Dies ist eine sehr allgemeine Charakterisierung. Diese Zielsetzung kann je nach dem speziellen Wissenschaftsverständnis und Tätigkeitsbereich unterschiedlich akzentuiert sein. So kann der Schwerpunkt psychologischer Tätigkeit auf
Akzentuierungen
der möglichst differenzierten Beschreibung des psychischen Geschehens bzw. sozialen Verhaltens,
dem Erklären von Verhaltensweisen,
dem Verstehen von Verhaltensweisen,
dem Erstellen von Prognosen zukünftigen Verhaltens,
dem Entwickeln von Maßnahmen der Veränderung
liegen.
Erinnern wir uns noch einmal an die Aufgaben der Alltagstheorien. Mit Hilfe seiner Alltagstheorien orientiert sich das Individuum in sozialen Situationen, schätzt die weitere Entwicklung ab und handelt dementsprechend.
Man kann nun leicht erkennen, dass die Aufgaben des Alltags und die der Wissenschaft sich entsprechen. So gesehen, gibt es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Alltagstheorien und den Theorien in der Wissenschaft. Der Unterschied liegt eher im methodischen Vorgehen und im Geltungsbereich.
Je nachdem, welcher der dargestellten Aufgabenbereiche schwerpunktmäßig bearbeitet wird, lassen sich drei Typen psychologisch-wissenschaftlicher Forschung unterscheiden:
Forschungstypen
Beschreibende (deskriptive) Forschung: Wie sieht Realität aus?
Hypothesen-(Theorien-)prüfende Forschung: Warum ist das so?
Wirkungs-(Entwicklungs-)Forschung: Wie kann sie verändert werden?
beschreibend
Die deskriptive Forschung ist Grundlage jeglicher psychologischen Forschung überhaupt. Ohne sie kann es keine hypothesenprüfende Forschung und auch keine Entwicklungsforschung geben. Wir müssen jedoch feststellen, dass wir in vielen Bereichen der sozialen Realität über Beschreibungen nicht hinausgekommen sind, ja, dass wir häufig nicht einmal über genügend differenzierte Beschreibungen verfügen.
hypothesenprüfend
In der hypothesenprüfenden Forschung wird versucht, diejenigen Regeln zu entdecken, mit deren Hilfe wir die beschriebene Realität erklären könnten. Nicht ganz korrekt lässt sich dieser Typ von Forschung als Grundlagenforschung bezeichnen. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen neigen manchmal dazu, die hypothesenprüfende Forschung als die wissenschaftliche Tätigkeit überhaupt zu bewerten. Aufgestellte Theorien müssen sich bewähren und zumindest potentiell zur Realitätsbewältigung beitragen. Sonst werden sie für die soziale Realität bedeutungslos.
anwendend/entwickelnd
Die Entwicklungsforschung dagegen wird nicht selten von Berufspraktikern hoch geschätzt. Sie unterliegen dem Druck, kurzfristig konkrete Aufgaben erledigen zu müssen. Dazu erwarten sie konkrete Hilfe und vergessen allzu leicht, dass Entwicklungsforschung ohne hypothesenprüfende Forschung langfristig nicht möglich ist. Sie erschöpfte sich sonst in »blindem« Aktionismus.
Tagtäglich kommen wir als Einzelpersonen in unserer sozialen Welt nur zurecht, weil wir uns orientieren, Entwicklungen abschätzen und dementsprechend handeln. In gleicher Weise wird die Psychologie als Wissenschaft nur dann im Dienste der Menschen stehen, wenn im aktiven Forschungsprozess alle drei Forschungstypen gefördert werden. Es besteht somit keinerlei Veranlassung, die beschriebenen Forschungstypen unterschiedlich zu bewerten. Jeder ist, auf seine Art, gleichermaßen notwendig und legitim.
Mit was beschäftigt sich die Psychologie nun aber inhaltlich? Etwas anschaulicher wird das Bild von der Wissenschaft Psychologie, wenn man ihre Aufgliederung in Teilgebiete betrachtet.
2.2.2. Teilgebiete der Psychologie
Wenngleich eine klare Trennung zwischen Teilgebieten nicht immer möglich ist, kann eine entsprechende Aufteilung ein Mindestmaß an Orientierung bieten und so einen weiteren Einstieg in die Psychologie erleichtern. Bei der Aufteilung der einzelnen Gebiete kann unterschieden werden in solche, deren Bearbeitung relativ unabhängig von der gesellschaftlichen Situation erfolgt (Grundprinzipien des Lernens können beispielsweise unabhängig von den sozialen Bezügen der Menschen außerhalb der menschlichen Gesellschaft an Ratten oder Tauben untersucht werden) und in solche Gebiete, deren Bearbeitung in Abhängigkeit von konkreten gesellschaftlichen Situationen geschieht (beispielsweise lassen sich die Wirkungen von Fließbandarbeit nur untersuchen und sind nur ein Problem, wenn Fließbandarbeit existiert). Zuweilen werden diese unterschiedlichen Gebiete auch als Grundlagen- bzw. Anwendungsbereiche bezeichnet.
In diesem Sinne sind Grundlagengebiete: Allgemeine Psychologie einschließlich Forschungsmethodik, Differenzielle Psychologie, Entwicklungspsychologie und Sozialpsychologie. Anwendungsgebiete sind z. B.: Arbeits- und Organisationspsychologie, Klinische Psychologie oder Pädagogische Psychologie.
Grundlagen
Die Allgemeine Psychologie hat das zum Forschungsgegenstand, was für alle Individuen zutrifft. Sie sucht nach allgemeinen Prinzipien, Regeln oder Gesetzmäßigkeiten psychischer Prozesse. Ihre wichtigsten Forschungsfelder sind Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis, Denken, Motivation und Emotion. Die Entwicklung von Forschungsmethoden kann ebenfalls dem Aufgabenbereich der Allgemeinen Psychologie zugeordnet werden.
Die Differenzielle Psychologie kann als Gegenstück zur Allgemeinen Psychologie beschrieben werden. Sie untersucht die Unterschiede zwischen Personen und versucht, diese zu erklären. Ein damit zusammenhängendes Arbeitsgebiet ist die psychologische Diagnostik.
Die Entwicklungspsychologie beschreibt und erklärt die Entwicklung von Menschen. Sie fragt danach, wie einzelne Funktionen (z. B. das Denken), Merkmale der Person (z. B. die Intelligenz) oder einzelne Verhaltensaspekte (z. B. hilfreiches Verhalten) sich im Laufe des Lebens verändern. Eine häufige Beschreibungsform ist die nach Lebensabschnitten. So entsteht eine Psychologie des Kleinkindes, des Kindes, des Jugendlichen, des Erwachsenen und des alten Menschen.
Die Sozialpsychologie hat das Verhalten und Erleben von Personen in ihren sozialen Beziehungen zum Gegenstand. Sie fragt nach der gegenseitigen Beeinflussung der Menschen untereinander.
Anwendungen
Die Arbeits- und Organisationspsychologie beschäftigt sich mit allen Fragen des Arbeits- und Berufslebens (z. B. Berufseignung oder optimale Gestaltung des Arbeitsplatzes) sowie den Einflüssen von Strukturen und Organisationsformen in Betrieben und Behörden auf den Einzelnen.
Die Pädagogische Psychologie umfasst den Problembereich des Erziehens und Unterrichtens in Familien und Institutionen.
Die Klinische Psychologie ist dasjenige Teilgebiet, das sich mit den Störungen des Verhaltens und Erlebens befasst. Sie wird beispielsweise in der Arbeit von Psychotherapeuten, Ehe- oder Familienberatern sichtbar.
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