Beispiel: Einrichtung und Unterhaltung von Krankenhäusern
Die Bezirke haben gemäß Art. 1 BezO die Aufgabe, überörtliche Angelegenheiten, die über die Zuständigkeit und das Leistungsvermögen der Landkreise und kreisfreien Gemeinden hinausgehen und deren Bedeutung über das Gebiet des Bezirks nicht hinausreicht, selbst zu ordnen und zu verwalten.
Beispiel: Bezirkskrankenhäuser
Alle drei Gebietskörperschaften verfügen über demokratisch legitimierte Organe, haben aber im Vergleich zu Bund und Land keine Staatsqualität. Daraus folgt, dass die Tätigkeit der Gebietskörperschaften auf die vollziehende Gewalt beschränkt ist. Gemeinderat, Kreistag und Bezirkstag sind also keine Parlamente und keine Rechtsprechungsorgane, sondern Exekutivorgane! (vgl. Teil 3 Kapitel 3.1.3)
4.Die kommunale Zusammenarbeit
Sie werden sich in ihrer Arbeit zwangsläufig mit Effizienz und Benchmarking befassen müssen. So sehr ihre Tätigkeit auch ortsbezogen ist. Der Blick über den Tellerrrand ist hilfreich und wird Sie bald mit den verschiedensten Möglichkeiten interkommunaler Arbeit konfrontieren.
4.1Kommunale Zusammenarbeit – was ist das?
Jede Kommune kann frei entscheiden, wie sie ihre Aufgaben wahrnimmt. Ob sie mit einer kommunalen Gesellschaft privatrechtlich handelt oder sich Dritter bedient kann sie selbst entscheiden. Stichworte sind Privatisierungund Outsourcing.Auch Mischformen sind möglich.
Falls die Frage einer echten Privatisierung oder einer Aufgabenübertragung an Dritte wirklich ansteht, lohnt die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers. Der stellt die finanziellen Vor- und Nachteile zusammen und garantiert dadurch eine optimale Entscheidungsgrundlage.
Kommunale Zusammenarbeit bedeutet demgegenüber, dass sich mehrere Kommunen privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich zusammenschließen, um gemeinsam Aufgaben zu erfüllen.
Gemeinsame Wasserversorgung, gemeinsamer Bauhof etc.
4.2Kommunale Zusammenarbeit – wo steht was?
Wer sich mit den Formen der kommunalen Zusammenarbeitbefassen will, findet im Gesetz zur kommunalen Zusammenarbeit (KommZG) oder der Verwaltungsgemeinschaftsordnung (VwGemO) und der GO, LKrO und BezO die einschlägigen Regelungen. Maßgeblich können aber auch das BGB, das GmbH-Gesetz, das HGB oder andere privatrechtliche Vorschriften sein, wenn die Kooperation privatrechtlich organisiert wird.
4.3Kommunale Zusammenarbeit – wozu?
Motive für interkommunale Allianzen sind vor allem Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Zusammen geht manches besser als alleine. Aber, auch wenn das nahe liegt, in vielen Fällen begrenzt der Kirchturm den Mut zur Kooperation. Denn Zusammenarbeit bedeutet Vertrauen und das gemeinsame Bestreben der Teilnehmer allen im wechselseitigen Respekt Win-win-Situationen einzuräumen und die Arbeitsgeschwindigkeit des neuen Konsortiums nicht am Langsamsten auszurichten.
Gerade für kleinere Kommunen oder solchen mit finanziellen Engpässen, bieten sich partnerschaftliche Aufgabenbewältigungsformen an. Die Möglichkeiten sind vielseitig. Gemeinsame Sportanlagen, gemeinsame Wassergewinnung oder Abwasserbeseitigung, gemeinsame Nahverkehrslösungen, gemeinsame Schulen, gemeinsame Müllverwertung usw. – all das ist möglich.
Gemeinsame Bürgermeister sind allerdings tabu! Auch hier ziehen Selbstverwaltungsrecht und Gesetze Grenzen.
Kann eine Kommune eine Pflichtaufgabe nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen, so hat sie sich der Formen der kommunalen Zusammenarbeit zu bedienen (Art. 57 Abs. 3 GO).
Man sollte wissen, dass sich ehemals rein örtlichen Aufgaben zu überörtlichen entwickelt haben und damit ein Zuständigkeitswechsel zur größeren Gebietseinheit eingetreten ist. Das gilt zum Beispiel im Bereich der Müllentsorgung. Vgl. auch Art. 4 Abs. 1 LKrO, Art. 4 Abs. 1 BezO.
Bund und Länder haben in den vergangenen Jahren ständig neue Aufgaben geschaffen, die von der kommunalen Ebene wahrzunehmen sind. Zu nennen sind unter vielen das Recht auf verpflichtende Betreuung der 0- bis 10-Jährigen, die permanente Erweiterung sozialer Leistungsrechte, die vielschichtige Aufgabe der Inklusion und Integration. All das lässt finanzielle Belastung explosionsartig wachsen und führt zu überproportionalen Steigerungen der Umlagen. Aufgabenmehrung und Umlagebelastung schmälern die freien Finanzspannen der kleineren Gemeinden, denn die Einnahmen stiegen in den vergangenen Jahren weit geringer als die Ausgaben.
Die Bürger sind heute sehr anspruchsvoll und immer mehr auf ihre eigenen subjektiven Belange fokussiert, die sie auch verstehen laut und nachhaltig zu artikulieren. Erwartet wird vor allem eine nachfrageorientierte, sich den wechselnden Bedürfnissen ständig anpassende Betreuungsinfrastruktur, angemessene Vorsorge und Betreuung der Senioren, bezahlbares Wohnen, ein modernes und leistungsfägiges Datennetz und moderne Online-Angebote. Dabei stehen die Kommunen auch aufgrund der vernetzten und jederzeit abrufbaren Daten unabhängig von ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ständig im interkommunalen „Wettbewerb“, der eher ein Vergleichskampf ist.
Der Druck auf die Kommunen wächst. Wer in einer digitalen Gesellschaft im demokratischen Strukturwandels bestehen will, muss der vielfältigen Konkurrenz der anderen Standorte trotzen können. Dazu braucht es ausreichend Kapital, das in vielen Fällen aufgrund der wirtschaftlichen Standortstrukturen nicht zur Verfügung steht und auch künftig nicht zur Verfügung stehen wird.
Die Bundes- und Landes-Politik wird sich in diesem Kontext rechtzeitig die Frage stellen müssen, ob die Möglichkeiten der kommunalen Zusammenarbeit ausreichen um gerade in den kleinteilig strukturierten Ländern all das zur Verfügung zu stellen, was die Bürger erwarten. Das Bekenntnis zu gleichwertigen Lebensbedingungen allein wird jedenfalls nicht reichen, um diese Gleichwertigkeit auch tatsächlich herzustellen.
Es wundert nicht, dass Stimmen laut werden, die eine funktionale Reform für wahrscheinlich halten. Deutlich artikuliert wird das aufgrund der politisch sehr negativen Auswirkungen der Gebietsreform der 70er-Jahre allerdings nur unter vorgehaltener Hand.
Objektiv ist die Frage völlig berechtigt, ob kleinteilige Kommunalstrukturen und der damit verbundene organisatorische Aufwand zeitgemäß sind, und das abbilden können, was eine moderne Bürgergesellschaft verlangt.
Es wäre sicher auch interessant zu ergründen, ob sich die sozialpolitische Einstellung der Bürger nicht zwischenzeitlich grundlegend verändert hat. Was steht aus Sicht der Bürger wirklich an erster Stelle: Ist es die die lokalpatriotische, schollengebundene Identität, die die politische Eigenständigkeit einer Kommune über alles stellt? Oder ist es eher die Pluralität des Angebotes an Leistungen, der Wunsch nach modernem Lifestyle auch außerhalb der Metropole?
Wer nachhaltig, strategisch und zukunftsorientiert denkt und den Mut entwickelt, herkömmliche Denkprozesse zu sprengen, wer dabei die Formen der kommunalen Zusammenarbeit nutzt, der wird politisch Richtungsweisendes bewegen.
4.4Einzelne Formen der kommunalen Zusammenarbeit
Im Folgenden stellen wir ihnen verschiedene privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Konstruktionen vor. Grundlage jeder Zusammenarbeit ist immer ein Vertrag zwischen den beteiligten Kommunen.
4.4.1Privatrechtliche Formen
Gebräuchlich sind alle Rechtsformen, die das Privatrecht kennt: Von der BGB-Gesellschaft über die GmbH, die AG bis zum eingetragenen Verein, der Gesellschaft der OHG und KG. Zunehmend ist auch die GmbH und Co. KG gebräuchlich. Zu beachten ist insoweit, dass bei den privatrechtlichen Konstrukten eine eigenständige, von der Kameralistikabweichende kaufmännische Buchführung notwendig ist. Die intensive kosten-/nutzenorientierte Prüfung und Abklärung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde ist vor jeder Entscheidung, in welcher Form man Aufgaben erfüllen möchte, zu empfehlen.
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