Abb. 11: Vergleich Business-to-Business und Business-to-Customer
Sowohl die Chancen als auch die Risiken der Anwendung von Social Media im Marketing sind zum Großteil unabhängig von den genannten Kundengruppen B2C und B2B. In Abbildung 12 sind die Chancen aber auch die Risiken aufgezeigt. So kann über Social Media durch u. a. den direkten Austausch mit den Kunden und eine schnelle und effiziente Problembehandlung die Kundenbindung erhöht werden, es besteht aber auch das Risiko des Kundenverlusts, bspw. aufgrund von mangelnder Wertschätzung oder kritische Beiträge und Inhalte. Auch Fake-Accounts, Verletzungen des Datenschutzes und Informationsüberschuss und damit einhergehender Kundenverlust müssen als potentielle Risiken im Auge behalten werden. Andererseits bieten die sozialen Medien aber auch die Chance zur individuellen Kundenansprache, zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades, zur positiven Reputation sowie zur Kundeninformation und Kundenneugewinnung.
2.2.4 Social Listening: welche Tools können Unternehmen einsetzen?
Immer mehr Unternehmen machen es sich zu Nutze, dass man Aktivitäten in Social Media verfolgen, aufzeichnen und analysieren kann. Social Listening Tools helfen dabei, im gesamten Social Network als relevant definierte Beiträge zu sammeln. Es kann damit ermittelt werden, ob über bestimmte Themen oder Produkte gesprochen wird, als auch in welcher »Tonalität«, also ob eher positiv oder negativ gefärbt. Sowohl die Quantität als auch die Intensität von Diskussionen kann mit Hilfe solcher Tools aufgezeichnet werden. Es gibt hierfür auch kostenfreie Tools wie Google Alerts. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Funktionalität eingeschränkt sein kann. Kostenpflichtige Tools überzeugen daher häufig dadurch, dass die Möglichkeiten des Trackings präziser und die Auswertung umfangreicher ist. Vorteil von kostenpflichtigen Tools ist neben der Betreuung auch die Individualisierbarkeit. Mittlerweile gibt es einige Anbieter, die Social Listening anbieten und mit Hilfe von ausgebildeten Computerlinguisten das Monitoring professionell aufsetzen. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Herausforderungen und Chancen Social Listening für Unternehmen mit sich bringt.
Abb. 12: Chancen und Risiken
ChancenRisiken
2.2.4.1 Herausforderungen
Eine große Herausforderung liegt in der Vorarbeit und im Aufsetzen eines solchen Projekts. Zu Beginn ist es maßgeblich, ein klares Ziel zu definieren. Fragen wie »Was ist das Ziel? Wofür benötigen wir diese Informationen? Wie werden diese Informationen genutzt?« können hilfreich sein. Mit Hilfe von Desk Research sollte überprüft werden, ob die eigenen oder auch potentielle Kunden überhaupt in sozialen Medien über das Produkt oder die Dienstleistung sprechen. Nach Bestätigung dieser Anforderung sind relevante Quellen zu identifizieren. Mittlerweile existieren neben den gängigen Netzwerken wie Facebook, Instagram, LinkedIn, Twitter noch viele weitere Blogs, Foren oder Communitys, die auf ihre Relevanz geprüft werden sollten. Nicht alle dieser Quellen sind für alle Unternehmen relevant und geeignet. Zum Teil handelt es sich um sehr produkt- oder dienstleistungsspezifische Foren, Blogs, etc. Das Forum Motor-Talk ist bspw. ein sehr gutes Forum für einen Automobilhersteller im PKW-Segment, aber eben nicht für LKW-Hersteller. Trotz des Namens liegt der Fokus dieses Forums eher auf PKW-bezogenen Inhalten.
Bei der Identifikation der Quellen sollte man zudem zwei Faktoren beachten. Es gibt Quellen, die zu Beginn eines solchen Projekts noch nicht relevant sind. Ebenso gibt es Quellen, die zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt sind oder noch nicht existieren. Nach Identifikation der meisten relevanten Quellen, werden Themen in Form von Begriffen, sog. Keywords definiert. Dieser Schritt ist nicht nur der aufwendigste, sondern auch der wichtigste. Themen sollten umfassend betrachtet werden und jeder einzelne wichtige und relevante Begriff muss definiert werden. Es ist bspw. nicht ausreichend, ausschließlich den Begriff LKW zu verwenden. Auch Begriffe wie Truck, Lastkraftwagen, Laster, Lastwagen, Nutzfahrzeug sind mögliche Begriffe mit derselben Bedeutung. Es bedarf einer genauen Analyse der zu verwendenden Begriffe. Jeder unklare Begriff führt während des Trackings entweder zu falschen Beiträgen oder dazu, dass wichtige Beiträge nicht erfasst werden, da nicht alle Begriffe vorab definiert sind. Vor allem Letzteres sollte unbedingt vermieden werden.
Die Festlegung der relevanten Begriffe ist ebenso ein kontinuierlicher Prozess. Neue Begriffe werden relevant, bestehende Begriffe werden irrelevant. Entweder aufgrund von neuen Themen oder durch bereits erfasste Kundenkommentare, in denen für den Kunden relevante Themen genannt werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die größte Herausforderung von Social Listening die stetige Adaption ist. Eine immer wiederkehrende kritische Prüfung der definierten Quellen, Themen und Begriffen ist unabdingbar. Ebenso der Weitblick ist unerlässlich. Häufig ist nur das Produkt oder die Dienstleistung im Fokus. Auch politische Entwicklungen, gesellschaftliche Diskussionen oder Gesetzte sollten bei der Definition der relevanten Begriffe beachtet werden. Eine Vernachlässigung der Toolpflege kann dazu führen, dass der Mehrwert verlorengeht.
Neben den bereits genannten Herausforderungen, welche meist die Vorarbeit und die Toolpflege betreffen, gibt es auch viele Vorteile und Chancen, die durch die Nutzung eines Social Listening Tool entstehen. Der größte Mehrwert wird dadurch generiert, dass Kundenmeinungen, Kundenkommentare und Probleme der Kunden ungefiltert erfasst werden. Zum einen werden die Meinungen der eigenen Kunden aber auch Meinungen und Probleme von Wettbewerbskunden erfasst. Ungefiltert bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Verfasser in einem Forum oder einer Community meist nicht direkt den Hersteller anspricht, und auch nicht weiß, dass seine Kommentare erfasst werden. Das Feedback ist somit meist ehrlich, direkt und klar formuliert. Es gibt keinerlei Verzerrungen oder Einflüsse, vorausgesetzt der Kunde schreibt in öffentlichen Foren, Blogs oder Communitys und nicht in einem Herstellerforum. Auch Erfahrungen, positiv und negativ, über die sich Kunden austauschen, können erfasst werden und so mögliche Probleme erkannt werden. Der Austausch vieler Kunden über ein gewisses Thema ermöglicht einem Unternehmen zu erkennen, dass es entweder ein Problem gibt oder großes Interesse an diesem Thema besteht. Ein weiterer Vorteil ist, dass Trends frühzeitig erkannt werden können. Durch den angewandten Weitblick während der Definition der relevanten Begriffe werden auch relevante Themen rund um das eigentliche Thema erfasst. Dadurch können Themen beobachtet und auch deren Entwicklung verfolgt werden. Mögliche Trends oder neue kundenseitige Anforderungen können ermittelt werden.
Aber auch der Wettbewerb wird beobachtet, bspw. hinsichtlich Neuheiten und Entwicklungen. Kundenkommentare zu Wettbewerbsprodukten oder aber auch Probleme beim Wettbewerber sind mit Hilfe eines solchen Tools transparent. Ein letzter hier genannter Vorteil ist inhaltlich negativ, aber für viele Unternehmen sehr wichtig: das Tracking von negativer Kommunikation. Hierbei handelt es sich nicht um Probleme von Kunden im direkten Sinne. Hier sind Themen wie Produktunfälle, Qualitätsmängel oder gar Bedrohungen des Unternehmens inbegriffen. Oftmals erscheinen negative Themen plötzlich. Die Folge ist, dass in sozialen Medien innerhalb kurzer Zeit unzählige Beiträge durch »teilen« oder »re-tweeten« veröffentlicht sind. Durch das Tracking von solchen Meldungen haben Unternehmen die Möglichkeit, entweder frühzeitig Stellung zu nehmen oder können die Entwicklung verfolgen.
Читать дальше