Prävention – Investigation – Remediation – Unternehmensverteidigung
Herausgegeben von
Dr. Markus Rübenstahl, Mag. iur.
Rechtsanwalt
Dipl.-Kfm. Jesco Idler
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
C.F. Müller
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© 2018 Müller GmbH, Waldhofer Straße 100, 69123 Heidelberg
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Ausgelöst durch eine Reihe von Unternehmenskrisen und -skandalen (u.a. Konkurse der Bremer Vulkan AG und der Balsam AG sowie die Krise der Metallgesellschaft) begann in den neunzehnhundertneunziger Jahren in Deutschland die Diskussion über Defizite in der Entscheidungs- bzw. Leitungs- und Überwachungsorganisation von Unternehmen. Erste Gesetzesreformen, insbesondere im Bereich des Gesellschaftsrechtes, waren das Ergebnis. Weitere spektakuläre Bilanzskandale und Unternehmenszusammenbrüche um die Jahrtausendwende (u.a. Enron, WorldCom, Parmalat, in Deutschland insbesondere FlowTex und Comroad) führten weltweit zu einer Intensivierung der Diskussion über Corporate Governance und Corporate Compliance und einer Welle an Gesetzesänderungen/-initiativen durch nationale wie supranationale Gesetzgeber. Seitdem ist das Gebiet der Corporate Governance förmlich explodiert.
In dieser Entwicklung wurde einem Teilaspekt lange Zeit allenfalls geringe Beachtung geschenkt: Der Bedeutung von Tax Compliance, eingebettet in ein steuerliches Risikomanagementsystem. Die sich aus den gestiegenen regulatorischen Anforderungen ergebenden (steuerlichen) Compliance-Risiken stehen nunmehr jedoch im Fokus der Betrachtungen, sowohl bei den Unternehmensverantwortlichen, als auch innerhalb der Steuerabteilungen. Haben die Gesetzesänderungen der letzten Jahre auf dem Gebiet der Corporate Governance bzw. Corporate Compliance ganz allgemein zu einem massiven Anstieg der Anforderungen an die Unternehmen geführt, so gilt dies aufgrund der nach wie vor zunehmenden Komplexität des Steuerrechts, der Verschärfung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Steuerstrafsachen sowie den gestiegenen Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige in besonderer Weise für die Steuerberatung im Unternehmen. Es ist erkannt worden, dass der systematische Umgang mit diesen Risiken als eine eigenständige Aufgabe innerhalb der Steuerabteilung wahrgenommen werden muss. Zu den klassischen Aufgaben dieser Abteilung ist die Umsetzung von Corporate Governance-Regelungen und der Aufbau eines Tax Compliance Management Systems als weitere Aufgabe hinzugekommen.
Zur Verbreitung dieser Erkenntnis hat nicht zuletzt auch die Ergänzung des Anwendungserlasses der Abgabenordnung durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beigetragen: Mit Schreiben vom 23.5.2016 (BStBl I 2016, 490) hat das BMF nicht nur zu der Abgrenzung der Anzeige-/Berichtigungspflicht nach § 153 AO von einer Selbstanzeige nach §§ 371, 378 Abs. 3 AO Stellung genommen, sondern erstmals auch die Bedeutung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems, dass der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, herausgehoben. Hat der Steuerpflichtige ein solches System eingerichtet, dann kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit spricht. Mit diesem Erlass wurde erstmals ein normativer Anknüpfungspunkt für die Bedeutung eines Tax Compliance Management Systems bei der Beurteilung der strafrechtlichen Vorwerfbarkeit im Falle einer objektiven Verletzung von steuerlichen Pflichten gesetzt. Seitens des BMF wurde jedoch offen gelassen, wie ein solches Tax Compliance Management System auszugestalten ist.
Es besteht daher Anlass, sich mit Fragen der Reichweite und konkreten Ausgestaltung eines solchen Systems unter besonderer Berücksichtigung ausgewählter Tax Compliance-Risiken zu befassen: Welche regulatorischen Anforderungen sind inzwischen speziell zur Tax Compliance zu beachten? Welche Pflichten lassen sich daraus – auch unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung zur Führungs- und Organisationsverantwortung der Unternehmensleitung – für die verantwortlichen Personen ableiten? Welche Risiken sind in diesem Zusammenhang zu beachten? Welche Maßnahmen sind zur Erfüllung der abzuleitenden Pflichten und zur Behandlung der Risiken konkret zu ergreifen? Wie sollte die institutionelle bzw. organisatorische Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgen? Und wie lässt sich die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen überprüfen und ihre nachhaltige Befolgung überwachen?
Allen diesen Fragen geht in dem vorliegenden Handbuch ein Autorenteam von 49 Expertinnen und Experten aus führenden Rechtsanwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, der Wissenschaft, der Gerichtsbarkeit und Strafverfolgungsbehörden nach. Im ersten Teil des vorliegenden Buches erfolgt insbesondere eine Analyse der allgemeinen Rechtsgrundlagen zur Tax Compliance sowie eine Verortung dieses Themas in den Gesamtzusammenhang von allgemeinen Compliance-Maßnahmen, einem Risikomanagement und Risikofrüherkennungssystem. Daneben erfolgt im ersten Teil des Buches eine übergeordnete Auseinandersetzung mit dem Thema über alle Abschnitte des Besteuerungsverfahrens hinweg. Zudem stellen Unternehmensvertreter ihre Vorgehensweise beim Aufbau und bei der Ausgestaltung ihres Tax Compliance Management Systems vor. Im zweiten Teil wird anhand ausgewählter, steuerlicher Risikofelder eine vertiefende Analyse vorgenommen und dargelegt, welche unterschiedlichen Anforderungen im Einzelanfall an die Erfüllung steuerlicher Pflichten bestehen und wie diesen Anforderungen sinnvoll begegnet werden kann. Im dritten Teil wird ein Überblick über wichtige Tax Compliance-Erfordernisse in bedeutenden Nachbarländern und wichtigen Handelspartnern von Deutschland gegeben, teilweise in englischer Sprache.
Das Buch soll den Unternehmensverantwortlichen, den für die steuerlichen Belange eines Unternehmens zuständigen Mitarbeitern, aber auch externen Beratern eine Hilfestellung bei der Bewältigung der Herausforderung sein, in den steuerlich, regulatorisch und strafrechtlich haftungsrelevantesten Bereichen die Risiken für das Unternehmen, seine Organe und Mitarbeiter organisatorisch-strukturell zu vermeiden bzw. zu minimieren.
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