2.5 Enger gefasst: Lernstörungen
Lernstörungen sind definitorisch wesentlich präziser gefasst als allgemeine Lernschwächen. Es gibt sowohl im DSM-5 als auch in ICD-10 und ICD-11 spezifische Kriterien, ab wann von einer Lernstörung gesprochen werden kann. Alle Klassifikationsmanuale zählen Probleme im Lesen und Leseverständnis, im schriftlichen Ausdruck und dem Rechtschreiben und in mathematischen Fähigkeiten zu den Lernstörungen (
Kap. 4und
Kap. 5). Die Probleme müssen bei Lernstörungen folglich anders als bei einer Lernbehinderung auf spezifische Funktionsbereiche begrenzt sein. Als allgemein akzeptiert gelten die folgenden (Ausschluss-)Kriterien (ICD-11, »6A03 Developmental learning disorder«):

Spezifische Lernstörungen sind Probleme beim Lesen, (Recht-)Schreiben oder arithmetische Fähigkeiten, die sich durch eine stark unterdurchschnittliche Leistung im Vergleich zu gleichaltrigen Personen auszeichnen, zu einer deutlichen Einschränkung im Erwerb akademischer Fähigkeiten oder im Beruf führen und nicht durch eine der folgenden Ursachen erklärt werden können:
• kognitive Minderbegabung,
• Sinnesbehinderungen im Bereich Sehen und/oder Hören,
• Störungen der Motorik und neurologische Störungen,
• mangelnde Beschulung,
• mangelnde Sprachbeherrschung in der Unterrichtssprache,
• schwierige psychosoziale Lebensumstände.
In Deutschland legen die beteiligten wissenschaftlichen Fachgesellschaften auf der Basis der Klassifikationsmanuale und des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands die genaueren Kriterien fest, wie eine Lernstörungen diagnostiziert wird, und sie empfehlen Behandlungsstrategien (DGKJP, 2015, 2018).

Schulischer Erfolg hat viele Voraussetzungen, sowohl auf individueller Ebene (kognitive Aspekte: Intelligenz, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeitssteuerung, Vorwissen, Lernregulation; affektive Aspekte: Motivation, lernbegleitende Emotionen), aber auch auf sozialer und institutioneller Ebene (Unterstützung durch Eltern und Lehrkräfte, sozialer Hintergrund etc.). Lernprobleme können ihren Ursprung in allen diesen Aspekten haben. Man unterscheidet übergreifende, dauerhafte Leistungsprobleme (= Lernbehinderung) und spezifische Lernprobleme (= Lernstörungen). Eine Abgrenzung von Lernproblemen zum normalen Leistungsbereich ist nicht einfach, da die Diagnosekriterien zum Teil nicht kohärent sind und die Grenzziehung auch immer diskutiert werden kann.

Wong, B. & Butler, D. L. (2012). Learning About Learning Disabilities. Amsterdam: Elsevier.
Gold, A. (2018). Lernschwierigkeiten: Ursachen, Diagnostik, Intervention. Stuttgart: Kohlhammer.
Hasselhorn, M. & Gold, A. (2013). Pädagogische Psychologie: Erfolgreiches Lernen und Lehren. Stuttgart: Kohlhammer.

Welche Bedingungen führen zu einem Ausschluss der Diagnose einer Lernstörung?
Die Leistung des Kindes weist einen Prozentrang von 25 auf.
Das Kind hat nicht nur Probleme im Rechnen, sondern auch in der Rechtschreibung.
Das Kind hat eine rasche Auffassungsgabe bei mündlichen Aufgabenstellungen, scheitert aber beim Lesen eines Textes.
Es liegen Sinnesbehinderungen vor.
Auf welche Weise unterscheiden sich Lernbehinderungen von Lernstörungen?
Eine Lernbehinderung wird nur dann diagnostiziert, wenn die Intelligenz mindestens im Normalbereich ist.
Lernstörungen beziehen sich auf Schwierigkeiten in eng umgrenzten Fähigkeitsbereichen wie dem Lesen, dem Schreiben und dem Rechnen, wohingegen eine Lernbehinderung umfassend ist.
Lernstörungen gehen schnell vorüber, Lernbehinderungen bleiben lange bestehen.
Lernbehinderungen betreffen Kinder aus schwierigen sozialen Milieus, Lernstörungen dagegen die soziale Mittel- und Oberschicht.
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