Die Schaffung und Erhaltung des Friedens in allen Teilen dieser Welt.
Die Erhaltung und Wiederherstellung von Natur und Umwelt auf dem Lande, im Wasser und in der Luft, in allen Regionen der Erde.
Der Abbau des nahezu unmenschlichen Gefälles zwischen den reichen Ländern im Norden und den armen Ländern im Süden unserer Welt.“9
WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen erkannte früh die Bedeutung des Bevölkerungswachstum Bevölkerungswachstum s . So schrieb er 1968:
„Vom Jahr 2000 trennen die Menschheit nur noch 32 Jahre. In diesem kurzen Zeitraum wird sich die Bevölkerung der Erde von heute 3,4 Mrd. Menschen auf mehr als 6 Mrd. verdoppeln.“10 Deshalb hatte sich das BMZ entschlossen, Programme der Bevölkerungspolitik in Entwicklungsländern zu unterstützen. „Der besonderen Verantwortung, die bei jeder Mitwirkung an bevölkerungspolitischen Programmen übernommen wird, sind wir uns ebenso bewusst, wie der Problematik solcher Programme: Missbräuche und negative Nebenwirkungen bei Maßnahmen der Familienplanung können nur vermieden werden, wenn die Programme in eine fundierte Bevölkerungspolitik eingebettet werden, die auf breiten soziologischen und ethnologischen Untersuchungen basiert.“11 Eine Unterstützung der Familienplanung war in den 1960er-Jahren mutig. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen wählte klare Worte: „Obwohl vor kurzem das Oberhaupt der katholischen Kirche in der Enzyklika ‚Humanae vitae‘ den Gebrauch antikonzeptioneller Mittel untersagt hatte, müssen wir weiterhin die Überzeugung vertreten, dass die Geburtenregelung in den Entwicklungsländern unumgänglich ist.“12
Eine große Bedeutung hatte eine von WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen eingerichtete Planungsgruppe Planungsgruppe, wie überhaupt das BMZ einen hohen Anteil von Planern, Beratern und Gutachtern beschäftigte.13
WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen bemühte sich um eine Effizienzsteigerung der Entwicklungspolitik und forcierte die Projektevaluierung. Alle laufenden Projekte wurden überprüft (sog. Durchforstungsaktion Durchforstungsaktion), Schwerpunktsetzungen erarbeitet und Methoden der Projektevaluierung Projektevaluierung entwickelt. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Die Überprüfung der Projekte war notwendig, um die Ausgabe von Haushaltsmitteln weit von der Bundesrepublik entfernt, irgendwo im Busch, mit den Richtlinien der Reichshaushaltsordnung in Einklang zu bringen.“14
WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen BMZ war noch sehr schmalbrüstig , denn die Mittel der Kapitalhilfe waren noch im Haushalt des Wirtschaftsministeriums untergebracht. Natürlich musste es Aufgabe des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit sein, diesen wichtigen Betrag in den Haushalt des eigenen Ministeriums zu übernehmen. WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen: „Wirtschaftsminister Karl SchillerSchiller, Karl war ein brillanter Mann, aber auch ein Zuständigkeitsfetischist. Ich hatte mit ihm harte Auseinandersetzungen in dieser Frage und habe mein Ziel auch nicht erreichen können. Erst meinem Nachfolger Erhard EpplerEppler, Erhard ist es gelungen, die Zuständigkeit für die Kapitalhilfe im BMZ zu verankern.“15 WischnewskisWischnewski, Hans-Jürgen Entwicklungspolitik hat dennoch einige wenige Marksteine gesetzt: seine Betonung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker, sein Beharren auf den exportfördernden Wirkungen der Entwicklungshilfe (die er allerdings später revidierte), die Initiierung der Familienplanung als Instrument der Entwicklungspolitik und die Einführung der Projektevaluierung.
„WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen hat Entwicklungspolitik zu einem Thema gemacht, an dem niemand mehr vorbeikam. Nicht so sehr deshalb, weil er ursprünglich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine Exportnation wie die deutsche ein Interesse daran hat, dass anderswo die Menschen etwas kaufen können. Es war seine Persönlichkeit, seine Vitalität und seine Vergangenheit (seine frühe Unterstützung der algerischen Unabhängigkeit). So stand der Name „Ben Wisch“ für die persönliche Beziehung zu den Menschen, um deren Zukunft es bei der Entwicklungspolitik ging.“16
❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf, Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut, Dr. Sigvard ClasenClasen, Sigvard
Dr. Wolf PreussPreuss, Wolf
Mitarbeiter des BMZ 1963–1998, Persönlicher Referent der Bundesminister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen und Dr. Erhard EpplerEppler, Erhard, Leiter der Abteilung Multilaterale Zusammenarbeit und Sektorpolitik. 1998–2006 Berater der Regierungen in Albanien, Kosovo und Georgien zu Fragen der Annäherung an die EU.
Am beeindruckendsten war an Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen sein Sinn für Gerechtigkeit, seine Empathie, sein Sich-Kümmern um den Mitmenschen und seine absolute Loyalität gegenüber seinen Mitarbeitern. In der täglichen engen Zusammenarbeit passieren auch in der engsten Umgebung des Ministers Pannen, die sofort nach außen getragen werden. Diese werden von ihm intern unaufgeregt kritisiert, nach außen stellt sich der Minister immer vor seine Leute. Darauf kann man sich verlassen. Auf längeren Fahrten mit dem Dienstwagen sitzt immer sein Fahrer beim Essen auf Ministerkosten mit am Tisch, auch bei vertraulichen Gesprächen.
Ein Besuch in Teheran, 1968: Das offizielle Tagesprogramm ist abgearbeitet. Für den freien Abend hat WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen die beiden uns ständig begleitenden iranischen Motorrad-Polizisten zum Essen eingeladen. Nach einer wilden Fahrt mit viel Blaulicht und Gehupe auf der linken Fahrspur durch Teheran fehlt beim Restaurant einer der beiden Polizisten. Bei Nachfrage stellt sich heraus, dass dieser einen wegen unserer Fahrweise zu Recht protestierenden Iraner schnurstracks deswegen ins Gefängnis gebracht hat. Dort sollte er erst mal bleiben. Wischnewski Wischnewski, Hans-Jürgen fordert dessen sofortige Freilassung und verschiebt das Essen solange, bis der Mann in Freiheit und der zweite Polizist wieder aufgetaucht ist.
Dr. Helmut GieseckeGiesecke, Helmut
Leiter der Planungsgruppe des BMZ in der Zeit von 1966 bis 1969, zuvor längere Tätigkeiten in Mittelamerika und Indien, danach Wechsel in die Privatwirtschaft: Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des DIHT (Deutscher Industrie und Handelstag).
Ausbau der jungen Entwicklungspolitik trotz Wirtschaftsflaute
Nach der Bildung der ersten großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland warteten wir in dem vom liberalen Minister Walter ScheelScheel, Walter geprägten jungen BMZ gespannt auf die neuen Akzente der deutschen Entwicklungspolitik, die Minister Hans-Jürgen WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen (SPD) setzten würde. Seine uns bekannten Algerien-Initiativen wie auch seine Stellungnahmen im Bundestag ließen erwarten, dass die Gestaltungswünsche der Entwicklungsländer eine größere Rolle spielen dürften. Während die alten Kolonialmächte eigene Entwicklungsprogramme entworfen hatten, hatten die verschiedenen Fachressorts der Bundesregierung ihre besonderen Stärken in das zunächst nur lose koordinierte Angebot der Bundesrepublik eingebracht. Aufgabe des jungen Entwicklungsministeriums war es, unterstützt von Fachwissenschaftlern, für eine begrenzte Zahl von Ländern Programme zu entwickeln, die das deutsche Angebot zusammenfassten und optimal neben Eigenanstrengungen und Fremdhilfe der Nehmerländer stellten. Zusammen mit den neu gebildeten Länderreferaten lag hier eine wichtige Aufgabe der PlanungsgruppePlanungsgruppe. In dieser Ausbauphase der deutschen Entwicklungspolitik erfolgte ein ernsthafter Konjunkturrückgang, und zugleich mit dem Argument der „goldenen Betten“ in den Entwicklungsländern entstanden Zweifel an der Gestaltung der Entwicklungshilfemaßnahmen. Auf beides reagierte Minister WischnewskiWischnewski, Hans-Jürgen. Ich konnte ihn zu wichtigen Veranstaltungen, z.B. im Düsseldorfer Industrieclub und auch zu führenden Betriebsratsvorsitzenden begleiten. In überzeugender Weise trug er den Wunsch des Ministeriums vor, weitere Zuständigkeiten für die Entwicklungspolitik zu erhalten. Er wies dabei auf die zum Teil schwierigen Abstimmungsprozesse in den interministeriellen Ausschüssen hin, ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Kontrollen im Zusammenwirken mit den Partnerländern weiter ausgebaut werden sollten. Natürlich stellte er die Exportwirksamkeit einzelner Maßnahmen heraus, unterstrich aber auch den Gewinn für die Nehmerländer. Für ihn kam es in dieser Situation darauf an, die Interessenlage beider, der Geber und der Nehmerländer in eine Balance zu bringen. Entscheidend war die Fortentwicklung der deutschen Entwicklungspolitik, die damals gefährdet schien.
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