Woran liegt das?
Zum einen an der Tatsache, dass das Verlassen eintrainierter und überkommener Verhaltensweisen schwer ist. Zum anderen daran, dass in der politischen Wahrnehmung Zusammenarbeit oft als politische Unfähigkeit oder Schwäche fehlinterpretiert wird. Zum Dritten, dass keiner etwas aufgeben und als Verlierer dastehen will.
Zum Vierten, dass die Partner einer möglichen Zusammenarbeit wirtschaftlich oder finanziell zu unterschiedlich strukturiert sind.
In den aller meisten Fällen lässt sich ein Scheitern oder Nichtverfolgen kommunaler Partnerschaften aber immer darauf zurückführen, dass die politischen Akteure, seien es die Bürgermeister, die Stadträte oder die Bürger selbst nicht miteinander können oder wollen.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass interkommunale Zusammenarbeit von vorneherein eine Todgeburt oder ein Placebo wäre, das sich auf den Bau von Radwegen oder gemeinsame Kulturveranstaltungen beschränkt! Kommunale Zusammenarbeit kann im Sinne der Bürger viel erreichen. Aber der Boden muss bereitet werden. Das ist schwer und braucht einen sehr langen Atem. Kommunale Zusammenarbeit funktioniert vor allem dort, wo die Akteure sie wollen. Kommunale Zusammenarbeit funktioniert, wo für die Beteiligten Win-win-Situationen entstehen.
Der Staat hat längst erkannt, dass Allianzen bestimmte Aufgaben schneller und besser und billiger für die Bürger erbringen können. Das ist auch der Grund, warum in vielen Förderprogrammen mittlerweile ein Sonderbonus, also mehr Geld gewährt wird, wenn ein Projekt als interkommunales umgesetzt wird.
4.5IT in der Kommunalverwaltung
Die digitale Gesellschaft macht nicht vor den Toren der Kommunalverwaltung halt. Es ist einer der herausragenden change management Prozesse, der den Gemeinden bevorsteht. Gemeint ist der Sprung ins digitale Zeitalter. Dabei geht es nicht um die Transformation analoger in digitale Arbeitsprozesse. Die digitale Verwaltung der Zukunft muss völlig neu gedacht und strukturiert werden und es wird zu Systembrüchen kommen, wenn Entscheidungsprozesse tatsächlich digital stattfinden.
Das beginnt bei so einfachen Dingen wie der eindeutigen Identifizierung von Antragstellern im elektronischen Verfahren, betrifft sichere Signaturen und sichere Datenverarbeitung. Einer der größten Fallstricke sind die höchst unterschiedlichen und z.T. inkompatiblen Verarbeitungssysteme, die aktuell genutzt werden. Die Kehrseite des Föderalismus ist unsere Vielteiligkeit, ist das Problem, dass es anders als in Dänemark oder Litauen eben keine einheitlich und zentral gesteuerten Vorgaben für eine landeseinheitliche DV-Struktur gibt. So erklärt sich auch, dass die Industrienation Deutschland im Bereich der digitalen Transformation einen schlechten Platz im hinteren Drittel der europäischen Länder einnimmt.
Im Bereich der Kommunalverwaltung ist es schwer, aktuell Empfehlungen auszusprechen, denn die Umstellungen sind teuer und auf das falsche Pferd ist mangels einheitlicher Normierung schnell gesetzt. Es bleibt daher strategisch abzuwarten, ob die Arbeitsergebnisse des E-Government-Pakts und Online-Zugangsgesetzeszu eindeutigen Handlungsempfehlungen führen.
Was jede Kommune allerdings tun kann, ist den Boden zu bereiten. Die Datenschutzgrundverordnungumzusetzen, die Mitarbeiter auf die anstehenden Veränderungen hinzuweisen, sie zu ertüchtigen, mit den neuen Prozessen umgehen zu können.
E-Government, also die elektronische Verwaltung, die zur Beschleunigung und Rationalisierung komplexer Abläufe beitragen soll, aber auch dem Bürger Wege ersparen möchte, verlangt z. T. nach neuen Strukturen überörtlicher Zusammenarbeit.
So wurde gerade im kreisangehörigen Bereich erkannt, dass in vielen Fällen eine auf die eigene Kommune beschränkte „Insellösung“ wenig Sinn ergibt und ein erhebliches Kostenpotenzial vermieden werden kann, wenn eine einheitliche DV-Struktur auf Landkreisebene unter Einbeziehung aller Kommunen angestrebt wird.
In den Landkreisen Kelheim und Cham wurden in Zusammenarbeit mit allen Gemeinden am Landratsamt EDV-Stabsstellen eingerichtet und eine Intranetplattform für unterschiedlichste Bereiche geschaffen. Gerade im Bereich der Geo-Informationssysteme (GIS) hat sich diese Struktur bewährt. Ein einheitliches Zugangsportal für künftige Nutzer wird zudem sicherstellen, dass die notwendige Einheitlichkeit interener Prozessabläufe und die erforderliche Datensicherheit gewährleistet sind. Ein Zentralrechner, eine zentrale Firewall, ein Administrator, ein einheitliches Anwendungssystem garantiert die gemeinde- und landkreisübergreifende funktionierende DV-Struktur. Die Kosten werden im Verhältnis der Einwohner nach Vorabzug des Landkreisanteils von den Kommunen aufgebracht bzw. über die Kreisumlage gedeckt.
Derzeit wird intensiv über eine Verschlankung verschiedener Verwaltungsbereiche diskutiert. Zentrales Personenstandswesen und Standesamt, zentrale Realsteuer- oder Personalstellen sind in der Lage, personelle und damit kostentechnische Synergien zu heben. Voraussetzung ist aber auch hier eine überörtliche funktionierende EDV-Plattform, die im modernen Informationszeitalter – leider – noch nicht überall vorhanden ist.
5.Das Verhältnis Staat – Kommunen
Staat und Kommune als Gebietskörperschaften haben wir bereits kennen gelernt. Im Folgenden erklären wir, welche genaue Rolle die Kommunen im Staatsgefüge spielen.
Bürgerin Meier geht ins Einwohnermeldeamt und holt dort den von ihr bestellten Pass ab.
In Art. 73 I Nr. 3 Grundgesetz finden wir, dass für das Passwesen ausschließlich der Bund (= die Bundesrepublik Deutschland) als Gesetzgeber zuständig ist. Aber dennoch wird die Gemeinde tätig. Dies rührt daher, dass die Verfassung (das Grundgesetz) eine Aufgabenverteilung zwischen Bund, Land und Gemeinde vorsieht.
5.1Bund, Länder und Kommunen im System der Gewaltenteilung
Die deutsche Verfassung sichert – ebenso wie die bayerische – die Funktionsfähigkeit unseres demokratischen Staatssystems u. a. durch die sog. Gewaltenteilung .Legislative (= Gesetzgebung), Exekutive (= Verwaltung) und Judikative (= Rechtsprechung) sind verschiedenen Zuständigkeiten zugeordnet, mit dem Ziel, dass sich die jeweiligen Träger der Staatsgewalt gegenseitig kontrollieren. So überwachen die Gerichte die Rechtmäßigkeit von Gesetzen, die das Parlament erlässt. Das Parlament wiederum überwacht kraft Petitionsrecht, ob die Regierung und Verwaltung rechtmäßig handelt usw.
Kommunen und Gewaltenteilung
Wohin gehören die Kommunen in diesem Gefüge der Gewalten?
Kommunen erlassen Satzungen, etwa Gebührensatzungen oder Bauleitpläne. Dies spricht für eine Einordnung in den Bereich der Gesetzgebung. Andererseits kann etwa der Bürgermeister Ordnungsverfahren durchführen und dabei Geldbußen verhängen. Ist die Gemeinde deshalb Teil der Rechtsprechung?
Die überwiegende Tätigkeit der Kommune und ihrer Entscheidungsorgane (z. B. Bürgermeister und Gemeinderat) ist Anwendung und Vollzug von Gesetzen. Die Kommunen und auch ihre Organe sind deshalb wesentlicher Teil der vollziehenden Gewalt, d. h. Teil der Exekutive.
Dabei werden die Kommunen sowohl aus eigener Kompetenz oder Zuständigkeit tätig (insbesondere im angestammten Selbstverwaltungsbereich) oder kraft gesetzlich übertragener Kompetenz, wie z. B. im Passwesen: Hier wird die Gemeinde für Bund und Land zur Erfüllung einer bundesgesetzlich geregelten Aufgabe tätig. Die Kommunen sind also mehr als bloße Erfüllungsgehilfen des Staates, sie sind wesentliche und selbstständige Fundamente unserer demokratischen Staatsform.
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