18Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe beginnt die zweite Stufe des Vergabeverfahrens. Diese entspricht den Regeln der Öffentlichen Ausschreibung (siehe oben, Rn. 9 ff.), wobei zu beachten ist, dass die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung entfällt, da diese bereits erfolgt ist. Haben sich jedoch neue Erkenntnisse hinsichtlich der Eignung der Bewerber ergeben, so muss der Auftraggeber diese berücksichtigen (§§ 2 Abs. 3, 16b Abs. 3 VOB/A), denn die Eignung ist zwingende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt des Zuschlages vorliegen. Liegt eine zuvor festgestellte Eignung zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr vor, sind diese Bieter zwingend vom weiteren Verfahren auszuschließen. Die endgültige Auswahlentscheidung hat der Auftraggeber ebenfalls zu dokumentieren, § 20 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A.
2.Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
19Auch hier erfolgt auf der ersten Stufe eine Auswahl geeigneter Bewerber, wobei die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen hierfür keine Formvorschriften vorsieht. Zumindest dürfte der Auftraggeber jedoch an die Vergabegrundsätze gebunden sein. Auch wenn bei der Beschränkten Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb davon auszugehen ist, dass der Auftraggeber die betreffenden Unternehmen kennt, muss die Eignungsprüfung jedoch genauso umfassend sein wie bei der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb, denn Aufträge dürfen nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen, die über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen, vergeben werden, §§ 2 Abs. 3, 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 VOB/A. Eine davon abweichende Auswahl ist willkürlich. Darüber hinaus hat der Auftraggeber § 3b Abs. 3 VOB/A zu beachten. Danach sollen im Allgemeinen mindestens drei geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und nach § 3b Abs. 4 VOB/A soll unter den Unternehmen möglichst gewechselt werden.
20Die zweite Stufe dieses Vergabeverfahrens beginnt ebenfalls wieder mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe und gleicht dem Verfahren der Beschränkten Ausschreibung nach Teilnahmewettbewerb bzw. dem der Öffentlichen Ausschreibung, wobei auch hier wiederum zu beachten ist, dass die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung nicht noch einmal vorgenommen wird. Gleichwohl hat der Auftraggeber bei veränderter Tatsachenlage hinsichtlich der Eignung diese zu berücksichtigen, § 16b Abs. 3 VOB/A. Auf die Ausführungen zu der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb unter Rn. 13 ff. wird verwiesen.
III.Die Freihändige Vergabe, § 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A
21Die Freihändige Vergabe von Bauleistungen erfolgt ohne ein förmliches Verfahren, an dem auch nur eine begrenzte Zahl von Bietern teilnimmt. Der Auftraggeber geht unmittelbar auf von ihm ausgewählte Unternehmen zu, um die von ihm nachgefragte Bauleistung erwerben zu können, sei es unmittelbar durch Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zunächst nur zu Verhandlungen. Dabei steht ihm hinsichtlich des „Erwerbsweges“, also der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der allerdings seine Grenzen in den vergaberechtlichen Grundsätzen (Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlungsgebot und Verhältnismäßigkeit) findet, was nunmehr durch die Formulierung „in einem vereinfachten Verfahren“ in § 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A zum Ausdruck kommt. Im Übrigen darf der Auftraggeber den Zuschlag auch bei der Freihändigen Vergabe nur an ein geeignetes Unternehmen erteilen (§§ 2 Abs. 3, 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 VOB/A). Zudem soll der Auftraggeber unter den Unternehmen möglichst wechseln, § 3b Abs. 4 VOB/A. Die Eignungsprüfung erfolgt hier wie bei der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (siehe oben, Rn. 19). Auch hier gilt, dass die Eignung vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe feststehen und zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung immer noch (zwingend) vorliegen muss.
22§ 3a Abs. 3 VOB/A definiert, unter welchen Voraussetzungen die Freihändige Vergabe zulässig ist. Die Vorschrift ist auch im Zusammenhang mit dem Zusatz „in einem vereinfachten Verfahren“ wenig geeignet, dieses besonders flexible Instrument der Freihändigen Vergabe und die damit einhergehende maximale Einschränkung des Wettbewerbes einzuhegen. Zum einen ermöglichen die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die überwiegend anhand unbestimmter (Rechts-)Begriffe beschrieben werden, dem öffentlichen Auftraggeber einen weiten Handlungsspielraum. Zum anderen sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht abschließend formuliert („besonders“).
23Bei der Anwendung wird der Auftraggeber stets zu berücksichtigen haben, dass die Freihändige Vergabe in dem Maße Abweichungen von den Vorgaben der Vergabe- und Vertragsordnung zulässt, in dem diese durch den jeweiligen Grund für die Wahl dieses Verfahrens gerechtfertigt sind. Dies folgt unmittelbar aus den Vergabegrundsätzen des § 2 VOB/A, deren Ausgestaltung die übrigen Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen dienen, und die nach allgemeiner Meinung auch im Rahmen der Freihändigen Vergabe zu beachten sind. 15Beispielsweise kann eine diskriminierungsfreie und transparente Freihändige Vergabe nur gelingen, wenn der öffentliche Auftraggeber die Bauleistung gemäß § 7 Abs. 1 VOB/A eindeutig und so erschöpfend beschreibt, dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinn verstehen müssen. Wählt der öffentliche Auftraggeber die Freihändige Vergabe, weil eine dieser Regelung entsprechende Leistungsbeschreibung nicht möglich und daher in einer Öffentlichen oder Beschränkten Ausschreibung keine hinreichend vergleichbaren Angebote erwartet werden können (§ 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A), kann er von § 7 Abs. 1 VOB/A abweichen, soweit dies erforderlich ist, das heißt, soweit die Unmöglichkeit der Leistungsbeschreibung reicht. Wird die Freihändige Vergabe dagegen gewählt, weil aus besonderen Gründen nur ein Unternehmen in Betracht kommt (§ 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VOB/A), rechtfertigt dies – schon im Hinblick auf den mit diesem Unternehmen zu schließenden Vertrag – keinesfalls das Abweichen von der Regelung des § 7 Abs. 1 VOB/A.
24Anders als im Bereich des Oberschwellenvergaberecht, darf der Auftraggeber Bestandteile einzelner Verfahren kombinieren: Beispielsweise steht es ihm frei, einen vorherigen öffentlichen Teilnahmewettbewerb durchzuführen, Verhandlungen durchzuführen, deren Gegenstand er selbst bestimmt, Fristen festzulegen, den Bieterkreis sukzessive zu verkleinern, auch frei über die Preise zu verhandeln. Zu beachten ist allerdings, dass der Auftraggeber an den von ihm vorgegebenen Ablauf einschließlich der von ihm aufgestellten Regeln, gebunden ist (Selbstbindung). Aus dem Transparenzgebot folgt schließlich auch, dass alle wesentlichen Verfahrensschritte und die daraus resultierenden Entscheidungen, unter anderem auch hinsichtlich der Wertung und der getroffenen Auswahl, zu dokumentieren sind. 16Abgesehen davon, hat der Auftraggeber die Gründe für die Wahl der Freihändigen Vergabe gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 VOB/A zu dokumentieren.
§ 3a VOB/AZulässigkeitsvoraussetzungen
(1) 1Dem Auftraggeber stehen nach seiner Wahl die Öffentliche Ausschreibung und die Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb zur Verfügung. 2Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies nach den Absätzen zwei und drei gestattet ist.
(2) Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb kann erfolgen,
1. bis zu folgendem Auftragswert der Bauleistung ohne Umsatzsteuer 1:
a) 50 000 Euro für Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung,
b) 150 000 Euro für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau,
c) 100 000 Euro für alle übrigen Gewerke,
2. wenn eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb kein annehmbares Ergebnis gehabt hat,
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