47 b) Pflichtbeiträge (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Beiträge (nur die Arbeitnehmerbeiträge), die gesetzlich zu Sozialversicherungen wie Kranken‑, Pflege‑, Renten‑, Unfall- und Arbeitslosenversicherungebenso zur Künstlersozialversicherung zu leisten sind sowie die nach dem Gesetz über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) und nach dem Handwerkerversicherungsgesetz (HWVG) zu zahlenden Beträge sind vom Einkommen abzuziehen.
Freiwillige Beiträge fallen unter § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII.
48 c) Versicherungsbeiträge (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII).Zunächst sind gesetzlich vorgeschriebene Beiträgein Abzug zu bringen. Dies sind z. B. Prämien für die Kfz-Haftpflichtversicherung, wenn ein Pkw für den Rechtsuchenden notwendig ist 223oder auch Prämien zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Auch gesetzlich nicht vorgeschriebene Beiträgekönnen im Einzelfall abgesetzt werden, soweit diese nach Grund und Höhe angemessensind und/oder einer angemessenen Altersvorsorge dienen. Die Angemessenheit derartiger nicht vorgeschriebener Versicherungen ist nach objektiven Kriterienzu beurteilen, ausgehend von einem durchschnittlichen Bedarf üblicher und notwendiger Vorkehrungen gegen die Risiken des täglichen Lebens, subjektivbetrachtet in der konkreten Situation des Rechtsuchenden. Die Aufwendungen sind dann zu berücksichtigen, wenn durch die Versicherung existenzbedrohende Schäden abgewehrt werden sollen und die Prämien hierfür auch angemessen sind. 224
Es darf letztlich nicht die Allgemeinheit zur Zahlung der Versicherungsprämien des Rechtsuchenden herangezogen werden, nur weil dieser überversichert ist. Zu beachten ist hier jedoch, dass gerade Rechtsuchende mit geringem oder keinen Einkommen oftmals nicht in der Lage sind, Risikovorsorge zu treffen und daher erst recht auf einen gewissen Versicherungsschutz angewiesen sind.
Die Beiträge sind nur dann abzuziehen, wenn sie auch tatsächlich aus dem Einkommen des Rechtsuchenden entrichtet werden.
Sofern die Versicherungsverträge erst nach Beginn der Beratungshilfebzw. Antragstellung abgeschlossen worden sind, sind die entsprechenden Prämien hierfür nicht zu berücksichtigen. 225
Der Begriff „ ähnliche Einrichtungen“ in § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII besagt, dass es auf die Bezeichnung „Versicherung“ dabei nicht ankommt. Daher fallen auch Sterbegeldkassen oder ähnliche Einrichtungen hierunter.
Grundsätzlich sind somit nur Versicherungen mit Vorsorgecharakter in angemessenem Umfang als besondere Aufwendungen zu berücksichtigen.
Die Versicherungen müssen zur Absicherung typischer Risiken des Alltags erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll und dem Grund und der Höhe nach angemessen sein, d. h. zur Abdeckung von Risiken, für die jeder Bürger in der Regel Vorsorge betreibt.
Zusammengefasstist daher zu prüfen, ob die Absicherung aus der Sicht eines vernünftig Vorausplanenden in den konkreten Rechtsverhältnissen des Rechtsuchenden ohne überzogenes Sicherheitsbedürfnis ratsam erscheint und dies mit vertretbaren Belastungen einhergeht.
49Folgende Beiträge sind unter Berücksichtigung der dargelegten Punkte als abzugsfähig anerkannt worden: 226
– für Ausbildungsversicherungen(als besondere Form der kapitalbildenden Lebensversicherung); 227
– für die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung; 228
– für eine übliche Haftpflichtversicherung; 229
– für eine angemessene Sterbegeldversicherung; 230diese treten zunehmend an die Stelle einer gesetzlichen Rente;
– für Krankenhaustagegeldversicherungsoweit angemessen z. B. bei Selbstständigen wegen Lohnersatzfunktion; 231
– für eine Hagelversicherungfür Landwirte; 232
– für eine Haftpflichtversicherungfür Pkw, soweit Nutzung erforderlichist; 233die Erforderlichkeit kann auch aufgrund einer Gehbehinderung(Merkzeichen aG und G) beruhen; 234auch die Prämie für eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligungist abzugsfähig, wenn der Kaufpreis vollumfänglich finanziert wurde; 235liegen keine besonderen Gründe vor und werden keine sozialhilferechtlich anerkannten Zwecke verfolgt (z. B. die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht zumutbar), ist diese nicht zu berücksichtigen; 236
– für die private Kranken- und Betriebsausfallversicherung, private Kranken-Zusatzversicherung, 237 Rechtsschutzversicherung(sofern diese z. B. aufgrund Erwerbstätigkeit für den Rechtsuchenden erforderlich ist) 238und Hausratsversicherungen; 239
– für Gebäudehaftpflichtversicherung(für Hauseigentümer) 240und Feuerversicherung;
– für Glasbruchversicherung; 241nur diejenigen für den Rechtsuchenden, nicht jedoch für ein volljähriges Kind des Rechtsuchenden; 242
– für eine Berufsunfähigkeitsversicherung; 243
– für private Unfallversicherung; 244
– für Lebens - oder Rentenversicherung, die zur Altersvorsorge dienen:
– wenn diese angemessen und sachgerechtsind, können die Beiträge berücksichtigt werden. 245Im Hinblick auf die Entwicklung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherungen und des allgemein niedrigen Zinsniveaus sind auch bei Arbeitnehmern private Altersvorsorgeversicherungen üblicher geworden;
– bei mehreren vorliegenden Versicherungen ist nur der Beitrag für eine Versicherungberücksichtigungsfähig; 246
– dient die Lebensversicherung dagegen nur zur reinen Kapitalbildung, kann keine Absetzungder Beiträge erfolgen; 247
– ist der Rechtsuchende bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert und dient die Lebensversicherung daher nur zur Ansammlung zusätzlichen Kapitals, kann ebenfalls keine Absetzung der Prämien erfolgen; 248
– ein Abzug für Kapitallebensversicherungsprämienist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn es sich dabei um Prämien im Rahmen eines staatlich geförderten Sparplans zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung handelt; 249
– Beiträge für eine Lebensversicherung der Kinder: keine Absetzung; 250
– Ferner sind staatlich geförderte Altersvorsorgebeträge gem. § 82 EStGabzuziehen ( Riester-Rente). 251Diese sind bis zum Höchstbetrag nach § 86 EStGabsetzbar. 252Die Verwertung von Vermögen, das aus solchen Beiträgen gebildet wurde, ist unzumutbar.
50Dagegen sind z. B. folgende Beiträge nicht abziehbar:
– für eine Direkt-Versicherung(der Abzug erfolgt direkt vom Bruttolohn);
– für eine reine Risikolebensversicherung 253(allgemeine Risikoabsicherung, daher keine Anrechnung);
– für eine Tierhaftpflichtversicherung(es sei denn, eine außergewöhnliche Notwendigkeit der Tierhaltung liegt vor, z. B. Blindenhund); 254
– für eine Tier-Krankenversicherung;
– für eine private Zahnzusatzversicherung;255
– für die Kaskoversicherung: 256
– für eine Verkehrsrechtsschutzversicherung;
– für eine Auslandskrankenversicherung; 257
– für eine Auslandsreisekrankenversicherungdes volljährigen und in Ausbildung befindlichen Kindes. 258
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