6. Was ist die Zukunft des internationalen Personalmanagements, welche Themen werden hier die strategischen Entscheidungen bestimmen?
Wie schaffen wir es, die besten Mitarbeiter für uns zu gewinnen, auch wenn der Fachkräftemarkt immer enger wird? Wie begegnen wir der Herausforderung einer stark alternden Gesellschaft gerade in den Industrieländern? Wie stellen wir uns auf die Anforderungen der Generation Y ein? Um überall auf der Welt die besten Mitarbeiter zu gewinnen, zu halten und gemeinsam das beste Team zu bilden, braucht es dreierlei. Erstens ist es wichtig, das Talent jedes einzelnen Mitarbeiters zu erkennen, zu entwickeln und zu fördern. Zweitens müssen Unternehmen hervorragende Arbeitsbedingungen bieten – mit attraktiven Rahmenbedingungen. Und drittens brauchen wir hervorragende Führungskräfte und eine offene Führungskultur, die gegenseitiges Vertrauen, Respekt und hohe Leistungsbereitschaft fördert.
1 Dynamik des globalen Wettbewerbs
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist durch eine zunehmende Internationalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten gekennzeichnet. Stichworte wie „Globalisierung“ und „multinationale Unternehmen“ charakterisieren diesen Entwicklungsprozess, der neue Herausforderungen an die Unternehmensführung stellt. Gerade in jüngster Zeit ergaben sich in der Unternehmensumwelt zum Teil revolutionäre Veränderungen, die besonders die auslandsorientierten deutschen Unternehmen zu neuen Strategien und Konzepten zwingen, um dauerhaft ihre Wettbewerbsposition zu sichern. Beispiele für diese Veränderungen sind:
ein verstärktes Aufkommen von neuen, erfolgreichen Wettbewerbern aus den Schwellenländern, wie z.B. Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika (BRICS-Staaten),
[5]eine zunehmende Präsenz von weltweit operierenden Unternehmen aus den führenden Industrienationen auf dem deutschen Markt,
das Entstehen großer einheitlicher Wirtschaftsblöcke wie des EU-Binnenmarktes, der Nordamerika-Zone (NAFTA), der ASEAN-Staaten und der MERCOSUR-Staaten sowie
eine sich beschleunigende Entwicklung und Diffusion neuer Technologien, insbesondere im Informations- und Kommunikationsbereich.
Eines der ersten Beispiele für eine globale Strategiekonzeption stellte das „Triade-Denken“ von Ohmae (Ohmae, K., 2006) dar. In diesem Konzept wurden die drei großen Wirtschaftsregionen der Welt, Nordamerika, Japan und Westeuropa, in den Mittelpunkt strategischer Überlegungen der Marktbearbeitung gerückt und die Ansicht vertreten, dass es in Zukunft von zentraler Bedeutung für den Unternehmenserfolg sein wird, in diesen wichtigsten Regionen der Weltwirtschaft gleichzeitig und dauerhaft präsent zu sein. Voraussetzung für dieses strategische Handlungskonzept ist allerdings die Erhaltung oder Gewinnung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in allen drei Regionen. Im Rahmen der Globalisierung des Wettbewerbs wird die Erhaltung oder Gewinnung von internationalen Wettbewerbsvorteilen zur zentralen Herausforderung und Aufgabe der Unternehmensführung.
Die neuen Globalisierungskonzepte dürfen sich aber nicht nur auf den Absatz- bzw. Marketingbereich beschränken, sondern müssen alle betrieblichen Teilbereiche im Sinne einer Querschnittsaufgabe umfassen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen wird somit nicht nur durch bestehende Produkte, Verfahren und Dienstleistungen, sondern auch durch die Innovationsfähigkeit des Managements, das Planungs- und Kontrollsystem sowie die effiziente Umsetzung strategischer Grundkonzepte in allen betrieblichen Teilbereichen bestimmt.
Im Hinblick auf die Konkurrenzsituation in den Weltmärkten kann die Struktur des (weltweiten) Wettbewerbs durch eine „Internationale Jagdlinie“ dargestellt werden (Perlitz, M., 1985b) . Aus ihr wird deutlich, dass Unternehmen aus einer Reihe von Entwicklungsländern zunächst solche aus Schwellenländern „jagen“, d.h., dass diese einem verschärften Wettbewerb durch Unternehmen aus der genannten Ländergruppe ausgesetzt sind. Bei den Schwellenländern handelt es sich hauptsächlich um Staaten aus Südostasien und zum geringeren Teil aus Lateinamerika sowie aus dem früheren Ostblock. Die Unternehmen aus den Schwellenländern „jagen“ ihrerseits wiederum Unternehmen aus den Industrieländern. Zwischen diesen beiden Länderblöcken vollzieht sich im Grunde der gleiche Prozess, der vor 20 bis 25 Jahren zwischen Japan und den westlichen Industrieländern begonnen hat. Damals machten die Japaner den Europäern und den Amerikanern z.B. die Stahlindustrie, den Schiffsbau und die Uhrenindustrie streitig. Heute produzieren die Schwellenländer mehr Stahl, Schiffe und Uhren als die Industrieländer.
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Abbildung 1: Internationale Jagdlinie
Ähnliche Entwicklungen finden heute auf den Märkten für Automobile, Computer, Unterhaltungselektronik oder Kameras statt. So werden derzeit beispielsweise etwa 80% der Canon-Kameras außerhalb Japans gefertigt. Dieser Prozess der Verlagerung der Produktion von Industrieländern in erfolgreiche Schwellenländer setzt sich weiter fort.
Die großen Herausforderungen kommen derzeit aus China und Indien. Beide Länder konkurrieren durch ihre Unternehmen in zunehmendem Maße mit Unternehmen aus den Industrienationen.
Für die Unternehmen der Industrieländer ergibt sich aus der „Internationalen Jagdlinie“ die strategische Fragestellung, wen oder was sie eigentlich „jagen“? Für die Beantwortung dieser Frage sind grundsätzlich zwei strategische Denkansätze möglich.
Der erste strategische Denkansatzwird durch die rückwärts gerichteten Pfeile in Abbildung 1symbolisiert. Mit ihnen soll verdeutlicht werden, dass Unternehmen aus Industrienationen in bestehenden Produktbereichen gegen Anbieter aus Entwicklungsländern konkurrieren bzw. mit Unternehmen aus dieser Ländergruppe wettbewerbsfähig bleiben wollen. Dieser internationale Wettbewerb spielt sich be ispielsweise auf den Gebieten des Massenstahls, der Massentextilien, der Massenchemikalien, der Massenlederwaren und der Agrarprodukte ab. Die gleiche Herausforderung ergibt sich aus dem Versuch der westlichen Unternehmen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit bei „höherwertigen“ Produkten gegenüber Unternehmen aus den Schwellenländern zu erhalten. Hierbei handelt es sich z.B. um Produkte wie Stahl, Schiffe, Automobile, Uhren, TV, Camcorder, oder Computer bzw. Computerchips.
Hierdurch gewinnt der zweite strategische Denkansatzzunehmend an Bedeutung: Nur durch Innovationen, welche einen langfristig orientierten Wettbewerbsvorteil gegenüber den Schwellenländern ermöglichen, können die klassischen Industrienationen sich im internationalen Wettkampf durchsetzen. Während Probleme der Produkt- und Prozessinnovationen [7]von Unternehmen aus Industrieländern – insbesondere im Vergleich zu chinesischen Unternehmen – häufig Gegenstand von Untersuchungen sind, ist die Betrachtung von Strategieinnovationen bisher nicht in ausreichendem Maße in das Bewusstsein des Managements vorgedrungen. Jedoch gewinnt dieser Aspekt immer mehr an Bedeutung (Sommerlatte, T., 2011; Schrank R., 2008) . Heute kann bei westlichen Unternehmen gerade im Bereich der Strategie eine auffallende Gleichförmigkeit der Grundkonzepte festgestellt werden, die mit bestimmten Schlagworten, wie z.B. Qualitäts- oder Kostenführerschaft, Lean Management, Reengineering, Konzentration auf Kernkompetenzen, Outsourcing u.ä.m., die gerade „en vogue“ sind, belegt werden. Letztlich führt jedoch diese Gleichförmigkeit der strategischen Denkansätze zu einem durchschnittlichen Erfolg und lässt exzellente Unternehmen seltener oder bisher exzellente Unternehmen immer durchschnittlicher werden (Peters, T.J./Waterman, R.H., 2007) .
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