Vollständige eBook-Ausgabe der im Copress Verlag
erschienenen Printausgabe (5., erweitere Neuauflage; ISBN 978-3-7679-1198-7).
Erstmals erschienen 2014
unter dem Titel „Stretching anatomy. Second Edition“
bei Human Kinetics
www.humankinetics.com
Copyright © 2014, 2007 by Arnold G. Nelson and Jouko Kokkonen
© 2015 der deutschen Ausgabe:
Copress Verlag in der
Stiebner Verlag GmbH
www.copress.de
Übersetzung aus dem Englischen: Margit Ritzka
Redaktion(Printausgabe): Julia Niehaus, Berlin
Satz (Printausgabe): Dirk Brauns, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch darf nur nach vorheriger
schriftlicher Zustimmung des Copyright-Inhabers vollständig
bzw. teilweise vervielfältigt, in einem Datenerfassungssystem
gespeichert oder mit elektronischen bzw. mechanischen Hilfsmitteln,
Fotokopierern oder Aufzeichnungsgeräten bzw. anderweitig
weiterverbreitet werden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
ISBN 978-3-7679-2033-0
Grafikdesign (Printausgabe Originalfassung): Fred Starbird
Grafikerin (Printausgabe Originalfassung): Julie L. Denzer
Umschlaggestaltung: Pierre Sick
Art Manager: Kelly Hendren
Illustrationen: Jen Gibas (Umschlag)
und Molly Borman (Innenteil)
INHALT
Einleitung
KAPITEL 1HALS
KAPITEL 2SCHULTERN, RÜCKEN UND BRUST
KAPITEL 3ARME, HANDEGELENKE UND HÄNDE
KAPITEL 4UNTERER RUMPF
KAPITEL 5HÜFTE
KAPITEL 6KNIE UND OBERSCHENKEL
KAPITEL 7FÜßE UND WADEN
KAPITEL 8DYNAMISCHES STRETCHING
KAPITEL 9STRETCHINGPROGRAMME
Übungsübersicht
Über die Autoren
EINLEITUNG
Beweglichkeit gehört zur Fitness unbedingt dazu. Leider haben zu viele Fitnessprogramme ihre Schwerpunkte anderswo und legen wenig oder sogar gar keinen Wert darauf. Während fast jeder die positiven Auswirkungen von regelmäßigem Ausdauer- oder Krafttraining kennt, weiß kaum jemand, wie wichtig bewegliche Gelenke und regelmäßige Dehnübungen für die Gesundheit sind. So kann Stretching bei Arthritis helfen. Besonders im Frühstadium der Erkrankung schonen Arthritis-Patienten häufig die betroffenen Gelenke. Das kann zwar die Beschwerden vorübergehend lindern, hat aber einen Nachteil: Wenn man ein Gelenk nicht bewegt, versteifen sich Muskeln und Bänder und die Muskeln können sich verkürzen und verspannen. Das führt zu einem permanenten Verlust an Mobilität und zu starken Einschränkungen im Alltag. Außerdem verbrennt man umso weniger Kalorien, je weniger man sich bewegt, und jedes Gramm zusätzliches Gewicht belastet die Gelenke noch mehr. Fitnessexperten empfehlen Arthritis-Patienten daher dringend, alle größeren Muskelgruppen täglich zu dehnen und dabei Gelenken mit eingeschränkter Beweglichkeit etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Muskeln und Gelenke profitieren von einer guten Beweglichkeit. Sie hilft, Verletzungen und Muskelkater vorzubeugen und verbessert die Leistungsfähigkeit beim Sport und im Alltag. Besonders gilt das, wenn die sportlichen Aktivitäten – sei es eine Partie Golf zur Entspannung oder ein schweißtreibendes Basketballspiel am Wochenende – mehr als vier Tage auseinanderliegen. Eine verbesserte Beweglichkeit kann die Lebensqualität und die Selbstständigkeit im Alter erhöhen. Wer jeden Tag mehrere Stunden fast bewegungslos in derselben Position verbringt, etwa am Computer, leidet häufig unter einer Versteifung der Gelenke. Das fixiert die dabei eingenommene Fehlhaltung unter Umständen regelrecht. Eine gute Beweglichkeit hält die Muskeln elastisch und steigert den Spielraum der Gelenke. Die Bewegungen werden flüssiger. Selbst eine einfache Tätigkeit wie das Vorbeugen, um sich die Schuhe zuzubinden, fällt so leichter.
Stretching reduziert die Anfälligkeit für Muskelkrämpfe, vor allem für nächtliche Krämpfe in den Beinen. Diese können viele Ursachen haben: zu viel Training, Muskelüberlastung, langes Stehen auf hartem Untergrund, Plattfüße, zu langes Sitzen, eine ungünstige Schlafposition, einen Mangel an Kalium, Kalzium oder anderen Mineralstoffen, Dehydrierung, bestimmte Medikamente wie Psychopharmaka, die Antibabypille, Entwässerungsmittel, Statine und Steroide, oder auch Diabetes oder eine Schilddrüsenerkrankung. Ein elastischer Muskel neigt jedoch grundsätzlich weniger zu Krämpfen, und ein akuter Krampf lässt sich durch Stretching lindern. Interessanterweise zeigen aktuelle Studien, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes ihren Blutzuckerspiegel durch täglich 30 bis 40 Minuten Stretching kontrollieren können. Es gibt also viele gute Gründe, Stretching zur täglichen Gewohnheit zu machen.
Wie viel Stretching ist gut? Nicht wenige überspringen diesen wichtigen Teil ihres Fitnessprogramms komplett. Andere beschränken sich auf sehr kurze Übungseinheiten, hauptsächlich für die unteren Extremitäten. Meist dauert das gesamte Stretching nicht länger als 5 Minuten, und keine Muskelgruppe wird dabei länger als 15 Sekunden gedehnt. Sogar im Sport spielt das Dehnen im Training nur eine untergeordnete Rolle. Ein Sportler dehnt seine Muskeln vermutlich nur darum etwas häufiger, weil das zu seinem Aufwärmprogramm gehört. Nach dem Training dagegen sind Sportler häufig entweder zu müde, oder nehmen sich einfach nicht die Zeit. Stretching kann im Sport sowohl beim Warm-up als auch zum Cool-down durchgeführt werden. Allerdings ist das Stretching zum Aufwärmen mittlerweile umstritten. Dehnungen unmittelbar vor einem Wettkampf können die sportliche Leistung beeinträchtigen, vor allem, wenn sie länger als 30 Sekunden gehalten werden. Darum sollten im Aufwärmprogramm nur kurze Intervalle eingebaut werden. Übungen zur langfristigen Verbesserung der Beweglichkeit sollten in der Abkühlphase durchgeführt werden.
ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE DES STRETCHINGS
Muskeln wie der Bizeps sind komplexe Organe aus Nerven, Blutgefäßen, Sehnen, Faszien und Muskelzellen. Nervenzellen (Neuronen) und Muskelzellen sind elektrisch geladen. Das Ruhemembranpotenzial ist negativ und liegt normalerweise bei –70 mV. Neuronen und Muskelzellen werden aktiviert, wenn sich ihre elektrische Ladung ändert. Elektrische Signale können nicht von einer Zelle zur anderen springen. Daher verständigen sich Neuronen untereinander und mit Muskelzellen, indem sie spezielle Chemikalien freisetzen, sogenannte Neurotransmitter. Durch diese gelangen positiv geladene Natrium-Ionen in die Zellen. Sie machen das Ruhepotenzial positiver. Sobald es einen bestimmten Schwellenwert erreicht (normalerweise –62 mV), wird die Zelle erregt bzw. aktiv. Ein aktiviertes Neuron setzt seinerseits Neurotransmitter frei, um weitere Nervenzellen zu aktivieren, und diese sorgen letztlich dafür, dass sich aktivierte Muskelzellen zusammenziehen.
Außer bei der Aktivierung ändert sich das Membranpotenzial bei der sogenannten Bahnung sowie bei der Hemmung. Bei der Bahnung steigt es leicht über den Ausgangswert, bleibt aber unterhalb des Schwellenwerts. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Schwellenwert bei einer späteren Neurotransmitterladung überschritten wird. Das erhöht die Chance, dass das betreffende Neuron feuert und die Zielzelle aktiviert. Bei der Hemmung sinkt das Ruhemembranpotenzial unter den Ausgangswert. So verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass beim nächsten Mal die Schwelle für die Aktivierung erreicht und die Zielzelle aktiviert wird.
Читать дальше