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Natürlich hätten in diesen Kontext weitere Bereiche des Wirtschaftsstrafrechts in die Betrachtungen eingebunden werden können, dies gilt etwa für die eng mit den Fiskalstraftaten verbundenen Korruptionsdelikteoder die Geldwäsche. Diese Straftaten gehören zu den Schnittstellendelikten, die in vielen Fällen von Fiskalkriminalität bei Gelegenheit und zwangsläufig mitbegangen werden; eine gewerbsmäßige Untreue im Unternehmenskontext ist ohne Geldwäschebezug eher die Ausnahme als die Regel.[7] Dennoch wurden diese Delikte nicht in dieses Buch aufgenommen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sich auf diesen Schnittstellengebieten zumindest partiell andere Probleme ergeben als im Fiskalstrafrecht: Die Geldwäsche wirft eine Vielzahl von Fragen über die Vortat und die Herkunft von Geldwäschetatobjekten auf.[8] Auch die Problemstellungen bei den Korruptionsdelikten sind vielfach anderer Natur. Das ergibt sich u.a. daraus, dass die betroffenen Rechtsgüter sowohl bei der Geldwäsche,[9] als auch bei den bereits als solchen kaum einheitlich systematisierbaren Korruptionsdelikten[10] diffuser und vielschichtiger sind, während das Rechtsgut der Fiskalstraftaten leicht umschrieben werden kann: die Integrität der öffentlichen Haushalte.
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Auch die tatsächlichen Verbindungen zwischen den hier dargestellten Fiskalstraftaten sind vielfältig. Dies wird bei der Schwarzarbeitbesonders deutlich: Hier werden typischerweise, vielleicht sogar zwangsläufig, gleichzeitig Lohnsteuerhinterziehungen und Straftaten nach § 266a StGB begangen. Die verdeckte Gewinnausschüttunggeht oftmals mit Steuerhinterziehungen und Untreuetaten einher. Auch wegen dieses tatsächlichen Zusammenhangs bietet sich eine Gesamtdarstellung des Fiskalstrafrechts an. Das gilt zwar für Geldwäsche und Korruption ebenfalls, jedoch sind die Zusammenhänge insofern regelmäßig weniger systematischer als mehr rein phänomenologischer Natur. Das rechtfertigt die Entscheidung, sich in diesem Band auf das Fiskalstrafrecht im engeren Sinne zu beschränken.
[1]
Vgl. Hartung Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 1961, S. 11; ferner die Nachweise bei Hellmann FS Achenbach, S. 141 ff.; Joecks/Jäger/Randt/ Joecks Einl. Rn. 2 f.; ausdrücklich anders aber bereits Barske/Gapp Steuerstrafrecht, 1959, S. 1: Das Steuerstrafrecht ist ein Teil des Strafrechts.
[2]
BVerfGE 22, 49, 73 ff.
[3]
Vgl. Baumann JZ 1972, 1 ff.; Tiedemann Gutachten, S. C 51 f.; hierzu eingehend Bülte Vorgesetztenverantwortlichkeit, S. 86 ff.
[4]
Zu diesen Begriffen Tiedemann FS Baumann, S. 7 ff.
[5]
Vgl. nur LK-StGB/ Dannecker § 1 Rn. 149.
[6]
Vgl. Bülte in GS Joecks S. 365 ff.
[7]
Vgl. hierzu Bülte NStZ 2014, 680 ff.
[8]
Vgl. hierzu nur Fischer § 261 Rn. 5 ff.
[9]
Vgl. Rotsch/ Bülte Criminal Compliance Handbuch, § 29 Rn. 16 ff.
[10]
Vgl. hierzu nur den Versuch die durch den mittlerweile durch Gesetz v. 30.6.2016 (BGBl I 1254 ff.) in Kraft getretenen § 299a StGB geschützten Rechtsgüter zu beschreiben, BR-Drucks. 16/15, 10 ff.; Kubiciel / Tsambikakis medstra 2015, 11 ff.
2. Kapitel Europäisierung des Strafrechts
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Unmittelbare Harmonisierung des Strafrechts durch Normgebung
III. Anwendungsvorrang des Unionsrechts
IV. Unionsrechtskonforme Auslegung
V. Begrenzung nationalen Strafrechts durch europäische Freiheitsrechte und Grundfreiheiten in der Rechtsprechung des EuGH
VI. Unionsgrundsätze und Unionsgrundrechte im Strafrecht und Strafverfahrensrecht
VII. Europäische Staatsanwaltschaft
Literatur:
Bülte Steuerrechtliche und steuerstrafrechtliche Risiken der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 6a UStG) im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH, CCZ 2009, 98; ders . Das Steuerstrafrecht im Spannungsfeld zwischen Missbrauchsrechtsprechung des EuGH und dem Grundsatz nullum crimen, BB 2010, 1759; ders. Zur Strafbarkeit der Verschleierung von Sanktionsansprüchen als Umsatzsteuerhinterziehung, HRRS 2011, 465; ders . § 398a AO im Licht des europäischen Grundsatzes ne bis in idem, NZWiSt 2014, 321; ders. Das Datenschutzbußgeldrecht als originäres Strafrecht der Europäischen Union?, StV 2017, 460; Bülte/Krell Grundrechtsschutz bei der Durchführung von Unionsrecht durch Strafrecht, StV 2013, 713; Burchardt Kehrtwende in der Grundrechts- und Vorrangrechtsprechung des EuGH? – Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 5.12.2017 in der Rechtssache M.A.S. und M.B. (EUGH Aktenzeichen C-42/17, „Taricco II“), EuR 2018, 248; Dannecker Strafrecht in der europäischen Gemeinschaft, JZ 1996, 869; ders . Die Bedeutung des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union, SchwZStR 2003, 280; ders. Die Dynamik des materiellen Strafrechts unter dem Einfluss europäischer und internationaler Entwicklungen, ZStW 117 (2005), 697; ders . Zur transnationalen Geltung des Grundsatzes ne bis in idem in der Europäischen Union und den Drittstaaten Island, Norwegen und Schweiz, EuZ 2009, 110; Dannecker/Leitner (Hrsg.) Handbuch der Geldwäsche-Compliance, 2010; Gaede Minimalistischer EU-Grundrechtsschutz bei der Kooperation im Strafverfahren, NJW 2013, 1279; Hackner Das teileuropäische Doppelverfolgungsverbot insbesondere in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, NStZ 2011, 425; Hecker Die richtlinienkonforme und die verfassungskonforme Auslegung im Strafrecht, JuS 2014, 385; Hecker/Müller Europäisches Verbraucherleitbild und Schutz vor irreführenden Geschäftspraktiken, ZWH 2014, 329; Hugger Zur strafbarkeitserweiternden richtlinienkonformen Auslegung deutscher Strafvorschriften, NStZ 1993, 421; Kaspar Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, 2014; Kubiciel Grund und Grenzen strafrechtlicher Anweisungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft, NStZ 2007, 136; Meyer Demokratieprinzip und europäisches Strafrecht: zu den Anforderungen des Demokratieprinzips an Strafrechtsetzung im Mehrebenensystem der Europäischen Union, 2009; Radermacher Die „Verfassungsidentität“ als Grenze der Kompetenzübertragung auf die Europäische Union?, EuR 2018, 140; Rengeling/Middeke/Gellermann (Hrsg.) Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2014; Risse Die Anwendbarkeit von EU-Grundrechten im prozessualen und materiellen Strafrecht, HRRS 2014, 93; Rönnau/Wegner Grund und Grenzen der Einwirkung des europäischen Rechts auf das nationale Strafrecht, GA 2013, 561; Satzger Die Internationalisierung des Strafrechts als Herausforderung für den strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, JuS 2004, 943; ders. Internationales und europäisches Strafrecht: Strafanwendungsrecht, europäisches Straf- und Strafverfahrensrecht, Völkerstrafrecht, 2013; Schaumburg/Peters Internationales Steuerstrafrecht, 2015; Streinz Europarecht: Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta, JuS 2013, 568; Tiedemann Europäisches Gemeinschaftsrecht und Strafrecht, NJW 1993, 23; ders . Zur Zuständigkeit der EG-Kommission für die Einführung und Verhängung von Sanktionen bei Mißbrauch von Subventionen, NJW 1993, 49; Vergho Das Leitbild eines verständigen Durchschnittsverbrauchers und das Strafrecht – ein inkongruentes Verhältnis, wistra 2010, 86; Wegener/Lock Die Kleinen „hängt“ man, die Großen lässt man laufen? Berlusconi und Niselli – Ungleiche vor dem EuGH, EuR 2005, 802; Winter Deutliche Worte des EuGH im Grundrechtsbereich, NZA 2013, 473.
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