Ring the bell
That still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack in everything
That’s how
The light gets in.
Leonard Cohen: Anthem
Alexander Korittko
POSTTRAUMATISCHE BELASTUNG BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN
ERKENNEN, VERSTEHEN, LÖSEN
2021
Reihengestaltung und Satz: Nicola Graf, Freinsheim
Umschlaggestaltung und Umschlaggrafik: Nicola Graf, www.nicola-graf.com
Redaktion: Veronika Licher
Printed in Poland
Druck und Bindung: Dimograf Sp.z.o.o.
Erste Auflage, 2021
ISBN 978-3-8497-0382-0 (Printausgabe)
ISBN 978-3-8497-8271-9 (ePUB)
© 2021 Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg
Alle Rechte vorbehalten
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: www.carl-auer.de .
Wenn Sie Interesse an unseren monatlichen Nachrichten haben, können Sie dort auch den Newsletter abonnieren.
Carl-Auer Verlag GmbH
Vangerowstraße 14 · 69115 Heidelberg
Tel. +49 6221 6438-0 · Fax +49 6221 6438-22
info@carl-auer.de
VORWORT
1 POSTTRAUMATISCHE BELASTUNG ERKENNEN
Aus der Geschichte
Die posttraumatische Belastungsstörung
Nicht jedes Symptom ist ein Zeichen von Trauma
Akute Belastungsreaktion
Seelische Verletzungen
Nicht von schlechten Eltern
Resilienz – Gedeihen trotz Belastung
Trauma und Trauer
Bindungstraumata
2 POSTTRAUMATISCHE BELASTUNG VERSTEHEN
Wann zeigen sich Traumafolgestörungen?
Sich verbinden und entdecken
Das Fenster der Toleranz
Das Gehirn in der Hand
Körperliche Stressreaktionen
Der gute Grund im Dort und Damals
Kinder mit traumatisierten Eltern
Langzeitauswirkungen
3 POSTTRAUMATISCHE BELASTUNG LÖSEN
Auftakt
Was brauchen traumatisierte Kinder?
Nach einem Monotrauma
Schatzsuche mit Pippi Langstrumpf
Wertschätzende Gespräche
Traumaorientierte Pädagogik
Stabile Bezugspersonen
Dauerhaft sicherer Platz
Entspannung vermeiden
Auszeiten
Wiederkehrende Tagesstruktur
Dosierte Trauma-Berichte
Körperliche Distanz
Retraumatisierung vermeiden
Dosierte Leistungsanforderung
Erklärungen (Psychoedukation)
Keine Reinszinierungen
Trauer bewältigen
Trauma und Familie
Sexuelle Gewalt: Was können Sie als Eltern tun?
Bei Fremdunterbringung: Kontakt mit den leiblichen Eltern
Trauma-Therapie und Beratung
Tiergestützte Therapie
Trauma-Erzählgeschichten
Kinderbücher zum Trauma-Thema
ANHANG
Mögliche Symptome bei Traumatisierungen von Kindern und Jugendlichen (nach Altersgruppen geordnet)
ÜBER DEN AUTOR
Liebe Eltern,
dieses Buch soll über ein Phänomen informieren, das in aller Munde ist, über das aber vielfach keine Klarheit herrscht: Trauma und Traumafolgen, die sogenannte posttraumatische Belastungsstörung, in diesem Fall bei Kindern und Jugendlichen. An wen richtet sich dieses Buch? Vor allem an Sie, liebe Eltern, die Sie sich um Kinder und Jugendliche 7 Tage in der Woche 24 Stunden lang kümmern. Das schließt auch Pflegeeltern, Adoptiveltern, Pflegestellen-Eltern und Kinderdorf-Eltern mit ein sowie auch diejenigen, die als Lehrerinnen und Lehrer, als Erzieherinnen und Erzieher, als Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen Elternfunktionen wahrnehmen und Unterstützung dabei benötigen, die posttraumatische Belastungsstörung zu erkennen, zu verstehen, und die auch zu einer Lösung im Sinne des Kindes beitragen wollen.
Im ersten Kapitel beschreibe ich, was man heutzutage üblicherweise unter einem psychischen Trauma, einer Verletzung der Seele versteht und mit welchen Anzeichen sich eine Traumafolgestörung zeigt. Damit deutlicher wird, dass diese Verhaltensweisen teilweise auch zu ganz normalen Entwicklungen von Kindern gehören, sind hier einige Beispiele dazu nachzulesen. Das ist eben das Schwierige beim Trauma-Thema: Einerseits können Traumata Folgen für das gesamte Leben von Menschen haben; das ist durch ausreichende Forschung nachgewiesen. Andererseits müssen wir uns davor schützen, jede kleine Alltagsbelastung mit dem Traumabegriff zu etikettieren. Deswegen lesen Sie in diesem Kapitel auch etwas über Widerstandskräfte gegen Traumafolgen, über Resilienz. Auch der Gleichzeitigkeit von Trauma und Trauer ist ein Absatz gewidmet. Ganz kommen wir aber nicht darum herum, uns auch mit den Traumatisierungen zu befassen, die die weitreichendsten Folgen haben, mit Bindungstraumatisierungen. Hierbei ist es mir wichtig zu betonen, dass es keine schlechten Eltern gibt, die sich vornehmen, ihre Kinder zu schädigen, sondern dass hinter dem, was wir als problematisches Elternverhalten erleben, in den allermeisten Fällen eine Abfolge von Überforderung, erlittener Gewalt und Vernachlässigung über Generationen steht. Ich schreibe dieses Buch in Zeiten der Corona-Pandemie, in denen davon ausgegangen werden muss, dass nicht alle Familien den Luxus genießen können, in großen Wohnungen mit ausreichend Ausweichmöglichkeiten die ungewohnte Nähe aller Familienmitglieder und den damit verbundenen Stress abzupuffern. Wegen finanzieller Not, geringer emotionaler Reserven und vielerlei anderer Stress- und Risikofaktoren erleben sich manche Familien auch ohne Pandemie in einer permanenten Ausnahmesituation.
Im zweiten Kapitel möchte ich Ihnen helfen, mehr von der Dynamik von Trauma und Traumafolgen zu verstehen. Dazu gehört, dass ein Trauma auf Emotionen, Gedanken, den Körper und das Verhalten von Menschen Einfluss haben kann. Ich lade Sie zu einem Exkurs in die Bindungsforschung und die Neurobiologie ein. Anhand eines anschaulichen Modells erkläre ich, wie unser Gehirn funktioniert und wie es in traumagefährdeten Situationen die Notfall-Reaktionen des Körpers in Gang setzt. Sie werden etwas über das Stammhirn, das limbische System und die Großhirnrinde erfahren, die drei Ebenen des Gehirns, die perfekt darauf abgestimmt sind, auf die wesentlichen Reize, die wir aus der Umwelt wahrnehmen, zu reagieren. Ist die Situation sicher oder unsicher? Entsteht Gefahr? Entsteht Lebensgefahr? Dauert die Gefahr lange an? Sie erfahren auch, wie es kommt, dass ein Mensch, der an eine Gefahr erinnert wird, genau so reagiert, als sei er wieder in Gefahr. Ein anderer Teil dieses Kapitels erklärt den guten Grund von zerstörerischem oder selbstzerstörerischem Verhalten als Folge von Traumatisierungen. Es sind Verhaltensweisen in der Vergangenheit des »Dort und Damals« entstanden, die in Not und Gefahr wirklich sinnvoll waren, die jedoch im »Hier und Jetzt« der Gegenwart äußerst problematisch werden können. Was als Ressource entwickelt wurde, quält später im Alltag. Ein kurzer Absatz schildert Beispiele von Kindern, die mit traumatisierten Eltern zusammenleben. Und am Ende dieses Kapitels mache ich Sie noch mit einigen Forschungsergebnissen bekannt.
Читать дальше