125. Auf diese Nachricht kann Cyrus darüber, wie er die Perser auf die klügste Art zum Abfall bereden könne. Bei feinem Nachsinnen fand er es so am schicklichsten; und nun machte er's also: Er schrieb in einen Brief, was er wollte, hielt eine Versammlung der Perser, entfaltete hierauf den Brief, las ihn und gab an, Astyages ernenne ihn zum Heerführer der Perser: "Jetzt also - ließ er sich weiter vernehmen - sey euch, ihr Perser, von mir angesagt, daß Jeder sich mit einer Sichel stelle." Dieses entbot ihnen Cyrus. Die Perser sind aber stark an Stämmen; und Diejenigen von ihnen, welche Cyrus versammelte und zum Abfall von den Mediern überredete, sind folgende, von welchen die Andern allesammt abhängen: Pasargaden, Maraphier und Maspier. Davon sind die Pasargaden die Ersten; unter Diesen aber ist das Geschlecht der Achämeniden, wovon auch die Persischen Könige gekommen sind. Andere Perser sind Diese: Panthialäer, Derusiäer, Germanier; alle Diese sind Feldbauer, die Uebrigen Nomaden, nämlich: Daër, Mardier, Dropiker und Sagartier.
126. Es war aber im Persischen ein Feld voller Dornen, bis auf achtzehn oder zwanzig Stadien an jeder Seite; als sich nun Alle mit dem besagten Geräth eingestellt hatten, kündigte ihnen Cyrus an, dieses Feld sollten sie an einem Tag urbar machen. Und als die Perser, das aufgetragene Geschäft vollbracht hatten, kündigte ihnen Cyrus zum andern an, am folgenden Tag sollen sich alle gebadet einstellen. Da versammelte Cyrus die Ziegen- und Schafheerden und das Rindvieh, Alles, was sein Vater hatte, auf einem Fleck, schlachtete und richtete es zu, um damit das Perservolk zu empfangen; so wie mit Wein und den besten Speisen. Als nun am folgenden Tag die Perser kamen, ließ er sie auf der Wiese sich lagern und gab ihnen einen Schmaus. Nachdem sie aber vom Mahle aufgestanden waren, fragte sie Cyrus, ob wohl, was sie am vorigen Tage hatten, oder das Gegenwärtige ihnen wünschenswerther sey? Darauf sprachen sie: Das sey ein großer Abstand. Denn am vorhergehenden Tag hätten sie nichts als Schlimmes gehabt, und am gegenwärtigen nichts als Gutes. Dieses Port ergriff Cyrus und deckte ihnen die ganze Sache auf, indem er sagte: "Persische Männer, so seyd ihr dran. Wollt ihr nun mir folgen, so habt ihr Solches und tausendfältig anderes Gute, und dabei gar keine Knechtsarbeit; wollt ihr aber mir nicht folgen, so habt ihr mühsame Arbeiten, so wie die gestrige, in Unzahl. So folgt mir also, und werdet frei. Denn ich selbst bin wohl durch göttliche Schickung dazu geboren, Dieses in meine Hand zu bekommen; wie ich auch dafür halte, daß ihr um Nichts schlechter seyd, als die Medischen Männer, weder sonst, noch im Kriege. Ist nun dem also, so fallet gleich von Astyages ab."
127. Jetzt hatten also die Perser einen Anführer gewonnen; und da es ihnen schon längst ein Arges war, von den Mediern beherrscht zu werden, machten sie gerne sich frei. Als aber Astyages hörte, Das habe Cyrus im Werk, sandte er einen Boten, um ihn zu berufen. Cyrus gab dem Boten zur Gegenbotschaft auf, er wolle früher zu Astyages kommen, als es Diesem selbst recht seyn werde. Auf diese Antwort bewaffnete Astyages die Medier insgesammt, und zu ihrem Feldherrn - so war er von Gott geschlagen - ernannte er den Harpagus, ganz vergessend, Was er ihm gethan hatte. Und als im Felde die Medier mit den Persern zusammengeriethen, wehrten sich Einige, die da nicht mit im Spiele was sey, Andere aber gingen über zu den Persern; die Meisten hielten sich absichtlich schlecht und flohen.
(Astyages gefangen, 550 vor Chr.)
128. Als das Medische Heer so schimpflich aufgelöst war und Astyages es vernahm, stieß er sogleich über Cyrus die Drohung aus: "Und doch soll Cyrus auch so nicht froh werden!" Mehr sprach er nicht; und nun war sein Erstes, daß er jene Traumdeuter aus den Magiern, die ihn zu dem Entschluß gebracht hatten, den Cyrus zu entlassen, auf Pfähle spießen ließ. Hierauf waffnete er die Medier, die in der Stadt zurückgeblieben waren, jung und alt; führte sie dann hinaus, stieß mit den Persern zusammen und unterlag; und Astyages wurde selbst lebendig gefangen, und verlor die Medier, die er hinausgeführt hatte.
129. Und jetzt, da er Kriegsgefangener war, stellte sich Harpagus vor Astyages hin, verlachte und verhöhnte ihn, und sagte ihm allerlei schmerzhafte Reden in's Gesicht, darunter auch die Frage: "wie sich zu seiner Bewirthung, wobei ihm Astyages das Fleisch seines Sohnes aufgetischt, die jetzige Knechtschaft des ehemaligen Königs verhalte?". Der sah ihn an mit der Gegenfrage: "ob er sich des Cyrus Wert zueigne?" Und Harpagus sagte: "Er habe geschrieben, und so sey Alles in Wahrheit sein Werk." Da nannte ihn Astyages den allerungeschicktesten und ungerechtesten Menschen; den ungeschicktesten, wenn er, selbst im Stande, König zu werden, da ja durch ihn Dieß Alles bewirkt worden, einem Andern die Macht überliefert habe; den ungerechtesten aber, weil er um jenes Mahles willen die Medier in Knechtschaft gebracht. Denn wenn es einmal durchaus nöthig war, daß er einem Andern das Königreich überliefere, und es nicht selbst behalte, so wäre es eher gerecht gewesen, auf einen Medier dieses Glück überzutragen, als auf einen Perser. Nun aber seyen gerade die Medier, ohne alle Schuld an der Sache, Knechte aus Herren geworden, und die Perser, die ehemaligen Knechte der Medier, seyen nun die Herren.
130. So wurde denn Astyages, nachdem er an fünfunddreißig Jahre König gewesen, des Königthums entsetzt, und die Medier beugten sich, um seiner Härte willen, unter die Perser, nachdem sie Affen jenseits des Halysstromes an hundert und achtundzwanzig Jahre beherrscht hatten, ausgenommen die Dauer der Scythenherrschaft. In späterer Zeit kam sie zwar Reue an, Das gethan zu haben, und sie fielen auch von Darius ab; aber sie wurden da in einer Schlacht besiegt, und wieder unterjocht. Damals nun, unter Astyages, standen die Perser mit Cyrus gegen die Medier auf, und seitdem herrschten sie über Asien. Den Astyages aber behielt Cyrus, ohne ihm sonst ein Leid zu thun, bei sich, bis an sein Ende. Also ward Cyrus nach solcher Geburt und Erziehung König, und unterwarf sich nach Diesem den Krösus, der mit Unrecht angefangen hatte, wie Das früherhin von mir gesagt worden ist. Und nach seiner Unterwerfung herrschte er denn über ganz Asien.
131. Von den Persern aber sind mir folgende Bräuche bekannt: Götterbilder, Tempel und Altäre zu errichten, haben sie so gar nicht im Brauch, daß sie vielmehr Denen, die Das thun, Thorheit vorwerfen; wie mir scheint, weil sie nicht mit den Hellenen dafür halten, daß die Götter menschenartig seyen. Dagegen ist bei ihnen Brauch, dem Zeus auf den höchsten Gipfeln der Berge Opfer darzubringen, wobei sie den ganzen Himmelkreis als Zeus anrufen. Auch opfern sie der Sonne und dem Mond, der Erde, dem Feuer, dem Wasser und den Winden. Und diesen allein opfern sie von Alters her. Außerdem aber haben sie angenommen, daß sie der (Aphrodite) Urania opfern, und zwar von den Assyriern und Arabern. Der Name der Aphrodite ist aber bei den Assyriern Mylitta, bei den Arabern Alitta, und bei den Persern Mitra.
132. Die Opferung haben die Perser bei den besagten. Göttern also bestellt: sie errichten weder Altäre, noch machen sie zum Behuf des Opfere ein Feuer an, haben auch keine Trankopfer im Gebrauch, keine Flöten, Kränge oder heilige Gerste; sondern Wer einem jener Götter opfern will, führt das Thier an eine reine Stätte und ruft den Gott an, meist mit einem Myrthenkranze um den Kopfbund. Indessen kommt es dem Opfernden nicht zu, für sich allein um Gutes zu flehen; vielmehr betet er, daß es allen Persern und dem König wohl gehen möge; und da ist unter den sämmtlichen Persern auch er selbst begriffen. Hat er nun das Opferthier in Stücke zertheilt und das Fleisch gekocht, so streut er das zarteste Gras, meist Klee, unter, und legt alles Fleisch darauf. Wenn er's aber auseinander gelegt hat, singt ihm zur Seite ein Magier, als Weihelied, eine Götterschöpfung; das sey nämlich, sagen sie, ihr Weihegesang; und ohne einen solchen Magier zu opfern, ist nicht Brauch bei ihnen. Noch steht der Opfernde eine Weile; dann trägt er das Fleisch nach Haus, und braucht es nach Gutdünken.
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