Christof Wackernagel
RAF oder Hollywood
Tagebuch einer gescheiterten Utopie
© 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe
www.zuklampen.de
Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de
Umschlaggestaltung: © Hildendesign · München · www.hildendesign.de
Bildmotiv: © HildenDesign unter Verwendung mehrerer Motive von shutterstock.com
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-86674-680-0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de› abrufbar.
Denen, die diese Zeit nicht überlebt haben
Cover
Titel Christof Wackernagel RAF oder Hollywood Tagebuch einer gescheiterten Utopie
Impressum © 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe www.zuklampen.de Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de Umschlaggestaltung: © Hildendesign · München · www.hildendesign.de Bildmotiv: © HildenDesign unter Verwendung mehrerer Motive von shutterstock.com E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017 ISBN 978-3-86674-680-0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de › abrufbar.
Widmung Denen, die diese Zeit nicht überlebt haben
Dieses Buch … Dieses Buch … … ist keine Autobiografie. Es ist auch keines über die RAF. Die RAF – als solche – hat es im Übrigen nie gegeben. Die RAF – das war ihre Besonderheit, ihre Stärke wie ihre Schwäche – war ein Zusammenschluss von Individuen, in dem jedes eine eigene Vorstellung von der Idee der RAF hatte: Deshalb kann auch jede(r) – ehemals – Beteiligte nur für sich sprechen. In den folgenden Berichten in Tagebuchform geht es um die Entwicklung eines Bewusstseins, die in den Entschluss mündete, sich bewaffnetem Widerstand anzuschließen. Damit sie nachvollziehbar wird, habe ich diesen in vielen Jahren gewachsenen und von vielen Erfahrungen, Begegnungen und erlebten zeitgeschichtlichen Ereignissen geprägten Prozess rein subjektiv beschrieben: eins zu eins den Zustand, das Denken, das Fühlen, den Zeitgeist zu Wort kommen lassen, wie er damals war, genau so geschrieben, wie ich damals dachte, fühlte, sprach und handelte, alles so dargestellt, wie ich es nach bestem Wissen und Gewissen von damals in Erinnerung habe.1 Wie und warum ich die RAF wieder verlassen hatte, was ich danach gemacht habe, warum ich seitdem auch Gegengewalt und Gegenmacht ablehne, wie ich heute denke und was ich heute tue, habe ich in unzähligen Interviews, Talk-Shows und Artikeln bereits erklärt, es ist auf meiner Webseite2 nachzulesen und liegt in Buchform3 vor.
Prolog
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
September
1962
22. Oktober
1963
1964
1965
1966
1967
22. Mai
2. Juni
1968
2. April
11. April
11. Mai
1969
Herbst
1975
Herbst
1976
2. Januar
13., 14., 15. Januar
4. Mai
8. Mai
Juni
Juli
1977
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Epilog
Anhang
Dokumente
Literaturverzeichnis
Anmerkungen
Der Autor
… ist keine Autobiografie.
Es ist auch keines über die RAF. Die RAF – als solche – hat es im Übrigen nie gegeben. Die RAF – das war ihre Besonderheit, ihre Stärke wie ihre Schwäche – war ein Zusammenschluss von Individuen, in dem jedes eine eigene Vorstellung von der Idee der RAF hatte:
Deshalb kann auch jede(r) – ehemals – Beteiligte nur für sich sprechen. In den folgenden Berichten in Tagebuchform geht es um die Entwicklung eines Bewusstseins, die in den Entschluss mündete, sich bewaffnetem Widerstand anzuschließen.
Damit sie nachvollziehbar wird, habe ich diesen in vielen Jahren gewachsenen und von vielen Erfahrungen, Begegnungen und erlebten zeitgeschichtlichen Ereignissen geprägten Prozess rein subjektiv beschrieben: eins zu eins den Zustand, das Denken, das Fühlen, den Zeitgeist zu Wort kommen lassen, wie er damals war, genau so geschrieben, wie ich damals dachte, fühlte, sprach und handelte, alles so dargestellt, wie ich es nach bestem Wissen und Gewissen von damals in Erinnerung habe.1
Wie und warum ich die RAF wieder verlassen hatte, was ich danach gemacht habe, warum ich seitdem auch Gegengewalt und Gegenmacht ablehne, wie ich heute denke und was ich heute tue, habe ich in unzähligen Interviews, Talk-Shows und Artikeln bereits erklärt, es ist auf meiner Webseite2 nachzulesen und liegt in Buchform3 vor.
10. November 1977
Irgendetwas roch seltsam. Ich schloss die Tür hinter mir und schnüffelte. Die typische Amsterdamer Vorort-Wohnung in der Pieter Calandlaan hatte einige Wochen leer gestanden und roch nach vergorenem Fisch – ich zuckte mit den Achseln und riss die Fenster auf, um ordentlich durchzulüften.
Seit zwei Monaten in der Illegalität war ich nach Amsterdam gefahren, um Fotomaterial zum Zweck der Passfälschung zu kaufen. Als ehemaliges Mitglied des Fantasia-Druckkollektivs war ich prädestiniert dafür, mich auf diesen Bereich unserer subversiven Arbeit zu konzentrieren. Und da es in der RAF außer mir einige Haschischraucher gab, konnte ich nach getaner Arbeit die Chance nicht ungenutzt vorübergehen lassen, in Amsterdam, dem Mekka aller Kiffer, Nachschub für unsere Fraktion in der Fraktion zu kaufen. Sie war zwar nicht von allen gern gesehen, wurde aber stillschweigend geduldet, zumal unsere Altvorderen, die bis vor Kurzem in der Stammheimer Festung eingesessen hatten, samt und sonders die Cannabis-Heilkräuter liebten; oft waren wir von draußen kaum nachgekommen mit den von Anwälten weitergereichten Lieferungen herrlich duftenden grünen Marokkaners oder schwarzer Afghan-Platten. Wir alle hatten uns allerdings auf die Devise der Black Panthers geeinigt: kein Kiffen während Aktionen. Leider hatte sich diese nicht gerade revolutionäre Tätigkeit in Amsterdam etwas hingezogen, trotz des umfangreichen Angebots fand ich nicht gleich das Richtige – und verpasste den letzten Zug zurück nach Deutschland.
Kein Problem. Die Rote Armee Fraktion, Weltmeister in Sachen Logistik, hatte zu diesem Zeitpunkt mindestens zwanzig Wohnungen in Europa, davon einige in Amsterdam, davon wiederum kannte ich eine, inklusive dem Versteck des Schlüssels. In gewisser Weise frohlockte ich sogar: endlich mal wieder ein ruhiger Abend ohne Gruppe und ohne Diskussionen, wie alles nach dem Desaster in Mogadischu4 und Stammheim weitergehen sollte. Ich fühlte mich nicht wohl mit unserer Propagandalüge, Baader, Ensslin und Raspe seien von den Geheimdiensten ermordet worden, obwohl wir in der Gruppe selbstverständlich von Selbstmord sprachen, schließlich hatten wir ihnen ja die Waffen ins Gefängnis geliefert. Aber warum waren diese bei den doch unübertrefflich scharfen Razzien nicht gefunden worden? Also, klar war da nichts, und ich konnte jetzt endlich ganz in Ruhe allein für mich über all diese Dinge nachdenken. Der Muff der Wohnung störte dabei nicht. Den merkwürdigen Geruch führte ich auf meine durch die vom Proberauchen beim Haschischkauf erzeugte Übersensibilität zurück, denn es war wirklich ausgezeichnetes Zeugs, das ich gekauft hatte, nach zwei Zügen war ich richtig gut stoned.
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