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Erstens dadurch, dass auch die oben genannten Leistungsbeschreibungen und Preisabsprachen klar und verständlich sein müssen und deshalb der Transparenzkontrollenach § 307 I 2 BGB unterliegen (vgl. § 307 III 2BGB). |
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Zweitens sind sog. Leistungs- bzw. Preis nebenabsprachen voll anhand der §§ 307-309 BGB kontrollfähig. Gemeint sind Absprachen, die sich zwar mittelbar z.B. auf die Gehaltshöhe auswirken, diese aber nicht unmittelbar regeln (z.B. Widerrufsvorbehalt[175]). Als Nebenabsprache und somit kontrollfähig ist auch die Befristungeiner im Synallagma stehenden Leistung zu werten.[176] |
Hinweis:
Beachten Sie unbedingt, dass insb. die Lohnhöhe nichtanhand von §§ 309, 308, 307 I 1, II BGB kontrolliert werden darf! Insoweit ist ausschließlich § 138 BGB anwendbar (s. Rn. 391 ff.). Die Transparenzder Lohnabsprache ist hingegen an § 307 I 2 BGB zu messen.
b) Inhaltskontrolle nach §§ 309, 308 BGB
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Bei der Inhaltskontrolle selbst gelten im Ausgangspunkt die allgemeinen Regeln. Es ist also zunächst § 309 BGB(Klauselverbote ohneWertungsmöglichkeiten) zu prüfen, wobei nach dem oben Gesagten immer (im zweiten Schritt) wegen § 310 IV 2 BGB zu fragen ist, ob arbeitsrechtliche Besonderheiten ein abweichendes Ergebnis – wie z.B. die Nichtanwendbarkeit des Klauselverbots – erfordern (s. Rn. 209).
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Ist kein Klauselverbot des § 309 BGB einschlägig, so ist im nächsten Schritt § 308 BGBzu prüfen. Die arbeitsrechtlichen Besonderheiten können hierbei in der Regel meist schon im Rahmen der Klauselverbote mitWertungsmöglichkeit berücksichtigt werden (z.B. bei der Bestimmung der „Zumutbarkeit“ bei § 308 Nr. 4 BGB).
c) Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
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Scheitert die Klausel nicht an §§ 309, 308 BGB, so ist auf § 307 BGBzurückzugreifen, wobei aufgrund des Spezialitätsgrundsatzes zunächst Abs. 2zu prüfen und nur, wenn dieser nicht eingreift, auf die Generalnorm des Abs. 1 S. 1einzugehen ist. Die arbeitsrechtlichen Besonderheiten können unschwer bei der Feststellung der „unangemessenen Benachteiligung“ berücksichtigt werden.
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Gerade in der Rechtsprechung des BAG spielt neben der inhaltlichen Kontrolle nach § 307 II, I 1 BGB auch die Transparenzkontrollegemäß § 307 I 2 BGB – die auch für Leistungsbeschreibungen und Preisabreden gilt, § 307 III 2 BGB (!) – eine große Rolle. Aus diesem Grund hat das Gericht viele Absprachen für unwirksam erklärt bzw. (wesentlich) strengere Vorgaben dafür aufgestellt (z.B. bei Freiwilligkeitsvorbehalten[177], Vertragsstrafenabsprachen[178] oder Schriftformklauseln[179]). Das Transparenzgebot verlangt, dass die Klausel im Rahmen des Möglichen sowie rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten der Vertragspartner so klar und präzise wie möglich umschreibt.[180]
224
Da der Arbeitsvertrag ein Verbrauchervertrag ist ( Rn. 210), ist bei der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht § 310 III Nr. 3 BGBzu beachten. Danach wird der im AGB-Recht normalerweise rein generell-abstrakte, typisierende Prüfungsmaßstab[181] durch einen individuell-konkreten ergänzt.[182] Zu berücksichtigen sind somit insb. persönliche Eigenschaften des Arbeitnehmers, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken (z.B. Fußballstar einerseits, des Deutschen unkundiger Flüchtling anderseits), sowie die Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation (z.B. Überrumpelung im Gegensatz zu Einräumung einer angemessenen Überlegungszeit).[183] Die Einbeziehung der Umstände des konkreten Einzelfalles kann sich sowohl zugunsten wie zulasten des Arbeitnehmers auswirken: Es kann sowohl eine nach allgemeinen Maßstäben unzulässige Klausel zulässig wie umgekehrt eine eigentlich zulässige Klausel aufgrund der individuell-konkreten Betrachtung unzulässig sein.[184]
6. Rechtsfolgen
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Verstößt eine arbeitsvertragliche Klausel gegen die §§ 307 ff. BGB, bestehen im Grundsatz keine Besonderheiten. Auch hier greift der Rechtsfolgenmechanismus des § 306 BGB, nach dem (1) grundsätzlich (Ausnahme § 306 IIIBGB) nur die betroffene Klausel unwirksam ist, der restliche Arbeitsvertrag – entgegen der Zweifelsregelung des § 139 BGB – hingegen wirksam bleibt, § 306 IBGB. Die sich durch die Unwirksamkeit der Klausel ergebende Lücke ist (2) durch Gesetzesrecht zu schließen, so dieses existiert, § 306 IIBGB; anderenfalls verbleibt es bei der Lücke.
Beispiel:
Wird vereinbart, dass die Kündigung eines Arbeitsvertrags der notariellen Beurkundung bedarf, so verstößt das gegen § 309 Nr. 13 b) BGB. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB.
Gegenbeispiel:
Ist eine Vertragsstrafenabsprache unwirksam, so entfällt sie ersatzlos, weil das Gesetzesrecht keine Vertragsstrafe ohne Absprache kennt.
b) Geltungserhaltende Reduktion, teilbare Klausel und ergänzende Vertragsauslegung
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Nach allgemeinen, auch im Arbeitsrecht geltenden Grundsätzen, ist eine sog. geltungserhaltende Reduktion nach h.M. verboten, weil sie die Verwendung unzulässiger Klauseln für den Verwender risikolos machen und ihm Spekulationen zulasten seines Vertragspartners ermöglichen würde (wehrt sich dieser nicht, „gewinnt“ der Verwender mit der unwirksamen Klausel, zieht der Vertragspartner dagegen vor Gericht, bekäme der Verwender per geltungserhaltender Reduktion zumindest das, was er von Anfang an hätte vereinbaren können).[185] Beispiel: Ist eine formularmäßige Ausschlussfristunzulässig kurz gewählt (z.B. nur zwei Monate), so darf der über den Rechtsstreit entscheidende Richter nicht die Unwirksamkeit der Klausel vermeiden, indem er die Frist auf das gerade noch zulässige Mindestmaß (von drei Monaten) oder eine sonst „angemessene“ Dauer verlängert und die derart „korrigierte“ Klausel anwendet (zu Ausschlussfristen vgl. Rn. 411 ff.).
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Von der geltungserhaltenden Reduktion zu unterscheiden ist die erlaubte Aufrechterhaltung des zulässigen Teilseiner teilbaren Klausel. Diese ist aber nur möglich, wenn der zulässige Teil – bei Streichung des unzulässigen – einen sinnvollen Gehalt behält, und zwar sowohl sprachlich als auch inhaltlich („blue-pencil-test“); fehlt es daran, fällt auch der an sich zulässige Teil weg und es greift § 306 II BGB.[186]
Beispiele:
(1)Ist lediglich die zweite Stufeeiner Ausschlussfristunzulässig, deren erste aber für sich betrachtet nicht zu beanstanden, so kann zwar die zweite Stufe nicht mehr per geltungserhaltender Reduktion „gerettet“ werden (Rn. 421). Da es sich jedoch i.d.R. um eine sowohl sprachlich wie inhaltlich teilbare Klausel handelt und die Existenz der ersten Stufe einer Ausschlussfrist nicht denklogisch die einer zweiten voraussetzt, kann die erste Stufe regelmäßig isoliert aufrecht erhalten bleiben.[187] Ist dagegen umgekehrt die erste Stufeunzulässig, die zweite – isoliert betrachtet – dagegen zulässig, so wird regelmäßig die gesamte Ausschlussfrist wegfallen, baut doch die zweite Stufe regelmäßig auf der ersten Stufe auf.[188]
(2)Enthält ein Vertragsstrafenversprechenmehrere die Sanktion auslösende Tatbestände, von denen einige zulässig, andere dagegen unzulässig sind, so ist die Klausel inhaltlich meist teilbar (kann doch ein Umstand sanktionswürdig sein, auch wenn es ein anderer nicht ist). Entscheidend ist dann, ob die Klausel sprachlich teilbar ist. Ist das zu bejahen, ist sie teilweise aufrechtzuerhalten, anderenfalls vollständig unwirksam.[189]
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