[2]
Vgl BFH vom 22.8.1984, BStBl. 1985 II, S. 126; BFH vom 27.2.1991, BStBl. 1991 II, S. 628; BFH vom 21.5.1992, BStBl. 1992 II, S. 944; BFH vom 27.11.1996, BStBl. 1998 II, S. 97; siehe hierzu auch Blümich, EStG, KStG, GewStG, München (Loseblattausgabe), § 4 EStG, Rz. 321–325; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Köln (Loseblattausgabe), § 39 AO, Tz. 77–79.
[3]
Zur Wertpapierleihe (Wertpapierdarlehen) siehe BFH vom 18.8.2015, BStBl. 2016 II, S. 961; BMF-Schreiben vom 11.11.2016, BStBl. 2016 I, S. 1324.
[4]
Vgl Federmann, Bilanzierung nach Handelsrecht und Steuerrecht, 12. Aufl., Berlin 2010, S. 298.
[5]
Vgl Schmid/Stoll, DStR 2001, S. 2142; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 37. Aufl., München 2018, § 5 EStG, Rz. 270.
[6]
Vgl BFH vom 26.1.1970, BStBl. 1970 II, S. 264. Diese Definition geht zurück auf Seeliger, Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums im Steuerrecht, Stuttgart 1962, S. 89.
[7]
Vgl BMF-Schreiben vom 19.4.1971, BStBl. 1971 I, S. 264; BMWF-Schreiben vom 21.3.1972, BStBl. 1972 I, S. 188; BMF-Schreiben vom 22.12.1975, BB 1976, S. 72; BMF-Schreiben vom 23.12.1991, BStBl. 1992 I, S. 13.
3. Sachliche Zurechnung (Abgrenzung des Umfangs des Betriebsvermögens)
a) Grundsätzliche Regelungen
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Durch die sachliche Zurechnungwird entschieden, welche Vermögensgegenstände bzw Wirtschaftsgüter bilanziert werden. Handelsrechtlich geht es um die Abgrenzung des Unternehmensvermögens gegenüber dem Privatvermögen. Bei den Ertragsteuern lautet das Begriffspaar Betriebsvermögen – Privatvermögen.
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In der Handelsbilanzist die sachliche Zurechnung weitgehend unproblematisch: (1) Bei Einzelunternehmernist die Differenzierung zwischen Unternehmensvermögen und Privatvermögen insoweit ohne größere Bedeutung, als der Einzelunternehmer für die Zahlungsverpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen haftet und der handelsrechtliche Jahresabschluss grundsätzlich nicht offengelegt werden muss. (2) Bei Personen- und Kapitalgesellschaftenist die sachliche Zurechnung im Regelfall eindeutig: In der Handelsbilanz ist das Gesellschaftsvermögen auszuweisen. Sämtliche Vermögensgegenstände, die im Eigentum der Gesellschaft stehen (Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft), sind Unternehmensvermögen. Eine Zurechnung zum Privatvermögen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft scheidet aus.
Die rechtliche Trennung der Sphäre einer Kapitalgesellschaft und der ihrer Gesellschafter verhindert, dass Vermögensgegenstände, die einem der Gesellschafter gehören, in die Handelsbilanz einer Kapitalgesellschaft aufgenommen werden können. Aufgrund der relativen Rechtsfähigkeit einer Personengesellschaft (§ 124 HGB) können Vermögenswerte, die im Eigentum des Gesellschafters einer Personengesellschaft stehen, in der Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft nicht aktiviert werden. Dies ergibt sich allerdings nicht aus den Kriterien für die sachliche Zurechnung, sondern aus der persönlichen Zurechnung. Wirtschaftsgüter, die dem Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft gehören, sind diesem persönlich zuzurechnen. Bei den Gesellschaftern ist eigenständig zu prüfen, ob die ihnen gehörenden Wirtschaftsgüter handelsrechtlich dem Unternehmens- oder Privatvermögen zuzurechnen sind.
220
Für die Steuerbilanzist die sachliche Zurechnung für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetriebvon grundlegender Bedeutung, da in der Gewinn- und Verlustrechnung nur Aufwendungen und Erträge erfasst werden dürfen, die im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die dem Betriebsvermögen zugeordnet werden. Wertänderungen von Wirtschaftsgütern (Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste, Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert) sind bei Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb grundsätzlich nur relevant, wenn die Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz aktiviert sind. Steuerliche Investitionsförderungsmaßnahmen (Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen, Bewertungsabschläge, Investitionszulagen) können in der Regel nur in Anspruch genommen werden, wenn die begünstigten Investitionsgüter dem Betriebsvermögen zugerechnet werden.
Für die Einkommen- bzw Körperschaftsteuer gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen wie für die Gewerbesteuer. Die sachliche Zurechnung wirkt sich außerdem mittelbar auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer aus, da die für Unternehmensvermögen vorgesehenen Begünstigungen (85%iger Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag von bis zu 150 000 € bzw 100%iger Verschonungsabschlag, Tarifbegrenzung für Steuerpflichtige der Steuerklassen II und III, Stundung, Verschonungsbedarfsprüfung) nur für die Wirtschaftsgüter gewährt werden, die dem Betriebsvermögen zugerechnet werden (§ 13a – § 13c, § 19a, § 28, § 28a ErbStG).[1]
Für die Umsatzsteuer ist zwischen Unternehmensgegenstand und Privatgegenstand zu unterscheiden. Diese Differenzierung entscheidet darüber, ob beim Erwerb für die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ein Vorsteuerabzugsrecht besteht und ob der Verkauf des Wirtschaftsguts ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang ist (§ 15, § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG). Die ertragsteuerlich bedeutsame Abgrenzung zwischen Betriebs- und Privatvermögen orientiert sich allerdings an anderen Kriterien als die für umsatzsteuerliche Zwecke vorgenommene Abgrenzung zwischen Unternehmensgegenstand und Privatgegenstand (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Es ist deshalb beispielsweise möglich, dass ein Wirtschaftsgut ertragsteuerlich als Privatvermögen gilt und umsatzsteuerlich als Unternehmensgegenstand behandelt wird.[2]
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Für Einzelunternehmensind spezielle steuerliche Regelungenzur sachlichen Zurechnung erforderlich. Aufgrund der nicht bestehenden rechtlichen Verselbständigung eines Einzelunternehmens und des Fehlens von konkreten handelsbilanziellen Abgrenzungsregeln muss das Ziel der Ertragsteuern – Trennung von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung – durch die Differenzierung zwischen dem (ertragsteuerlich relevanten) betrieblichen Bereich und dem (ertragsteuerlich auszuklammernden) privaten Bereich des gewerblich tätigen Inhabers erreicht werden (keine Maßgeblichkeit: Fall 9).
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Bei Kapitalgesellschaftenist die sachliche Zurechnung auch im Steuerrecht einfach zu lösen. In die Steuerbilanz einer Kapitalgesellschaft können (wie in die Handelsbilanz) nur die Wirtschaftsgüter aufgenommen werden, die nach den Kriterien der persönlichen Zurechnung der Kapitalgesellschaft gehören. Da bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden (§ 8 Abs. 2 KStG) und eine Kapitalgesellschaft keine private Sphäre besitzt, stellen diese Wirtschaftsgüter generell Betriebsvermögendar. Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören, werden ertragsteuerlich grundsätzlich dem Privatvermögen des Gesellschafters zugerechnet. Dies gilt auch dann, wenn der Anteilseigner die Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt (Maßgeblichkeitsprinzip: Fall 2a).
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Bei Personengesellschaftenist die sachliche Zurechnung in zwei Schritten vorzunehmen:[3]
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Wirtschaftsgüter, die einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören, sind in ihrer Steuerbilanz auszuweisen. Auf der ersten Stufeder Gewinnermittlung führt dies dazu, dass die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögensgrundsätzlich Betriebsvermögen bilden (§ 15 Abs. 3 EStG). Da eine Personengesellschaft keinen privaten Bereich hat, stellt sich für das Gesellschaftsvermögen die Abgrenzungsproblematik zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen nicht (Maßgeblichkeitsprinzip: Fall 2a). |
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Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Gesellschafters einer Personengesellschaft gehören auch die Einnahmen, die der Gesellschafter von der Personengesellschaft bezieht, sofern diese Leistungen einen Beitrag zur Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks darstellen (beispielsweise Vergütungen für die Geschäftsführungstätigkeit, Entgelt für die Vermietung oder Verpachtung eines Wirtschaftsguts an die Personengesellschaft, Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG). Um die Einkünfte aus Gewerbebetrieb berechnen zu können, sind auf der zweiten Stufeder Gewinnermittlung die Wirtschaftsgüter, die einem der Gesellschafter einer Personengesellschaft (Mitunternehmer) gehören und die unmittelbar dazu geeignet oder bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen, dem Betriebsvermögen zuzurechnen (Sonderbetriebsvermögen I). Zum Betriebsvermögen zählen auch die Wirtschaftsgüter, die einem der Gesellschafter gehören und die dazu geeignet oder bestimmt sind, der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft zu dienen ( Sonderbetriebsvermögen II, R 4.2 Abs. 2 EStR). Die für Personengesellschaften geltende Besteuerungskonzeption führt dazu, dass sich für die sachliche Zurechnung spezielle steuerliche Grundsätze entwickelt haben. Wie bei einem Einzelunternehmer besteht keine Maßgeblichkeit ( Fall 9).[4] |
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