Jannik Winter
Wie ich Betti nach drei Monaten im Schrank wiederfand
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jannik Winter Wie ich Betti nach drei Monaten im Schrank wiederfand Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
1. Schlafzimmer Rohwinkel
2. Büro Muckel, vormittags
3. Büro Muckel, nachmittags
4. Praxis Doktor Hahnemann
5. Wohnzimmer Hofer
6. Kellerraum, 17. März
7. Wohnzimmer Rohwinkel
8. Büro Fischer
9. Küche Klamm
10. Wohnzimmer Rohwinkel
11. Wohnzimmer Strauch
12. Vorraum zum Keller
13. Kellerraum, 29. März
14. Wohnzimmer Strauch
15. Kneipe Ackergaul
16. Praxis Doktor Hahnemann
17. Firmengelände Gatti GmbH
18. Praxis Doktor Hahnemann
19. Vorraum zum Keller
20. Kellerraum, 4. April
21. Vernehmungszimmer
22. Kneipe Ackergaul
23. Chirurgie der Universitätsklinik
24. Praxis Doktor Hahnemann
25. Vorraum zum Keller
26. Kellerraum, 15. April
27. Villa Klamm
28. Anwesen Strauch
29. Praxis Doktor Hahnemann
30. Haus Rohwinkel
31. Büro Fischer
32. Vorraum zum Keller
33. Kellerraum, 20. April
34. Küche Rohwinkel
35. Kneipe Ackergaul
36. Büro Hofer-Rohwinkel
37. Praxis Doktor Hahnemann
38. Büro Fischer
39. Vorraum zum Keller
40. Kellerraum, 3. Mai
41. Ministerium, vormittags
42. Ministerium, mittags
43. Büro Fischer
44. Vorraum zum Keller
45. Kellerraum, 18. Mai
46. Therapie Rohwinkel
47. Klub Havanna
48. Küche Rohwinkel
49. Klub Havanna
50. Vorraum zum Keller
51. Kellerraum, 12. Juni
52. Herzogenstraße 1
53. Praxis Doktor Hahnemann
54. Büro Fischer
55. Kellerraum, 15. Juni
56. Edelboutique Frou-Frou
57. Klub Havanna
58. Küche Rohwinkel
59. Schlafzimmer Rohwinkel
Epilog
Nachwort
Impressum neobooks
Das Prasseln des Regens auf das Wellblechdach übertönt sein Stöhnen. Nur die Person, deren Kontur sich gegen das Fenster abzeichnet, hat es gehört und weist ihn zurecht.
»Hör auf zu jammern! Ich will eine Lösung! Heute noch!«
Mit Schaudern erinnert er sich an die wochenlange vergebliche Suche nach einer Alternative. Er versucht es mit Ausflüchten.
»Wir könnten mit ihr reden, ihr Vorschläge unterbreiten und eine zweite Chance geben.«
»Papperlapapp! Dafür haben wir keine Zeit mehr. Die Situation ist längst in die kritische Phase getreten. Wir müssen handeln, und zwar schnell.«
»Aber … wenn … lass sie doch …«
Vergeblich sucht er die Worte zu ordnen, um die härteste aller Maßnahmen zu verhindern. Seine Brille ist in dem unterkühlten Raum vom Atem beschlagen. Umständlich entnimmt er dem Etui ein Putztuch und reinigt die Gläser.
»Sei ehrlich zu mir. Hast du diesen Ort für unsere Unterredung gewählt, weil du den Keller vorschlagen wolltest?«
Aus Richtung des Fensters ertönt ein kräftiges Schnauben.
»Ja, was dachtest du denn? Außerdem ist es deine Schuld, dass der Raum nicht hergerichtet ist. Das Deckenlicht funktioniert nicht, die Belüftung ist defekt und die Klospülung mussten wir abdrehen, weil sie ununterbrochen lief. Das weißt du jetzt seit zwei Wochen und du zögerst es immer wieder hinaus. Ich hoffe, dass ich mich auf dich verlassen kann, oder?«
Er erhebt sich und begibt sich mit bedächtigen Schritten zur Tür, öffnet sie und betätigt den Lichtschalter. Als er die Treppenstufen hinunterblickt, schwankt er ein wenig und stößt einen weiteren Seufzer aus.
»Es ist kalt da unten. Und sie wird sehr einsam sein.«
»Ja klar doch. Sie braucht das volle Programm, sonst klappt es nicht. Also, was ist?«
»Du meinst, es wird funktionieren?«
»Sie bleibt so lange da drin, bis es funktioniert.«
Er schüttelt den Kopf und fasst sich an die Stirn.
»Du bist unbarmherzig.«
»Nein. Ein Arzt, der krankes Gewebe mit dem Skalpell wegschneidet, ist auch nicht unbarmherzig.«
Sein Blick gleitet über die endlos hinabführenden Stufen und trifft auf eine zweite Tür, wuchtig, massiv und mit Ansätzen von Rost. Im unteren Bereich ist eine Klappe mit einem Doppelriegel erkennbar.
»Also gut, gehen wir diesen Weg. Ich kümmere mich um die technischen Probleme und du arrangierst ein Treffen mit ihr.«
»Wir machen es heute Nacht. Das heißt, du musst alles in den nächsten fünf Stunden erledigen. Bekommst du die Schubkarre in den Kombi und hast du das Flunitrazepam besorgt?«
»Ja, doch. Vom Rohypnol habe ich zehn Filmtabletten, es bleiben also genügend als Reserve. Für den Transport werde ich die Rückbänke umklappen müssen.«
»Sehr gut. Der Regen hat aufgehört. Lass uns loslegen und sieh zu, dass alles funktioniert. Wenn sie im Keller ist, dürfen wir den nicht mehr betreten.«
Er nickt, begibt er sich nach unten und öffnet mit einem knarzenden Geräusch die schwere Eisentür.
»Ölen lohnt sich nicht. Sie hört es eh nicht und danach bleibt die Tür ja sehr lange geschlossen.«
1. Schlafzimmer Rohwinkel
Weg damit. Das Foto durfte niemand sehen. Es hatte mich so erschreckt, dass ich es sofort zerkauen und runterschlucken wollte. Doch die Kante war scharf, schnitt mir in die Zunge und ein Tropfen Blut fiel auf mein weißes Hemd.
Mist.
Nach diesem Desaster riss ich das Blatt in kleine Schnipsel und steckte die in die Hosentasche.
Erste Dummheit.
Kein Feuerzeug, das wahre Problem eines Nichtrauchers aus Rücksichtnahme. Beweise abfackeln war früher eine Sache von zwanzig Sekunden, doch Betti hasst Raucherküsse und deswegen parkte das Schredderfoto zunächst in meiner Hosentasche.
Der nächste Fehler war das Fenster, das hätte ich vorher schließen müssen. Aber warum war es überhaupt so weit geöffnet? Nicht gekippt, sondern mit ausgebreiteten Armen wie die Christusstatue in Rio.
Klar, alles geplant. Sie hat gelüftet, damit sein Mief aus dem Schlafzimmer verschwindet. Ich sog die Luft ein und wollte mich an den Geruch des Mistkerls erinnern. Doch dazu fiel mir nichts ein. Sie ist klug, weiß, dass der Dunst nach heißem Sex im Raum, im Bettzeug und in den Gardinen hängen bleibt. Deshalb hatte sie auch die Laken abgezogen. Und, bei dem Gedanken wurde mir richtig übel, sie wollte seine ekligen Flecken in meiner Waschmaschine vernichten. Diese Schwimmdinger überleben monatelang in der Trommel, haben die im Discovery Channel gebracht. Oder war das Arte?
Jedenfalls gab der Gedanke an die feindlichen Invasoren den Ausschlag. Zu viel ist zu viel. Wie gesagt, ich hätte das Fenster vorher schließen müssen. Doch ein so emotionaler und sensibler Mensch wie ich achtet nicht auf solche Nebensächlichkeiten. Unsere Nachbarin Kathi gegenüber auf dem Balkon hatte ich genauso ausgeblendet wie den aufsteigenden Qualm aus dem Zimmer ihres Sprösslings daneben. Es ist wichtig, im Leben Prioritäten zu setzen. Deswegen versank für mich die Umwelt in Anbetracht des Fotos und der abgezogenen Bettwäsche in Bedeutungslosigkeit.
Der laute Ruf der Empörung war nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig. »Vollumfänglich«, hatte mein Anwalt den Schrei gelobt. Damit meinte er den Stimmumfang. Anfangs kam ein höllentiefes Uaaa, gegen das Darth Vaders Krächzen zum Vogelgezwitscher degradiert wurde. Kapriziös schraubte sich der langgezogene Ton in mir bislang unbekannte Höhen und endete in dem Iiihhh eines Oskar Matzerath, wobei ich hoffnungsvoll auf die Scheibe des linken Fensterflügels blickte. Die vibrierte verdächtig und meine Erwartung stieg exponentiell. Leider ging mir die Puste aus, bevor mir der Triumph zersplitternden Glases gegönnt wurde. Doch einen negativen Effekt hatte der Schrei, er lockte die Langhaarmähne des Nachbarsöhnchens an die frische Luft. Dadurch bekam er ebenfalls alles mit.
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