Stiftungen sind aber nicht auf den Bereich des öffentlichen Rechts beschränkt. In Deutschland gibt es auch eine Vielzahl privatrechtlicher Stiftungen (siehe auch §§ 80 ff. BGB).
2.2Rechtsträger des Privatrechts
19In bestimmten Fällen werden Aufgaben der öffentlichen Verwaltung durch natürliche oder juristische Personen oder (nichtrechtsfähige) Personenvereinigungen des Privatrechts wahrgenommen. Diese Aufgaben werden den privaten Rechtsträgern zur selbstständigen Erledigung nach außen, also mit Außenwirkung, übertragen. Solche Rechtsträger werden als Beliehene 15bezeichnet. Bei der Beleihung ist die Übertragung von Hoheitsbefugnissen die maßgebliche Besonderheit, die sie von allen anderen Formen der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unterscheidet. Der Staat bedient sich zwar anderer Personen zur Aufgabenerfüllung, doch verbleibt ihm durch die Übertragung von Hoheitsbefugnissen ein erhebliches Steuerungspotential gegenüber den eingeschalteten Privaten (siehe nur Stichwort: Aufsicht). Beliehen werden sie entweder durch Gesetz oder Verordnung oder aber aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag.
Beispiele:
a) Den Notaren wird durch § 1 BNotO die Aufgabe übertragen, Rechtsvorgänge zu beurkunden.
b) Die für die Technischen Prüfstellen bei den Technischen Überwachungsvereinen (e. V.) angestellten amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr werden durch § 29 StVZO verpflichtet oder berechtigt, die Prüfplaketten für Kraftfahrzeuge zuzuteilen. 16
c) Flugkapitän (§ 12 LuftSiG)
d) Von der Bauaufsicht beauftragter Prüfingenieur 17, die mit dem Bauantrag eingereichte Statik zu überprüfen. 18
Gab es in der Vergangenheit einen gewissen Bedeutungsverlust dieser Rechtsfigur, so erfreut sie sich heute zunehmender Beliebtheit. 19Dies lässt sich auch an neuen Beleihungsfällen ablesen: So sind die von der Regulierungsbehörde für Briefzustellungsdienste lizensierten Unternehmen gemäß § 33 Abs. 1 PostG nach der Privatisierung mit dem Recht der förmlichen Zustellung beliehen 20; für den Bereich des Fernstraßenbaus siehe § 2 FStrPrivFinG. In der aktuellen Diskussion geht es zudem um den Einsatz Beliehener im Gerichtsvollzieherwesen, in der Verkehrsüberwachung und im Strafvollzug. 21So sind zwischenzeitlich auch rechtliche Grundlagen geschaffen worden, um im Bereich des Maßregelvollzuges geeignete Einrichtungen zu beleihen (siehe nur § 3 Abs. 1 Nds. MVollzG 22). Erfasst werden hier Kernaufgaben der öffentlichen Sicherheit.
Soweit die privaten Rechtsträger im Rahmen der Beleihung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sind sie Behörden im Sinne des § 1 IV VwVfG, können also auch Verwaltungsakte im eigenen Namen erlassen.
19aVom sog. Beliehenen zu unterscheiden sind die sog. Verwaltungshelfer. Anders als ein Beliehener, der die ihm übertragenen Aufgaben in eigener Zuständigkeit und Verantwortung wahrnimmt, wird der Verwaltungshelfer ledig in den Verwaltungsvollzug der Behörde eingebunden. Zuständigkeit und Verantwortung für die Aufgabenerledigung verbleiben aber bei der beauftragenden Behörde. 23Regelmäßig wird zwischen dem Verwaltungshelfer und der Behörde ein privatrechtlicher Vertrag (Werk- oder Dienstvertrag) geschlossen. Im Verhältnis des vom Vollzug betroffenen Bürgers und dem Verhaltungshelfer entstehen regelmäßig keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen.
Beispiele:
a) Bittet die Polizei einen privaten Abschleppunternehmer, die Entfernung eines verkehrswidrig geparkten Kraftfahrzeuges vorzunehmen, so wird dieser als Verwaltungshelfer tätig.
b) Die Bauaufsichtsbehörde hat den Eigentümer eines Wochenendhauses aufgefordert, dieses zu beseitigen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Beseitigungsanordnung würde der Abbruch im Wege der Ersatzvornahme angedroht. Da der Eigentümer die Beseitigungsanordnung nicht befolgte, bittet die Behörde den Bauunternehmer, den Abbruch vorzunehmen. Der Bauunternehmer wird in den Verwaltungsvollzug eingebunden und damit als Verwaltungshelfer tätig.
19b
20Die Verwaltung ist in gewissem Umfange berechtigt, bei der Bewältigung bestimmter Aufgaben die Gestaltungsformen des Privatrechts zu wählen.
Beispiel:
Die niedersächsische Gemeinde Wagenfeld betreibt ein sog. Dorfgemeinschaftshaus als öffentliche Einrichtung (§ 30 NKomVG) in eigener Regie. Die Räumlichkeiten dieses Gebäudes können Vereine aber auch Einwohner der Gemeinde für Veranstaltungen nutzen. Zur Gestaltung der Rechtsbeziehungen greift die Kommune auf öffentlich-rechtliche (Zulassung mittels VA) und privatrechtliche (Ausgestaltung mittels Mietvertrag) Gestaltungsformen zurück.
Andererseits kann die Kommune auch juristische Personen des Privatrechts (GmbH oder AG) gründen, um ihr dann die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben zu übertragen.
Beispiele:
Kommunales Krankenhaus wird in eine GmbH umgewandelt, kommunale Verkehrsbetriebe als AG; Stadtentwicklungsgesellschaft als GmbH
21Die Finanzkrise des Staates führt dazu, dass auf allen staatlichen und kommunalen Ebenen Privatisierungsmaßnahmen forciert werden. Die Privatisierungsformen sind sehr vielgestaltig. Die Bandbreite bewegt sich zwischen der reinen Organisationsprivatisierung (siehe obige Beispiele) bis hin zur Aufgabenprivatisierung (der Staat entledigt sich der gesamten Aufgabe 24). 25Die „Flucht ins Privatrecht“ 26ist aber nicht in jedem Falle von Vorteil für die jeweilige Gebietskörperschaft. Sachgerechte Entscheidungen erfordern eine eingehende Betrachtung der Vor- und Nachteile entsprechender Rechtsformänderungen. 27
21aDie öffentliche Hand kann aber nicht schrankenlos die ihr zugewiesen öffentlichen Aufgaben privatisieren. Sofern es sich um absolute hoheitliche Kernaufgaben handelt, ist eine Übertragung auf private Dritte unzulässig (z. B. Kernbereiche der Justiz und der Polizei). Geht es darum, außerhalb dieses – unantastbaren – Kernbereichs, die Erledigung hoheitlicher Aufgaben auf private Dritte zu übertragen, bedarf es einer ausdrücklichen parlamentarischen Legitimation. 28
Beispiel:
Die Stadt Kassel hat die Überwachung des fließenden und ruhenden Verkehrs Mitarbeitern nach dem AÜG übertragen. Diese Mitarbeiter haben für unerlaubtes Parken im uneingeschränkten Halteverbot Verwarngelder ausgesprochen. Dies ist unzulässig, da die Überwachung des fließenden Verkehrs Kernaufgabe des Staates ist. Sie ist eine hoheitliche Aufgabe, die unmittelbar aus dem Gewaltmonopol folgt und ausschließlich Hoheitsträgern, die in einem Treueverhältnis zum Staat stehen, übertragen ist. 29
22Strikt zu unterscheiden ist zwischen den sog. Beliehenen einerseits und den privatrechtlich organisierten Verwaltungsträgern andererseits. Während sog. Beliehene in gewissem Umfange auch hoheitlich tätig werden können, sind von der öffentlichen Hand beherrschte juristische Personen des Privatrechts allein auf die Handlungs- und Gestaltungsformen des Privatrechts beschränkt.
3Grundsatz der Gesetzmäßigkeit; Rechtsquellen des Verwaltungsrechts; Verwaltungsvorschriften; Verwaltungsrechtsverhältnis
3.1Grundsatz der Gesetzmäßigkeit
3.1.1Allgemeines
23Nach Art. 20 III GG ist die vollziehende Gewalt (Exekutive) an Gesetz und Recht gebunden. Für die zur vollziehenden Gewalt gehörende Verwaltung gilt also der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit. Dieser Grundsatz gehört zu den Grundprinzipien der Verfassungsordnung. Ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm führt regelmäßig 30zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme der Verwaltung und verpflichtet die Verwaltung, die Maßnahme bei rechtzeitiger und formgerechter Anfechtung oder nach Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde aufzuheben 31.
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