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Hat die Klage Erfolg, wird das Verwaltungsgericht tenorieren: Der Bescheid der Beklagten vom … und der Widerspruch des … vom … werden aufgehoben. – Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheids vom … und des Widerspruchsbescheids des … vom … verpflichtet, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. – Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6000 Euro nebst 3 % Zinsen seit … zu zahlen. – Der Beklagte wird verurteilt, (eine bestimmte Handlung) zu unterlassen. – Es wird festgestellt, dass … Entsprechend sollte der Bearbeiter am Ende seines Gutachtens formulieren: Das Verwaltungsgericht wird den Bescheid vom . . . aufheben. Ebenso zulässig ist der Satz: Das Verwaltungsgericht wird der Klage stattgeben.
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 2. Kapitel Aufbaufragen
2. Kapitel Aufbaufragen
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 2. Kapitel Aufbaufragen› A. Über die Verwendung von Schemata
A. Über die Verwendung von Schemata
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Schemata gelten bei Studierenden oftmals als „Schlüssel“ zu einer gelungenen Klausurbearbeitung. Bei genauer Betrachtung weisen sie sicherlich großen Nutzenauf, können jedoch auch Schaden anrichten[1]. Sie haben ihre Berechtigung dort, wo sie methodisches Arbeiten erleichtern und als Gedächtnisstütze dienen. Die Kenntnis schematischer Aufbaustrukturen erspart Zeit bei der Gliederung der Arbeit und verschafft eine gewisse Sicherheit. Der richtige Klausuraufbau zeigt folgerichtiges Denken, das in einem Schema gewissermaßen vorweggenommen ist. Schemata stiften jedoch Schaden, wenn an ihnen stur festgehalten wird, wenn Punkt für Punkt ohne Gewichtung auf Wesentliches nur die „eingepaukten“ Prüfungsschritte abgearbeitet werden. Bei vielen Studierenden herrscht die Vorstellung, die Arbeit könne jedenfalls dann nicht mit „mangelhaft“ bewertet werden, wenn alle Schemapunkte irgendwie angesprochen wurden. Damit verbindet sich die Vorstellung von einem pedantischen Korrektor, der auf Stichworte und Nennung bestimmter Paragrafen Wert legt, die er seinem eigenen Lösungsschema folgend abhakt. Diese Vorstellung mag vielleicht im Einzelfall bei Ausbildungsklausuren zutreffend sein, im Examen ist diese Denkweise fatal.
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Was ist zu empfehlen? Jeder Studierende sollte sich möglichst vor dem Examenskurs ein in sich schlüssiges Schema erarbeiten, an dem er festhält, es jedenfalls nicht regelmäßig in Frage stellt, weil der eine oder andere Autor oder Studienkollege ein anderes Schema für richtig hält. Dabei sollte er sich an den Gepflogenheiten der eigenen Fakultät orientierenin Ansehung dessen, welche Prüfungspunkte zwingend und welche fakultativ sind. Das Schema darf jedoch nicht als unumstößliche Größe angesehen werden. Das Auffinden der wesentlichen Klausurprobleme hat stets Vorrang vor Aufbaufragen. Eine Klausur ist misslungen, wenn sie die Schwerpunkte verkennt, dafür im Aufbau richtig ist. Hat sich der Studierende für einen Aufbau entschieden, sollte er ihn beibehalten und auch nicht mehr begründen. Überflüssig, wenn auch nicht falsch, ist es, die Prüfungsschritte zu kommentieren. Beispiel: „Um festzustellen, ob die Verfügung des Oberbürgermeisters rechtmäßig war, muss zunächst die Frage nach der Ermächtigungsgrundlage gestellt werden, weil gerade im Polizeirecht die Zuständigkeit erst anhand der Ermächtigung festgestellt werden kann.“ oder „Nunmehr ist zu prüfen, ob die Klage auch begründet ist.“
[1]
Schwerdtfeger/Schwerdtfeger , ÖR in der Fallbearbeitung, 15. Aufl. 2018, Rn. 11 ff.
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 2. Kapitel Aufbaufragen› B. Aufbaufragen im Zusammenhang einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung
B. Aufbaufragen im Zusammenhang einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung
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Die nachfolgenden Klausurlösungen folgen hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen dem nachstehenden Grundschema, das, wie gesagt, kein Dogma ist. Das Grundschema ist mit einigen kurzen Anmerkungen versehen, die nicht vollständig alle Rechtsfragen wiedergeben, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Wert wurde dabei vor allem auf die Punkte gelegt, die erfahrungsgemäß besondere Schwierigkeiten bereiten. Im Anschluss daran werden die Klageverfahren und die wichtigsten Antragsverfahren vorgestellt. Auf die vom Grundschema abweichenden Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens wird gesondert eingegangen. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang das Widerspruchsverfahren ein. Es gelangt deshalb im Anschluss gesondert zur Darstellung. Der Text ersetzt die Lektüre von Lehrbüchern zum Allgemeinen Verwaltungsrecht und zum Prozessrecht nicht; wie im Vorwort gesagt, ist er geschrieben in der Absicht, die einschlägigen Bücher von den Verfassern und Schenke zu ergänzen.
I. Relevanz der einzelnen Prüfungspunkte
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Die nachfolgend aufgeführten Prüfungspunkte weisen eine unterschiedliche Relevanz auf. Die im Schema fettgedrucktenSachentscheidungsvoraussetzungen sind in jeder Arbeit anzusprechen. Die Prüfungspunkte in „Normalschrift“ sind nur anzusprechen, wenn der Sachverhalt zu ihrer Behandlung Veranlassung gibt. Auch die fettgedruckten Sachentscheidungsvoraussetzungen können – je nach Fallkonstellation – eine unterschiedliche Relevanzaufweisen: So ist die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs in klassischen Klausuren des Polizei- oder Baurechts eher knapp zu prüfen und lediglich in problematischen Konstellationen ausführlicher zu untersuchen[1]. Ähnlich verhält es sich mit der Klagebefugnis im Rahmen der Anfechtungsklage: Wendet sich der Adressat gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt, so ist die Prüfung eher knapp zu halten. Möchte jedoch ein Dritter einen Verwaltungsakt anfechten, der einen anderen begünstigt, so ist die Klagebefugnis ausführlicher zu erörtern. Eine solche sog. Drittanfechtungsklage ist insbesondere im öffentlichen Baurecht anzutreffen.
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Auch wenn der Einstieg in eine verwaltungsrechtliche Klausur typischerweise über einen Rechtsbehelf erfolgt, kommt der Begründetheit– und damit der Prüfung der materiellen Rechtslage – eine besondere Bedeutung zu. Sofern mit vertretbarer Begründung eine Sachentscheidungsvoraussetzung verneint worden ist, muss daher regelmäßig ein Hilfsgutachten angeschlossen werden (s.o. Rn. 14). Die besondere Bedeutung der Begründetheit darf aber nicht zum (Trug-)Schluss verleiten, dass eine Klausur alleine mit einer ansprechenden Begründetheitsprüfung bestanden werden oder gar eine gute Note erreicht werden kann. Vielmehr bildet die Nichtprüfung der abgefragten Sachentscheidungsvoraussetzung die Verweigerung einer Prüfungsleistung.
[1]
Übersicht über problematische Konstellationen bei Peine/Siegel , AllgVerwR, 13. Aufl. 2020, Rn. 39 ff.
II. Rangfolge der einzelnen Prüfungspunkte
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Die Rangfolge der aufgeführten Prüfungspunkte ist oftmals zwingend. So entspricht es bereits schlichter Logik, die Sachentscheidungsvoraussetzungen vor der Begründetheit und damit der Sachentscheidung zu prüfen. Auch stellt sich die Frage der statthaften Verfahrensart erst, nachdem die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs bejaht wurde. Schließlich kann auf die jeweils mit einer Verfahrensart spezifisch verbundenen besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen erst nach Feststellung der einschlägigen Klage- bzw. Antragsart eingegangen werden.
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