38aDie Verpflegung in einem Sanatoriumkann zum Einkommen zählen. 192
39 Geldwerte Vorteile, z. B. die dauerhafte Überlassung eines Firmenwagens, freie Unterkunft und freie Verpflegungsind ebenfalls zu verwerten, sofern hierin ein Einkommenszufluss zu sehen ist. Dabei können die Werte der Sozialversicherungsentgeltverordnung 193herangezogen werden. Gezahltes Kostgeld ist hiervon in Abzug zu bringen. 194Sachbezüge sind auch trotz eines aus der Gehaltsbescheinigung ersichtlichen Abzugs einkommenserhöhend zu berücksichtigen, wenn sie zusätzliches Einkommen sind und nicht bloß ein Äquivalent für verauslagte Aufwendungen darstellen. 195
40 Steuererstattungensind im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs dann nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um einen geringen Betrag handelt, der einmalig anfällt. Bei größeren Beträgen ist auf 12 Monate aufzuteilen. 196
Wurde durch den Rechtsuchenden eine ungünstige Steuerklasse gewählt (z. B. V, wenn Ehegatte in III veranlagt ist), dann muss er sich den Ausgleichsanspruch gegen den Ehegatten anrechnen lassen; die Wahl der Steuerklasse darf letztlich nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen. 197Die Wahl der Steuerklasse V indiziert jedoch nicht per se einen Rechtsmissbrauch. 198
41 Freiberufler und Gewerbetreibendekönnen ihr Einkommen mit einer Einnahmenüberschussrechnung für das Vorjahr belegen. 199Diese braucht auch nicht um eine solche für die ersten Monate des laufenden Jahres ergänzt zu werden. Grundsätzlich ist zwar der Gewinn maßgebend, zu berücksichtigen sind jedoch auch Abschreibungen und zeitliche Verschiebungen sowie schlüssig dargelegte Gewinnrückgänge oder Gewinnsteigerungen. 200Der Steuerbescheid (max. aus dem Vor-Vor-Jahr) ist ebenfalls vorzulegen. Ebenso können entsprechende Kontonachweise vorzulegen sein.
Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen ergeben lediglich Anhaltspunkte, die sich aber ggfs. durch den Lebenszuschnitt des Rechtsuchenden (z. B. Wohnung, Hauspersonal, Zweitwagen, kostenaufwendiger Lebensstil) korrigieren lassen. Das zu versteuernde Einkommen und die Gewinn- und Verlustrechnung müssen dabei in sich stimmig sein. Die Vorlage einer Steuerberaterbescheinigung, die negative Einkünfte ausweist, reicht allein nicht aus. 201
42Auch das aus Erwerbstätigkeit herrührende Einkommen eines Strafgefangenen, wenn dieser in der JVA arbeitet, ist einzusetzendes Einkommen.
43 Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung bzw. Verpachtung(vermindert um die notwendigen Ausgaben bis zur Höhe der Einnahmen) 202sind Einkünfte (soweit diese nicht fest zur Schuldenregulierung abgetreten oder verpfändet ist; für die Nichtberücksichtigung ist eine bloße Verplanung hingegen nicht ausreichend). 203
Zinseinkünfte aus angelegtem Schmerzensgeldsind ebenfalls Einkommen. 204
Ebenso sind die im Zusammenhang mit der Nutzung eines Nießbrauchsrechtserzielten Bruttoeinnahmen als Vermietungseinkünfte zu berücksichtigen. 205
44Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben dagegen einige Leistungen unberücksichtigt:
– Beihilfen, sie dienen nur dem Ausgleich bereits entstandener Kosten; 206
– Bettelgabenbis 50,00 EURO;
– BVG- Grundrenten 207(z. B. Berufsschadensausfallrente) und Sozialleistungen für Aufwendungen infolge von Körper- und Gesundheitsschäden (analog § 1610a BGB); Grundrente nach OEG ( Opferentschädigungsgesetz); 208
– Renten und Kapitalentschädigungen nach dem Contergan-Stiftungsgesetz; 209
– Darlehen und Beihilfenfür evakuierte Vertriebene, ehemalige Kriegsgefangeneund Häftlinge gem. §§ 12 BVG, 9a HHG;
– Elterngeldbis zur Höhe von monatlich 300,00 EURO(§ 10 Abs. 2 BEEG); vergleichbare Leistungen nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften; 210
– Essensmarken und Essenszuschüsse des Arbeitgebers;
– Familiengeldbis zur Höhe von monatlich 300,00 EURO– dient der Förderung frühkindlicher Betreuung des Kindes (nur Bayern); 211
– Kindesunterhaltist kein Einkommen eines Ehegatten gem. § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO; 212
– Leistungen für Kindererziehunggem. §§ 294 SGB VI, 299 SGB VI; 213
– Leistungen aus der Pflegeversicherungbei Pflegebedürftigen gem. § 13 Abs. 5 S. 1 SGB XI 214(weder für den Pflegebedürftigen noch für den Pflegenden);
– gem. § 13 Abs. 6 SGB XI weitergeleitetes Pflegegeld i. S. d. § 37 SGB XI; 215
– Sozialleistungen für Aufwendungen infolge von Körper- und Gesundheitsschäden i. S. d. § 1610a BGBwerden zum Einkommen hinzugerechnet, aber danach Aufwendungen in gleicher Höhe wieder abgezogen. Es wird vermutet, dass die Aufwendungen für solche Schäden nicht geringer als die dafür gezahlten Sozialleistungen sind. Die Vermutung der Richtigkeit lässt sich im Bewilligungsverfahren der Beratungshilfe kaum angreifen. Zur Vereinfachung sind diese gleich nicht zu berücksichtigen; 216
– Zuschuss des Arbeitgebers auf vermögenswirksame Leistungen; 217
– Vorsorgeunterhalt i. S. d. § 1578 Abs. 2 und 3 BGB(Kosten einer Kranken- oder Altersversicherung, Ausbildungs- und Fortbildungskosten); 218
– Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, von Stiftungen oder von Dritten (§ 84 SGB XII), z. B. humanitäre Soforthilfe der AIDS-Stiftung oder Geschenke von Angehörigen.
4.Sonderfall Insolvenzverfahren
45Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrensüber das Vermögen des Rechtsuchenden schließt nicht automatisch aus, dass diesem ein Einkommen zur Verfügung steht, welches zu Ratenzahlungen gem. § 115 ZPO verpflichtet und demnach einen Anspruch auf Beratungshilfe ausschließt. 219
Zwar geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Rechtsuchenden auf den Insolvenzverwalter über, jedoch steht dem Rechtsuchenden u. U. weiterhin ein monatlich unpfändbares Arbeitseinkommen zur Verfügung, welches zur Ratenverpflichtung führen kann und nach Abzug von abzusetzenden Beträgen auch zum Bestreiten von Prozesskosten eingesetzt werden kann.
Einfluss hat das Insolvenzverfahren lediglich, als tatsächlich an den Treuhänder geleistete Beträge zur Bedienung der Insolvenzmasse als Belastung i. S. d. § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO zu berücksichtigen sind. 220
III.Abzüge vom Einkommen
1.Abzüge gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO
46Gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO sind von dem ermittelten Einkommen bestimmte Beträge abzuziehen. Dieser verweist auf die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge.
a) Steuern (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII).Die Vorschrift gestattet nur die Absetzung von Steuern auf das Einkommen.
Abzusetzen sind daher tatsächlich entrichtete Einkommens‑, Lohn‑, Kirchen‑, Gewerbesteuer 221sowie Solidaritätszuschlag. Es gilt hier insoweit das Tatsächlichkeitsprinzip. Die Wahl der Steuerklasse V indiziert jedoch nicht per se einen Rechtsmissbrauch. 222Ebenso sind Steuervorauszahlungen abzuziehen. Die erst voraussichtlich anfallenden Steuern können nicht abgesetzt werden.
Dagegen sind Umsatz- und Erbschaftssteuer nicht abzuziehen, da diese auf das Vermögen und nicht auf das Einkommen entrichtet werden.
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