive der Geistlichen Begleitung hatte ich für die Kirche nur dann eine Zukunft gesehen, wenn sie sich zu einer geschwisterlichen und spirituell kompetenten Begleiterin von Menschen von heute auf ihren inneren und äußeren Suchwegen entwickelt. Dazu gehören eine suchende, ich nenne es herzoffene Grundhaltung, die sich in wirklichen Dialog mit den heutigen Menschen, Spiritualitäten, Religionen und Wissenschaften begibt und völlig neue partnerschaftliche Teamleitungsstrukturen und Entscheidungsprozesse kreiert.
Sehr viele Seelsorgende und gläubige Menschen in den Kirchen versuchen, dieses Verständnis einer persönlichkeitsentwickelnden Spiritualität und Gestalt von Kirche zu leben.
Die Wahrnehmung der Realität: Eine kurze Diagnose
Aber schauen wir auf die ganze Realität, mit der es diese Vision zu tun hat, also auch auf die traurige und ärgerliche Kehrseite dieser Medaille. Denn quer durch die ganze Kirche wehren sich viele mit aller Kraft gegen eine solche offene Zukunftsvision und setzen ihre Macht ein, um diese Entwicklung zu verhindern. Dazu ein paar zufällig ausgewählte Schlaglichter aus allen Ebenen der Institution:
»Ich habe 20 Jahre keine Exerzitien gebraucht!« sagte ein Priester stolz über seine ununterbrochene pastorale Arbeit. Ob ein Ehemann stolz verkünden könnte, er habe 20 Jahre lang keine längere Zeit allein mit seiner Frau verbracht? Oder ein Pianist, er habe so lange keine Intensivzeit zum Üben genommen?
»Warum haben wir so viel Geistliche Begleitung, aber so wenig Aufbruch?« sagte ein Bischof, der wohl keinen Einblick hat in die Befreiungsprozesse, die sich in den intensiven Gesprächsbegegnungen in der Geistlichen Begleitung ereignen und grundlegend sind für eine Kirchenbildung der Zukunft.
»Nichts mit warmen Socken!« äußerten Priesteramtskandidaten zu Beginn eines Besinnungstages als ihre Befürchtung, es könnte körperorientierte Übungen zur Selbsterfahrung geben.
»Wir haben doch einen Du- und keinen Es-Glauben!« konstatierte ein Bischof, der Gott wohl sehr genau kennt, als ich im Gespräch auf der tiefen Geheimnishaftigkeit Gottes bestand, die niemals mit Bildern eines reinen Gegenübers zu fassen sei.
»Wir als Pfarrgemeinderat sind zum Organisieren da, nicht dazu, selber einen Glaubensweg zu gehen.« sagten Mitglieder dieses Gremiums, das die Mitverantwortung aller Gläubigen zur Gestaltung der Kirche im Geiste Jesu wahrnehmen soll.
»Wo der Bischof spricht, spricht Gott.« hörte man in letzter Zeit von mehreren Bischöfen, wogegen nichts einzuwenden wäre, wenn sie sehen könnten, dass auch aus ganz vielen Lebenserfahrungen und Einsichten der übrigen Glaubenden Gott heute zu uns spricht.
»Auch wenn sie von der Schwulenlobby regelrecht dämonisiert werden, gibt es Therapien und Männer, die sie erfolgreich bestanden haben.« kann der Leiter eines Theologenkonvikts kürzlich zum Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität verkünden, ohne seine Stellung zu verlieren.
»Jesus hat keine Frauen zu Aposteln berufen, dann dürfen wir das auch nicht.«
»Die Ehe ist ein für allemal unauflöslich und duldet daher keinerlei neue eheliche Bindung nach einer Trennung.« … verkündet die zementierte Lehre der katholischen Kirche nach einem überholten Bibel- und Jesusverständnis, das sich ängstlich hinter historisch bedingten Aussagen Jesu versteckt. Oder sollen wir uns wieder Sklaven anschaffen, weil Jesus offensichtlich nichts dagegen hat (siehe Mt 10,24)?
Dies ist nur eine kleine Sammlung von Aussagen von Leitungsverantwortlichen und sogenannten Hirten in unserer Kirche. Wehe den Schafen, die nur auf sie hören! Gott sei Dank gibt es ja immer weniger von ihnen.
Preisfrage: Was haben all diese Aussagen gemeinsam?
Ein statisches, de-finiertes, also ab-gegrenztes, fundamentalistisches Gottesbild.
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