Niels Krause-Kjær
Königspatience - Intrige im Parlament
Aus dem Dänischen von Christine Heinzius
Saga
Königspatience - Intrige im Parlament
Übersezt von Christine Heinzius
Titel der Originalausgabe: Kongekabale
Originalsprache: Dänisch
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 2000, 2021 Niels Krause-Kjær und SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726832617
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
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www.sagaegmont.com
Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Aksel Bruun
Dreiundsiebzig Jahre, seit zweiunddreißig Jahren Abgeordneter. Seit einundzwanzig Jahren Parteivorsitzender der Demokratischen Partei. Früherer Außenminister. Verheiratet mit Hanne Bruun, zweiundsechzig Jahre und Kinderpsychiaterin. Sie haben einen Sohn, Lars Bruun.
Erik Pingel
Sechsundvierzig Jahre, seit zwanzig Jahren Abgeordneter. Früherer Minister, heute ehrgeiziger Fraktionsvorsitzender der Demokraten.
Sven Gunnar Kjeldsen
Zweiundfünfzig Jahre, seit vierzehn Jahren Abgeordneter. Ehrgeiziger politischer Sprecher der Demokraten.
Peder Schou
Vierundvierzig Jahre, seit acht Jahren machtvoller Parteisekretär der Demokratischen Partei. Loyaler Unterstützer von Erik Pingel.
Hans-Erik Kolt
Dreiunddreißig Jahre, seit drei Jahren Abgeordneter. Energischer Unterstützer von Sven Gunnar Kjeldsen.
Torben Stenman
Fünfunddreißig Jahre, erfolgreicher Unternehmer mit engen Verbindungen zur Demokratischen Partei. Unterstützer von Erik Pingel und sich selbst.
Herdis
Ältere Abgeordnete. Frühere Kulturministerin. Privat mit Aksel und Hanne Bruun bekannt. Unterstützt Sven Gunnar Kjeldsen.
Svenningsen
Älterer Abgeordneter. Interessiert sich für kleine wie große Dinge.
Inger
Sven Gunnar Kjeldsens ältere Sekretärin.
Bente
Erik Pingels jüngere Sekretärin.
Ulrik Torp
Sechsunddreißig Jahre, Leiter des Politikressorts des Dagbladet in Christiansborg. Mit Karen verheiratet.
Jan
Zweiundzwanzig Jahre, Volontär in der politischen Redaktion des Dagbladet in Christiansborg. Geht bald wieder zurück auf die Journalistenschule.
Erhardsen
Mitte fünfzig, Chef vom Dienst des Dagbladet.
Willatzen
Mitte fünfzig, erfahrener und etwas altmodischer Nachrichtenredakteur beim Dagbladet.
Oluf Hansen
Dreiundvierzig Jahre, Leiter des Politikressorts des Expressen in Christiansborg. Ist gern politischer Kommentator im Fernsehen.
Pia Baggesen
Fünfunddreißig Jahre, politische Journalistin bei den Fernsehnachrichten. Steht gern vor der Kamera.
Außerdem ein Mädchen aus Thyborøn oder Kopenhagen, der alte Finn, ein pensionierter Priester und viele andere.
Obwohl es Montag war und fürs Parlament ein freier Tag, war der Grönlandraum in Christiansborg voller Journalisten.
An einem Ende des Raumes, zentral platziert in der Wandelhalle zwischen dem Parlamentssaal und dem alten Reichstagssaal, standen ein Tisch und ein Stuhl. Hier sollte es passieren. Diejenigen, die Glück gehabt hatten, saßen auf Stühlen. Die meisten standen oder hatten sich auf die Tische gesetzt, die an der Wand standen. Man plauderte.
„Weißt du, worum es geht?“
„Dein Artikel gestern war ja ziemlich bissig.“
„Wenn ihr bis nach neun wartet, dann kann ich mitkommen.“
„Nein, wir haben noch kein Haus gekauft – Ich finde, es ist zu teuer.“
„Hast du auch einen Kater?“
„Mensch, siehst du gut aus mit dieser Frisur.“
„Wenn es hier um nichts Besonderes geht, kann ich die Kinder abholen.“
„Wann geht’s los?“
Auf dem Tisch lag ein Haufen kleiner Tonbandgeräte. Die Besitzer standen nicht weit entfernt – bereit, sie einzuschalten, sobald die Hauptperson eintreten würde.
Es war sechzehn Uhr. Laut des Telegramms der Nachrichtenagentur Ritzau sollte die Pressekonferenz jetzt beginnen. Eine Frau drückte sich durch die Menge. Unterm Arm trug sie einen großen Ghettoblaster, den sie ganz links auf den Tisch stellte. Dann ging sie wieder.
Der Grönlandraum wartete.
Ein paar Techniker richteten das Licht ein. Drei Scheinwerfer tauchten den Tisch in scharfes Licht. Die Fotografen überprüften ihre Kameras. Jetzt bloß kein Fehlschuss!
Dann hörte man draußen Gemurmel, gefolgt von Rufen.
Die Hauptperson war auf dem Weg herein. Lächelnd drängelte er sich durch die Menge. Schließlich setzte er sich an den Tisch ins Scheinwerferlicht. Die Journalisten drängelten sich vor, um die Tonbandgeräte anzuschalten.
„Ja, danke“, hörte man am Tisch.
„Danke, dass Sie gekommen sind. Was mich betrifft, so wird das keine lange Pressekonferenz. Ich habe nur eine kurze Erklärung.“
Er machte eine Kunstpause.
„Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, dass ich für den Posten als Vorsitzender der Demokratischen Partei nicht zur Verfügung stehe. Es war keine leichte Entscheidung. Die politische Führung der Demokraten war die meiste Zeit meines Lebens mein Ziel. Ich glaubte – und glaube es immer noch –, dass ich etwas zum Besseren bewegen kann. Doch aus vielerlei Gründen, auf die ich nicht im Detail eingehen möchte, will ich mich nicht darum bewerben. Der Entschluss ist endgültig und von mir allein getroffen worden. Ich möchte die Gelegenheit gern nutzen, um mich bei allen, die mich unterstützt haben, zu bedanken. Vielleicht sind Sie nun enttäuscht, aber in der Politik ist niemand unersetzlich. Wenn man das einmal von sich selbst glaubt, dann ist man entweder in seiner eigenen Machtgier gefangen oder so abgehoben, dass man als Politiker völlig ungeeignet ist.
Damit möchte ich gern diese – was mich betrifft – kurze Pressekonferenz beenden.“
Die Hauptperson sah sich um. Besonders die Fernsehjournalisten überboten sich mit Fragen.
„Nein! Keine Fragen. Beziehungsweise – ich kann das nicht bestimmen. Aber ich werde keine Antwort geben. Das Einzige, was ich noch ergänzen möchte, ist, dass ich heute Morgen etwas mit der Post erhalten habe, das Sie hören sollten.“
Damit nahm er eine Kassette aus seiner Innentasche und legte sie in den Ghettoblaster. „Es gibt nur dieses eine Exemplar. Ich weiß nicht, woher es stammt. Sie können damit tun, was Sie möchten.“
Er drückte auf den Knopf und verließ den Grönlandraum.
Wären die Ampeln in der Stadt doch nur rot gewesen. Oder wäre sie nur vorsichtig im vierten Gang gefahren, wie sonst, und hätte nicht in den fünften geschaltet. Hätten sie doch eine zweite Tasse Morgenkaffee getrunken. Hätten sie nur den Strandvejen genommen.
Doch wie vorbestimmtes Schicksal griffen eine Reihe von Zufällen an diesem Oktobermorgen ineinander. Eine leichte Rechtskurve, eine Windböe, ein kleiner Schwung mit dem Damenrad. Eine leicht überhöhte Geschwindigkeit. Ein etwas zu heftiges „Achtung!“ vom Beifahrer. Alles passte zusammen wie bei einem außergewöhnlich gerissenen und bösen Plan. Eine Sekunde vorher oder eine Sekunde später wäre es egal gewesen, dass der Wagen einen halben Meter auf die andere Spur kam. Dann wäre der Lkw entweder schon vorbei gewesen oder hätte ausweichen können. Doch in genau dieser Sekunde, an genau dieser Stelle der Kurve hatte weder die Fahrerin des Autos noch der Lkw-Fahrer eine Chance.
Das Auto faltete sich vorn, wo die Fahrzeuge aufeinandertrafen, wie ein Akkordeon zusammen. Der linke Flügel des Autos und der Motor wurden durch den Aufprall verschoben und brachen der Fahrerin die Beine, obwohl die japanischen Ingenieure jahrelang daran gearbeitet hatten, genau das zu verhindern.
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