Artischocken gründlich waschen; den Stiel abbrechen oder abschneiden (bei jüngeren kann man den geschälten Stiel essen). In Salzwasser mit etwas Zitronensaft oder einer Ascorbinsäurelösung (damit sie nicht bräunen) 20 bis 30 Minuten kochen. Sie sind gar, wenn man die Blätter leicht abzupfen kann. Mit dem Kopf nach unten abtropfen lassen und im Ganzen servieren. Die Blätter abzupfen, in Dip tauchen und die Verdickungen am Blattansatz einfach abzuzeln.
In Barcelona schiebt man vorgekochte Artischocken in Holzkohleöfen, bis die Spitzen der Blätter angekokelt sind. Das gibt dem Gemüse wunderbare Rauch- und Grillaromen, die sich bestens mit den holzig-würzigen Noten der Artischocke ergänzen, ebenso wie mit deren Duft nach Gewürznelken, der bei der Verbrennung von Holz gleichfalls entsteht. Junge Artischocken kann man im Ganzen in einem Teigmantel frittieren.
Der Boden (das Artischockenherz) ist der köstlichste Teil der Artischocke, er ist zart schmelzend und trägt die wesentlichen Aromen der Pflanze. Eine Schüssel mit Ascorbinsäure bereitstellen, das obere Drittel der rohen Artischocke mit einem Kochmesser abschneiden. Mit einem Melonenlöffel das Heu herauskratzen. Den Stiel entsprechend abschneiden, die harte Schicht um den Boden parieren und die Böden ins Ascorbinwasser legen. Wenn alle fertig zubereitet sind, die Böden in Olivenöl, Wasser oder Wein schmoren, braten oder dünsten. Oder man zupft für Artischockenböden die Blätter im gekochten Zustand ab und kratzt das Heu aus dem Boden – das kann man, außer bei kleinen Artischocken (violets), nicht essen, da es sehr faserig und holzig ist. Die Artischockenböden je nach Größe halbieren oder vierteln.
Die rohen Böden kann man außerdem füllen. Will man gefüllte Artischocken im Ofen backen, 10 Minuten vorkochen, dann 15 Minuten bei 180 °C im Ofen backen. Oder man schmort die gefüllten Böden bei schwacher Hitze 30 Minuten in einem Weißweinsud.
Auch die ganzen Knospen lassen sich ausgezeichnet füllen. Dafür benötigt man möglichst große, kugelige Exemplare (zwischen 400 und 500 g). Den Stiel am Boden abschneiden und den Boden mit Zitronensaft bestreichen. Die kleinen, harten äußeren Blätter entfernen, bei den restlichen Blättern mit einer Schere die harten Spitzen sowie die Spitze der Artischocke abschneiden. Das Heu mit einem Löffel herauskratzen und die Knospe in Zitronenwasser legen. Wenn alle Knospen so vorbereitet wurden, in Salzwasser mit Zitronensaft 10 Minuten kochen, kopfüber abtropfen lassen, dann füllen und backen.
Besonders reizvoll (und ungewöhnlich) ist darüber hinaus das Garen von ganzen Artischocken in leicht feuchter Erde, vermengt mit (eigentlich zum Räuchern gedachten) Buchenspänen oder Eichenchips, oder für mehr harzige Anklänge mit Tannen- oder Fichtenholz bzw. -nadeln. Werden die Artischocken darin „vergraben“ und im Ofen bei 250 °C für 30 bis 40 Minuten gegart, ergibt sich ein wunderbar erdiges, holziges Aroma, das die harzig-holzigen Töne der Artischocken bestens hebt und ergänzt.
KOMBINATIONEN
Man kann bereits den Sud, in dem die Knospen gekocht werden, mit mediterranen Kräutern und mit Knoblauch und Schalotten oder Zwiebeln aromatisieren. Lorbeer und Rosmarin betonen die bitter wirkenden Aromen, Knoblauch und Zwiebeln ergänzen schwefelige Noten. Das Kochen mit Gewürznelken hebt die würzige Aromakomponente hervor; das Garen mit Anis, Sternanis oder Pastis geht in dieselbe Richtung. Gekochte Artischocken kann man mit Saucen und Dips anrichten. Besonders saure Noten vertragen Artischocken wegen ihrer Bitterkeit gut: Vinaigrette, Zitronenmayonnaise, einen Dip auf Joghurtbasis, eine Sauce Hollandaise, die leicht säuerlich abgeschmeckt ist, oder eine Aioli (mediterrane Knoblauchmayonnaise). Empfehlenswert ist kräftig gewürzter Tomatensugo: Er ist leicht säuerlich und bringt zusätzlich Süße und Umamigeschmack sowie Aromen (durch mediterrane Kräuter). Schärfe vertragen Artischocken ebenfalls, etwa durch Pfeffer, der den Trigeminusnerv mit Wärme bespielt. Auch trigeminale Kühle kommt der Artischocke entgegen: Sie lässt sich gut mit Minze erreichen, deren harzige und kräuterige Noten den grünen Grundton ergänzt. Die Kombination von Artischocken mit Olivenöl liegt wegen der deutlichen Aromaüberlappung der grünen Noten nahe, auch potenzieren sich dabei ähnliche Bitternoten zu einem wenig aufdringlichen, genussvollen „Bittererlebnis“. In Olivenöl, etwas Salz und sehr aromatischem Pfeffer gebratene oder geschmorte Artischockenböden sind eine köstliche Ergänzung eines Gemüsetellers. Zum klassischen italienischen Antipasto gehören gekochte, in Olivenöl und leicht säuerlich eingelegte Artischockenböden. Aufgrund der gemeinsamen bitteren Töne bieten sich ebenfalls Kombinationen mit Auberginen und grünem Paprika an.
Gekochte Artischocken lassen sich mit Anisschnaps flambieren und mit einer Emulsion aus Zitronensaft und Olivenöl übergossen servieren. Die Duftverwandtschaft mit Gurken lässt sich gut auf kalten Vorspeisentellern nutzen. Der hohe Anteil an fettig-wachsigen bis grünen Aromen legt weiterhin ein Garen bzw. Konfieren der Böden in Schmalz – besonders von Schwein und Gans – nahe. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls Kompositionen mit fettem Thunfisch, Schwertfisch, Makrelen oder Sardinen zu nennen. Wegen der deutlich pilzigen Anteile des Artischockenaromas lässt sich das Gemüse sehr gut mit Pilzcremes kombinieren. Reizvoll sind zum Beispiel Füllungen auf Pilz- und Parmesanbasis, die beide noch einen Schub in Richtung „umami“ bringen und den bitteren Geschmack um eine weitere Note ergänzen. Mit Käse überbackene Artischocken sind in der Türkei ein beliebtes Gericht. Als Begleiter passen sie gut zu Fisch und Lamm.
Für eine Artischocken-Füllung eignen sich außerdem angeschwitzter Knoblauch, Zwiebeln oder Lauch (hier werden schwefelige Aromen zugefügt, die der Artischocke weitgehend fehlen), ebenfalls angeschwitzte Möhren (sie ergänzen bzw. betonen die leichte Süße) sowie gerösteter Sellerie und gehackte Petersilie. Letztere unterstützen die herbalen, holzigen Noten, außerdem fügen sie würzige, erdige und die beim Anschwitzen entstehenden röstigen Noten bei, die der Artischocke fehlen. Damit die Artischocken füllen und bei 180 °C im Ofen 20 Minuten garen.
Eine klassische italienische Zubereitung, die auch in anderen Mittelmeerländern bekannt ist, sind Artischocken „alla romana“: Artischocken werden mit viel Knoblauch, Semmelbröseln, schwarzen Oliven und frischen Kräutern (u. a. Pfefferminze, Petersilie) gefüllt und in einem Gemüsefond im Ofen gegart. Dabei gehen der Knoblauch und die Kräuter mit den Bitterstoffen aus den Artischocken eine harmonische Verbindung ein.
Ungewöhnlich, aber sehr reizvoll ist nicht zuletzt die Kombination mit würzigem Honig, entweder als Vorspeise oder zwischen Hauptgang und Dessert, oder als Element bei Käsegängen (mit reifem Brie oder mittelaltem Alpenkäse). Dazu werden die gegarten Artischocken mit etwas Honig, eventuell Honigessig (alternativ Süßweinessig!) beträufelt. Honig unterstreicht die leichte Süße und ergänzt die Bitternoten wunderbar, und achtet man darauf, einen schön würzigen Honig zu nehmen, überlappen sich dessen aromatische Noten mit denen der Artischocken.
GESCHICHTE UND BOTANIK
Die Artischocke galt schon in der Antike als edles essbares Gemüse, Griechen und Römer nannten sie „scolymus“. In ägyptischen Pharaonengräbern hat man Abbildungen der Pflanze gefunden. Im Mittelalter wurde die Artischocke wegen ihrer medizinischen Wirkung geschätzt; 1473 wurde sie in Venedig als seltene Gartenpflanze ausgestellt, ab dem 18. Jahrhundert war sie eine teure kulinarische Spezialität an europäischen Höfen.
Ein Großteil der heute angebauten Artischocken wandert in bittere Aperitifs oder Magenbitterliköre. In Niederösterreich wird das Gemüse seit Neuestem kommerziell angebaut. In der Schweiz kultivieren Gemüsebauern die vorzügliche italienische Sorte Violette von Chiogga sogar auf 1400 Metern Seehöhe. In den Mittelmeerländern werden Artischocken in den Wintermonaten kultiviert und im Frühjahr geerntet. Bei uns wird außer bei den wenigen winterharten Sorten nur im Frühjahr gepflanzt und im Herbst geerntet – es sei denn, man hat die Möglichkeit, ein Gewächshaus zu nutzen.
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