1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Diagnostik (Kap. 5),
Prävention (Kap. 7),
Förderung (Kap. 7),
Unterricht( Kap. 6u. 8),
Therapie ( Kap. 6u. 9),
Beratung (Kap. 8),
Bildung, Erziehung (Kap. 2)und
Evaluation, Innovation (Kap. 3).
adressatenbezogene Handlungsfelder
Handlungsfelder des Faches sind auch hinsichtlich des Adressatenbezuges strukturell zu erfassen. Dabei erfolgen fachliche Aufgaben im Fokus der Menschen mit sprachlich-kommunikativen Beeinträchtigungen in unterschiedlichen Lebensphasen. Somit muss auf die besondere Bedürfnislage adäquat eingegangen werden, z.B. in der Arbeit mit Säuglingen, Kleinkindern, Schulkindern, Jugendlichen, Erwachsenen sowie älteren Menschen (Kap. 4).
organisationsbezogene Handlungsfelder
Ferner lassen sich Handlungsfelder des Faches nach den möglichen Organisationseinheiten zur Ausführung oben benannter Aufgaben sowie der Kostenträger zur Finanzierung der professionellen Tätigkeit strukturieren, z.B. Arbeit in Krippe, Kindertagesstätte, Schule, sprachtherapeutischer und logopädischer Praxis, Klinik, Beratungsinstitutionen, wissenschaftlichen Instituten (Kap. 4).
Akzeptanz der Vielfalt
Die Perspektive der vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an hochwertiger Bildung steht seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (United Nations 2006) durch die Bundesregierung im Jahr 2009 besonders im Fokus. Nicht-Aussonderung und Nicht-Diskriminierung wurden zwar auch in Zeiten von Integrationsbestrebungen verfolgt. Allerdings vermag erst der Leitgedanke der Inklusion eine konsequente Umsetzung der Akzeptanz von Vielfalt zu schaffen. So gilt Inklusion als unumgänglicher und zunehmend wichtiger Aufgabenbereich des Faches, um die sprachlich-kommunikativen Verwirklichungsmöglichkeiten aller Menschen zu fördern und zu sichern. Dabei sind folgende Aspekte vertieft zu berücksichtigen (Kap. 8):
Paradigmenwandel der klassischen „Sprachheilpädagogik“ in der Perspektive zur Inklusion,
internationale Bezüge und Vergleiche der Inklusionsbestrebungen,
Klärung der Inklusionsdebatte im Förderschwerpunkt Sprache,
Öffnung des Berufsbildes der Akademischen Sprachtherapie für schulische Zusammenhänge.
1.4.6 Internationalisierung und Globalisierung
national und international
Im Zeichen zunehmender Globalisierung gesellschaftlicher Zusammenhänge ist es von großer Bedeutung, internationale Aufgaben- und Handlungsfelder zu erschließen sowie nationale und internationale Erscheinungen und Vorgänge im Zusammenhang zu verstehen. Daraus ergeben sich auch für das Fach Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation relevante Überlegungen (Kap. 10):
Ethik als individuelle und globale Perspektive,
Kultursensibilität als wesentlicher Aspekt der international vergleichenden Forschung,
interkulturelle Kompetenz als Notwendigkeit in der Ausbildung,
Zusammenfassung
Dieses erste Kapitel hat für alle weiterführenden Überlegungen die aktuelle Positionierung des Faches Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation bestimmt. Dazu war eine Einarbeitung in wissenschaftstheoretische Grundlagen notwendig. Von hier aus ist es nun möglich, die vielfältigen Praxisphänomene und Konzeptualisierungsebenen sowie die unterschiedlichen Paradigmen und Terminologien unseres Faches zu reflektieren. Gleichzeitig wurden auch die zentralen Begriffsfelder des Faches umrissen, die nun in den einzelnen weiterführenden Kapiteln ausdifferenziert und im Detail erläutert werden können.
Prüfungsfragen und -antworten zu diesem Kapitel im Online-Zusatzmaterial zu diesem Buch.
2 Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation als Integrationswissenschaft
Im zweiten Kapitel dieses Buches wird der Charakter des Faches Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und Kommunikation als Integrationswissenschaft erläutert. Dazu wird zunächst das Gefüge aus Pädagogik als Leitwissenschaft mitsamt ihren vielfältigen Bezugswissenschaften dargestellt. Anschließend werden sprachphilosophische und anthropologische Grundlagen unter dem Fokus unseres Faches – der Mensch in seiner Sprachlichkeit – erörtert. Abschließend werden pädagogische Grundlagen der Sprachpädagogik und pädagogischen Sprach- und Kommunikationstherapie im Hinblick auf Bildung und Erziehung erklärt.
LernzielePädagogik als Leitwissenschaft für das Fach Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation verstehen (Kap. 2.1),sprachphilosophische und anthropologische Grundlagen unseres Faches reflektieren (Kap. 2.2),pädagogische Grundlagen des Faches kennen und daraus relevante Fragestellungen für die Sprachpädagogik und die pädagogische Sprach- und Kommunikationstherapie ableiten (Kap. 2.3).
2.1 Pädagogik als Leitwissenschaft
Das Fach Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation wird seit Bestehen stets als Integrationswissenschaft verstanden (Knura 1982). Dazu existieren die Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft als Leitwissenschaft (Kap. 1)und weitere Disziplinen als Bezugswissenschaften, welche von der Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation integriert werden (Abb. 8).
Eine Integrationswissenschaft bezeichnet eine Wissenschaftsdisziplin, die unterschiedliche Teilbereiche anderer Wissenschaftsdisziplinen rezipiert. In der Forschungsarbeit werden Erkenntnisse und Ansätze der anderen Wissenschaftsdisziplinen analysiert und unter dem Fokus und Gegenstandsbereich des eigenen Faches adaptiert und integriert. Derartige Integrationswissenschaften werden auch als interdisziplinär ausgerichtete wissenschaftliche Fachrichtungen beschrieben.
Unter Leitwissenschaft ist eine wissenschaftliche Disziplin zu verstehen, die als maßgebliche Orientierung für ein Fach zu sehen ist. Die Denkmuster und Erklärungsansätze einer leitenden Wissenschaftsdisziplin bestimmen primär die
Ausrichtung eines Faches und den Fokus der Analyse, Rezeption, Reflexion, Adaptation und Integration anderer Wissenschaften.
Eine Bezugswissenschaft liefert theoretische Ansätze und Erkenntnisse, die in einer anderen Disziplin als Wissensgrundlage und Erklärungsmuster genutzt werden können. In der Zusammenführung innerhalb einer Integrationswissenschaft können mit dem Wissen mehrerer Bezugswissenschaften spezifische und komplexe Fragestellungen beantwortet werden.
Abb. 8: Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation als Integrationswissenschaft
Komplexität der Praxisphänomene
Warum aber hat unser Fach seit jeher diesen integrativen Charakter? Dies wird deutlich, wenn wir uns die Komplexität unserer fachlichen Aufgabenstellungen auf der Ebene der Praxisphänomene anschauen. Dazu wird eine weitere Situation des Jungen aus dem Fallbeispiel 3 Bastian (Kap. 1)geschildert und im Anschluss daran im Hinblick auf Erkenntnisse der Bezugswissenschaften beleuchtet.
Im Unterricht der zweiten Klasse werden Zeichnungen von den Schülerinnen und Schülern über ihre Wochenenderlebnisse angefertigt. Die Zeichnungen fungieren als Grundlage für anschließende Erzählungen der Kinder. Bastian versucht der Lehrerin seine gezeichnete Figur aus dem Fernsehen näher zu erläutern. Die Lehrkraft kann jedoch den undeutlich ausgesprochenen Namen der Figur nicht verstehen. Bastian wiederholt mehrmals den Namen. Auch auf Nachfrage der Lehrerin und Benennungsversuchen ihrerseits gelingt keine eindeutige Aufl.ösung. Ebenso wenig führen Bastians mimische und gestische Unterstützungen zum Erfolg. Er zeigt sich höchst verunsichert, da er doch genau weiß, wie die Figur heißt. Zudem spricht er auch den Namen der Figur mit ganz besonderer Konzentration aus. Bastian schickt nun Hilfe suchende Blicke an seine Mitschülerinnen und Mitschüler. Es dauert eine Weile und wirkt wie eine Erlösung, als ein Mädchen endlich den rettenden Einfall hat und „Spongebob!“ ruft.
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