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Wenn eingangs vom fortgeschrittenen Studierenden die Rede war, so ist zu präzisieren, welches Wissen die Verfasser bei diesen Personen voraussetzen. Es werden ihnen Kenntnisse der Rechtsgebietedes Verwaltungsrechts unterstellt, die alle Studierende spätestens zu dem Zeitpunkt beherrschen müssen, wenn sie sich zum ersten Examen melden. Zumindest Grundkenntnisse betreffend die einschlägigen Regelwerke des Allgemeinen Verwaltungsrechts, des Verwaltungsprozessrechts, des Polizei- und Ordnungsrechts, des öffentlichen Baurechts und des Kommunalrechtswerden erwartet.
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Soweit Klausuren Schwerpunkte im Umweltrecht oder im Wirtschaftsverwaltungsrecht haben, ist anzumerken, dass in diesen Fällen auch in der Examensklausur Spezialwissen nicht erwartet wird (Schwerpunktklausuren betreffen eine andere Situation). Vielmehr wird in der Regel auch in Klausuren, die scheinbar einen Schwerpunkt in speziellen Fächern des Besonderen Verwaltungsrechtshaben, kein anderes Wissen als Grundprinzipien des Verwaltungsrechts betreffendes nachgefragt. Viele Studierende sind verunsichert, wenn sie einen Klausurtext zu bearbeiten haben, in dem ein Gesetz eine Rolle spielt, von dem sie allenfalls am Rande etwas gehört haben. In den allermeisten Fällen sind genau diese Klausuren einfach zu lösen. Anhand der Bearbeitung einer scheinbar fernen Themenwahl zeigt sich schnell der Unterschied zwischen den Studierenden, die das verwaltungsrechtliche „System“verstanden haben, und denen, die sich anstelle systematischen Wissens Einzelfallwissen angeeignet haben und der Ansicht sind, das sei es gewesen (und die mit diesem Einzelfallwissen regelmäßig scheitern).
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Bei einigen der zuvor genannten Kerngebiete des Verwaltungsrechts liegt der Schwerpunkt im Bundesrecht. Dies gilt insbesondere für weite Bereiche des Verwaltungsprozessrechts sowie des Rechts der Bauleitplanung. Darüber hinaus wird den Fällen dieses Buches immer das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes zugrundegelegt. Denn die einschlägigen Gesetze der Länder verweisen entweder auf das VwVfG des Bundes, oder sie stimmen zum Großteil mit diesem überein. Das besondere Verwaltungsrecht ist hingegen in weiten Teilen Landesrecht. Da die Autoren an einer berliner bzw. brandenburgischen Universität lehr(t)en, liegt es nahe, berliner bzw. brandenburgisches Landesrecht als Grundlage für die Falllösung zu wählen. Trotz der Unterschiede im Detail stimmen die Grundstrukturen der Materien des Besonderen Verwaltungsrechts in den verschiedenen Bundesländern aber oftmals überein. Damit die Fälle einfacher in das jeweilige Landesrecht übertragen werden können, werden in der betreffenden Fußnote die jeweiligen landesrechtlichen Parallelvorschriftenaufgeführt. Zudem wird im Anschluss an die einzelnen Fälle auf die Lehrbücher zum jeweiligen Landesrechtverwiesen, da diese inzwischen erfreulicherweise in (fast) allen Bundesländern vorhanden sind.
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Die Anwendung des im Studium erlangten Wissens muss stets geübt werden. Übenbedeutet nicht nur Skizzieren einer Lösung (oder gar Nachvollziehen der Lösungskizze), sondern Ausformulieren einer Lösung möglichst unter Examensbedingungen. Denn gerade im digitalen Zeitalter muss ein fünf Stunden langes Schreiben mit Kugelschreiber oder Füllfederhalter trainiert sein. Jede praktische Übung verliert zudem ihren Wert, wenn man sich im Anschluss an sie mit ihr nicht kritisch auseinandersetzt. Die Analyse einer Klausurdarf sich keinesfalls darauf beschränken, die Lösungsskizze oder die zugrundeliegende Entscheidung nachzulesen. Vielmehr sollte überlegt werden, welche Denkschritte zur falschen Lösung führten, ob Fehler in der Darstellung einen Punkteabzug nach sich zogen, oder warum trotz richtiger Lösung nur eine geringe Punktzahl erreicht wurde. Ob am Ende der Klausur das richtige Ergebnis erzielt wurde, ist oftmals zweitrangig. Der Weg zur Lösung ist entscheidend, die folgerichtige Entwicklung der Lösung aus Rechtsnormen, ihre Anwendung (normtextorientiertes Arbeiten), die sprachliche und gedankliche (logische) Darstellung. Zur Nachbearbeitung und Vertiefung sind die Fälle in den Fußnoten oftmals angereichert mit Hinweisen zum Aufbau, zur Darstellung und Formulierung. Diese gehen auf nach den Erfahrungswerten der Verfasser häufig gestellte Anschlussfragen ein.
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Dieses Buch soll Studierende möglichst gut an das Examen heranführen. Hinzu kommen weitere Mittel zur Examensvorbereitung. Zu denken ist hier insbesondere an die Bildung von Arbeitsgemeinschaften und kleinen Lerngruppen, in denen Erfahrungen ausgetauscht werden und eine wechselseitige Lernkontrolle stattfinden kann. Zudem bieten die juristischen Fakultäten Examensklausurenkurse an. Da in diesen oftmals auch Examensklausuren aus vorherigen Kampagnen gestellt werden, reichen sie im Niveau und in der Durchführung am dichtesten an das „echte“ Examen heran. Hinzu kommen schließlich Repetitorien. Diese werden inzwischen aber nicht nur von kommerzieller Seite, sondern auch in den Universitäten angeboten. Hier sollte sorgfältig geprüft werden, welches Repetitorium die eigenen Fähigkeiten am stärksten fördert. Die Qualität eines Repetitoriums äußert sich sicherlich nicht darin, die in Examensnähe oftmals zu beobachtende Verunsicherung vieler Studierender zu stärken und das eigene Repetitorium als einziges „Heilmittel“ anzupreisen.
1. Teil Allgemeiner Teil› B. Hinweise zur Lösung von Klausuren im Allgemeinen
B. Hinweise zur Lösung von Klausuren im Allgemeinen
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Anleitungen zur Fertigung von Klausuren gibt es in der Ausbildungsliteratur in kaum noch zu übersehender Menge. Im Folgenden werden die nach den Erfahrungen der Verfasser wichtigsten allgemeinen Hinweise zur Erstellung von Klausurlösungen zusammengestellt. Allen Leser*innen sei empfohlen, sich ständig mit Fragen der juristischen Methodenlehreund der Logik zu beschäftigen. Zur weiteren Vertiefung sei auf die in Rn. 19aufgeführten Fundstellen hingewiesen.
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Der Sachverhaltist sorgfältig zu lesen; auf jede Einzelheit ist zu achten. Oftmals werden im Sachverhalt die zu erörternden Rechtsprobleme in tatsächlicher Hinsicht aufbereitet. Allerdings wird insbesondere im fortgeschrittenen Stadium nicht jedes zu erörternde Rechtsproblem im Sachverhalt explizit angesprochen. Solche „versteckten“ Rechtsprobleme sollen insbesondere besseren Studierenden Gelegenheit geben, in höhere Punktbereiche vorzudringen.
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Die Fragestellunggenau zu erfassen, ist von größter Bedeutung. Die für eine verwaltungsrechtliche Klausur typische Frage ist diejenige nach den Erfolgaussichten eines Rechtsbehelfs ( Rn. 20). Hier wäre eine Lösung grob fehlerhaft, die sich auf die Sachentscheidungsvoraussetzungen oder die Begründetheit beschränkt. Bisweilen wird aber lediglich nach der materiellen Rechtslage gefragt, oder es werden lediglich prozessuale Aspekte abgefragt ( Rn. 21). Dann würde die Bearbeitung des Ungefragten nicht nur wertvolle Zeit kosten, sondern zudem als grober Fehler bewertet werden.
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Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind auch die Bearbeitungshinweise, die – sofern erforderlich – üblicherweise an die Fragestellung angeschlossen werden. In ihnen werden etwa Vorschriften aufgeführt, die sich nicht in den gängigen Gesetzessammlungen befinden, aber gleichwohl für die Klausurlösung von Bedeutung sind. Zudem können die Bearbeitungsweise den Prüfungsumfang eingrenzen. Beispiel: Eine polizeirechtliche Klausur enthält den Bearbeitungshinweis „Bestimmungen des Versammlungsrechts sind nicht zu prüfen.“ Auch hier gilt: Wird gleichwohl Ungefragtes geprüft, so geht nicht nur wertvolle Bearbeitungszeit verloren; zudem wird dies auch hier regelmäßig als fehlerhaft bewertet.
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