11Im Anschluss daran folgt die sogenannte Wertungsphase, die in vier Wertungsstufen erfolgt: Im ersten Schritt erfolgt die formale Angebotsprüfung (1. Wertungsstufe, §§ 16 und 16a VOB/A). Mangelhafte, das heißt beispielsweise nicht form- oder fristgerecht eingegangene oder (trotz An- oder Nachforderung) unvollständige Angebote, werden ausgeschlossen. In einem zweiten Schritt wird die Eignung der Bieter, das heißt deren Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, geprüft, nicht geeignete Bieter werden ebenfalls ausgeschlossen (2. Wertungsstufe, §§ 16b, 6 bis 6b VOB/A). Danach hat die Vergabestelle die Vorgaben nach § 16c VOB/A zu prüfen, das heißt die Angebote sind auf Einhaltung der gestellten Anforderungen, insbesondere in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen (3. Wertungsstufe). Die verbleibenden Angebote sind auf die Angemessenheit des Angebotspreises zu überprüfen, § 16d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VOB/A. Nach § 16b Abs. 2 VOB/A ist es nunmehr auch möglich, die Angebotsprüfung der Eignungsprüfung vorzuziehen. Dies dürfte sich insbesondere dann anbieten, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium oder die Eignungsprüfung aufwendig ist.
Die Vergabestelle hat schließlich alle letztendlich verbleibenden Angebote gemäß § 16d Abs. 1 Nr. 5, 6, 7 VOB/A anhand der Zuschlagskriterien miteinander zu vergleichen und somit das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln, auf das der Zuschlag erteilt wird (4. Wertungsstufe, § 16 d Abs. 1 Nr. 4). Die bekannt gemachten Zuschlagskriterien dürfen nicht verändert werden. Die Vergabestelle ist hieran gebunden. Ist der niedrigste Preis einziges Zuschlagskriterium, so ist dieser entscheidend. Dies gilt auch dann, wenn überhaupt kein Zuschlagskriterium angegeben worden ist. 8
12Das Vergabeverfahren endet entweder mit der Erteilung des Zuschlages (§ 18 VOB/A) auf das wirtschaftlichste Angebot bzw. auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis (§ 16d Abs. 1 Nr. 4 VOB/A) sowie der Benachrichtigung der Bieter (§ 19 VOB/A) oder mit der Aufhebung der Ausschreibung (§ 17 Abs. 1 VOB/A). 9
13Von der Angebotsöffnung bis zur Zuschlagserteilung darf der Auftraggeber über den Angebotsinhalt Aufklärung vom Bieter verlangen (§ 15 Abs. 1 VOB/A), wobei allerdings zu beachten ist, dass Verhandlungen sowohl über den Angebotsinhalt als auch über den Angebotspreis nur in den engen Grenzen des § 15 Abs. 3 VOB/A (in Hinblick auf Nebenangebote sowie Angebote aufgrund eines Leistungsprogramms) zulässig sind.
II.Die Beschränkte Ausschreibung, § 3 Satz 1 Nr. 2 VOB/A
14Die Beschränkte Ausschreibung ist ein Vergabeverfahren, bei dem die Vergabe einer Bauleistung nach zuvor erfolgter Aufforderung einer begrenzten Zahl von Unternehmen zur Abgabe von Angeboten erfolgt. Die Beschränkte Ausschreibung ist also ein zweistufiges Verfahren. Die erste Stufe umfasst entweder die Auftragsbekanntmachung eines Teilnahmewettbewerbs (§ 12 VOB/A) oder eine vom Auftraggeber selbst durchgeführte (formfreie) Auswahl von im Sinne der §§ 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 VOB/A geeigneten Unternehmen.
Die zweite Stufe beginnt mit der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten durch geeignete Unternehmen. Dieser Verfahrensteil entspricht im weiteren Verlauf den Regeln der Öffentlichen Ausschreibung. Die Unternehmen, die am Teilnahmewettbewerb auf der ersten Stufe teilnehmen, werden als „Bewerber“ und auf der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens mit der Abgabe ihres Angebotes als „Bieter“ bezeichnet. Ebenso wie bei der Öffentlichen Ausschreibung darf der Auftraggeber auch bei der Beschränkten Ausschreibung mit den Bietern über den Angebotsinhalt und den Angebotspreis nur in den engen Grenzen des § 15 Abs. 3 VOB/A verhandeln. Die Gründe für die Wahl der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb hat der öffentliche Auftraggeber zu dokumentieren, § 20 Abs. 1 Nr. 9 VOB/A. Die Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb entspricht oberhalb der EU-Schwellenwerte dem nicht offenen Verfahren.
1.Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
15Der Teilnahmewettbewerb dient auf der ersten Stufe dazu, geeignete Unternehmen (§§ 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 Satz 1 VOB/A) zu finden, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden sollen. Durch die Auftragsbekanntmachung gemäß § 12 Abs. 2 VOB/A wird der Teilnahmewettbewerb eingeleitet. Dadurch wird gewährleistet, dass zunächst eine Vielzahl von Unternehmen die Möglichkeit erhält, an dem Vergabeverfahren teilzunehmen. Dem Wettbewerbsgebot (§ 2 Abs. 1 VOB/A) wird dadurch Rechnung getragen, weil der Bewerberkreis unbeschränkt ist, wobei der öffentliche Auftraggeber nunmehr nach § 3b Abs. 2 Satz 4 VOB/A die Möglichkeit hat, die Bewerberzahl zu begrenzen. Der Auftraggeber darf Unternehmen auf den Teilnahmewettbewerb hinweisen, jedoch keine Unternehmen zur Angebotsabgabe auffordern, die sich nicht an dem Teilnahmewettbewerb beteiligt haben und deren Eignung er somit vorab nicht prüfen konnte. 10
16Interessierte Unternehmen können einen Teilnahmeantrag einreichen, um ihre Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, § 6a Abs. 1 VOB/A) für die nachgefragte Bauleistung nachzuweisen. Der Auftraggeber prüft die eingegangenen Teilnahmeanträge zunächst unter formalen Gesichtspunkten, d. h. ob die in der Auftragsbekanntmachung geforderten Eignungsnachweise vorliegen (§§ 6a, 6b Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 VOB/A, zu beachten ist nunmehr der neu eingefügte Abs. 3). Es überrascht nicht, dass auch im 1. Abschnitt der VOB/A keine durchgängige und umfassende Regelung über den Umgang mit fehlerhaften Teilnahmeanträgen existiert, denn die §§ 16, 16a VOB/A sind insoweit inhaltsgleich, als sie ausschließlich die Vorschriften über das Nachfordern von in Angeboten fehlenden Unterlagen für Teilnahmeanträge entsprechend anwendbar erklären. Dennoch sind auch im 1. Abschnitt der VOB/A Teilnahmeanträge, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, sowie trotz An- oder Nachforderung unvollständige Teilnahmeanträge auszuschließen. Ob dies aus einer Analogie zu § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A oder unmittelbar aus den vergaberechtlichen Grundsätzen des § 2 VOB/A folgt, kann offenbleiben. Dass der deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen den Ausschluss mangelnder Teilnahmeanträge voraussetzt, ergibt sich aus § 19 Abs. 2 VOB/A, wonach Bewerbern, deren Bewerbung nicht berücksichtigt wurde, auf ihr Verlangen hin die Gründe für die Nichtberücksichtigung mitzuteilen sind. Im Übrigen wird hierzu auf die Kommentierung von § 3b EU VOB/A Rn. 13 verwiesen.
17Im Anschluss daran folgt die Eignungsprüfung in materieller Hinsicht, das heißt, der Auftraggeber prüft, ob die jeweils formulierten Eignungsanforderungen inhaltlich durch die geforderten Eignungsnachweise belegt werden können, §§ 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 VOB/A unter Beachtung von § 6b Abs. 3 VOB/A. Die im Rahmen des Teilnahmewettbewerbes vorgezogene und vorzunehmende umfassende Eignungsprüfung entspricht also der im Rahmen der Öffentlichen Ausschreibung vorzunehmenden Prüfung. Nach § 3b Abs. 2 VOB/A sollen bei der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb mindestens fünf geeignete Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Sind weniger als fünf Bewerber geeignet, so kann das Verfahren dennoch fortgesetzt werden. 11Hat die Eignungsprüfung jedoch ergeben, dass mehrere Bewerber geeignet sind, so ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, alle geeigneten Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern. 12Die Bewerber haben keinen Anspruch darauf, zur Angebotsabgabe aufgefordert zu werden. 13Da es sich bei der Eignungsprüfung um eine Prognoseentscheidung handelt (geprüft wird, ob ein Unternehmen Gewähr dafür bietet, den Auftrag einwandfrei erfüllen zu können) steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Allerdings muss der öffentliche Auftraggeber diesen Beurteilungsspielraum nach objektiven und diskriminierungsfreien Kriterien ausfüllen. Der Auftraggeber muss unter allen geeigneten Bewerbern diejenigen ermitteln, die nach seiner Prognose besser als die übrigen zur Auftragsdurchführung geeignet sind und hat dazu die nach § 6a Abs. 2 VOB/A verlangten Unterlagen auszuwerten. 14Der Auftraggeber hat die Eignungsprüfung und das Ergebnis dieser zu dokumentieren (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A), insbesondere muss er schriftlich fixieren, welche Kriterien für seine Entscheidung maßgeblich waren.
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