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Nach Art 2 Abs 1 Buchst d)bedeutet der Ausdruck „ Unterzeichner“ Staaten und Gebiete, die das MLI unterzeichnet haben, für die das Übereinkommen jedoch noch nicht in Kraft ist. Es handelt sich also gewissermaßen um eine Vorstufe zur VertragsparteiiSd Art 2 Abs 1 Buchst c), und der einzige Unterschied zu dieser ist die Tatsache, dass im Fall des Unterzeichners das MLI noch nicht im Verhältnis zum Unterzeichner in Kraft befindlich ist.
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Art 2 Abs 2bestimmt, dass bei jeder Anwendung des MLI durch eine Vertragspartei jeder nicht darin definierte Ausdruck, sofern der Zusammenhang nichts anderes erfordert, die Bedeutung hat, die ihm zum jeweiligen Zeitpunkt nach dem einschlägigen erfassten Steuerabkommenzukommt. In dem jeweiligen konkret in Bezug genommenen DBA ist daher zunächst zu untersuchen, ob der solchermaßen im MLI verwendete Ausdruck im konkreten DBA selbst definiert ist. Vorrangig wird man daher die Art 3 Abs 1 OECD-MAentsprechende Vorschrift zu Rate ziehen oder in Spezialnormen(bspw Art 5 Abs 1 OECD-MA für Betriebsstätten oder die Definitionen in den Art 10 ff OECD-MA) nach einer entsprechenden Definition suchen müssen. Ist der fragliche Ausdruck im konkreten DBA definiert, gilt diese Definition auch für die Anwendung des MLI. Ist der fragliche Ausdruck im konkreten DBA nicht definiert, greift die allgemeine Regel des Art 3 Abs 2 OECD-MA(Lex-fori-Klausel) Platz. Es gilt mithin das Recht des jeweiligen Anwenderstaates. Eine dritte Fallgruppe bilden Ausdrücke, die konkret einem der beiden Anwenderstaaten zur normativen Ausfüllung zugewiesen sind (bspw die Definition des unbeweglichen Vermögens nach dem Recht des Belegenheitsstaats in Art 6 Abs 2 OECD-MA – sog Qualifikationsverkettung).
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Bsp: Ungeachtet des Teils IV ist im gesamten MLI der Begriff der „Betriebsstätte“ nicht definiert. Insofern ist hinsichtlich der Verwendung dieses Begriffs im Teil IVdes MLI auf die Betriebsstättendefinitiondes konkret erfassten Steuerabkommens zurückzugreifen.
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Hingegen steht in anderen Fällen der Rückgriff auf Art 3 Abs 2 OECD-MA nach der Rspr des BFH unter dem allg Vorbehalt, dass ein Auslegungsergebnis nicht schon durch abkommensautonome Auslegunggefunden werden kann. Dieser Vorbehalt wird ua aus dem Passus „sofern der Zusammenhang nichts anderes erfordert“ abgeleitet. Neben dem Sinn und Zweck und der Systematik des Abkommenssind damit insb die Vorstellungen und Absichten der Vertragsstaatenbei Unterzeichnung sowie der Inhalt etwaiger Begründungen oder Begründungserwägungen maßgebend. ME wäre daher bei Ausdrücken, die weder im MLI noch im erfassten Steuerabkommen definiert sind, jedenfalls auch die (teils umfangreichen) Reports des BEPS-Projekts(in ihrer Entstehungsgeschichte) zur Auslegung heranzuziehen. Als weitere Auslegungshilfen kommen nach Rn 38 der Explanatory Statementszu Art 2 MLI die Erwägungsgründe des MLI selbst sowie die iSd Art 6 MLI geänderte Präambeletwaiger erfasster Steuerabkommen in Betracht.
IV. Umsetzung in Deutschland
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Da Art 2eine Verfahrensvorschriftdes MLI ist, bedarf es keiner Umsetzungin ein erfasstes Steuerabkommen. Die Norm ist vielmehr aus sich selbst heraus sowohl für Begriffsbestimmungen des MLI als auch für die Auslegung von im MLI nicht definierten Ausdrücken anwendbar.
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Die folgenden 35 DBA sind nach der Entscheidung Deutschlandsper 7.6.2017 als erfasste Steuerabkommen gem Art 2 Abs 1 Buchst a) ii) MLIfür die Zukunft von der Anwendung des MLI betroffen (eine spätere Nachnominierung bleibt möglich und wird sicherlich erfolgen): Österreich, Bulgarien, China, Costa Rica, Kroatien, Zypern, Tschechoslowakische Sozialistische Republik (Slowakei und Tschechien), Großbritannien, Estland, Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Israel, Italien, Japan, Korea, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mauritius, Mexiko, Niederlande, Neuseeland, Rumänien, Russische Föderation, Slowenien, Spanien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Dänemark, Vereinigte Staaten.
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Für CHE hier und im Folgenden: Depositar.
Multilateral Convention› Teil II Hybride Gestaltungen
Teil II Hybride Gestaltungen
Inhaltsverzeichnis
Artikel 3 Transparente Rechtsträger
Artikel 4 Rechtsträger mit doppelter Ansässigkeit
Artikel 5 Anwendung von Methoden zur Beseitigung der Doppelbesteuerung
Multilateral Convention› Teil II Hybride Gestaltungen› Artikel 3 Transparente Rechtsträger
Artikel 3 Transparente Rechtsträger
(1) Im Sinne eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens gelten Einkünfte, die durch oder über Rechtsträger oder Gebilde bezogen werden, die nach dem Steuerrecht eines der Vertragsstaaten als vollständig oder teilweise steuerlich transparent behandelt werden, als Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, jedoch nur, soweit die Einkünfte für Zwecke der Besteuerung durch diesen Vertragsstaat als Einkünfte einer in diesem Vertragsstaat ansässigen Person behandelt werden.
(2) Bestimmungen eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens, nach denen ein Vertragsstaat verpflichtet ist, Einkünfte einer in diesem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden können, von der Steuer vom Einkommen zu befreien oder für derartige Einkünfte einen Abzug oder eine Anrechnung in Höhe der dafür entrichteten Steuer vom Einkommen zu gewähren, gelten nicht, soweit nach diesen Bestimmungen der andere Vertragsstaat die Einkünfte nur besteuern darf, weil es sich auch um Einkünfte einer in diesem anderen Vertragsstaat ansässigen Person handelt.
(3) Bei unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen, für die eine oder mehrere Vertragsparteien dieses Übereinkommens den Vorbehalt nach Artikel 11 (Anwendung von Steuerabkommen zur Einschränkung des Rechtes einer Vertragspartei dieses Übereinkommens auf Besteuerung der in ihrem Gebiet ansässigen Personen) Absatz 3 Buchstabe a angebracht haben, wird am Ende des Absatzes 1 folgender Satz angefügt: „Dieser Absatz ist nicht so auszulegen, als berühre er das Recht eines Vertragsstaats, die in diesem Vertragsstaat ansässigen Personen zu besteuern.“
(4) Absatz 1 (in der gegebenenfalls durch Absatz 3 geänderten Fassung) gilt anstelle oder in Ermangelung von Bestimmungen eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens, soweit diese regeln, ob Einkünfte, die durch oder über Rechtsträger oder Gebilde bezogen werden, die nach dem Steuerrecht eines der Vertragsstaaten als steuerlich transparent behandelt werden (sei es durch eine allgemeine Vorschrift oder durch eine ausführliche Regelung der Behandlung bestimmter Sachverhalte sowie Arten von Rechtsträgern oder Gebilden), als Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person behandelt werden.
(5) Eine Vertragspartei dieses Übereinkommens kann sich vorbehalten,
a) |
dass dieser gesamte Artikel nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt; |
b) |
dass Absatz 1 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, die bereits eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten; |
c) |
dass Absatz 1 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, die bereits eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten, nach der im Fall von Einkünften, die durch oder über einen in einem Drittstaat oder -gebiet errichteten Rechtsträger oder ein ebensolches Gebilde bezogen werden, Abkommensvergünstigungen versagt werden; |
d) |
dass Absatz 1 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, die bereits eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten, in der die Behandlung konkreter Sachverhalte sowie Arten von Rechtsträgern oder Gebilden ausführlich geregelt ist; |
e) |
dass Absatz 1 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, die bereits eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten, in der die Behandlung bestimmter Sachverhalte sowie Arten von Rechtsträgern oder Gebilden ausführlich geregelt ist und nach der im Fall von Einkünften, die durch oder über einen in einem Drittstaat oder -gebiet errichteten Rechtsträger oder ein ebensolches Gebilde bezogen werden, Abkommensvergünstigungen versagt werden; |
f) |
dass Absatz 2 nicht für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt; |
g) |
dass Absatz 1 nur für ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen gilt, die bereits eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten, in der die Behandlung bestimmter Sachverhalte sowie Arten von Rechtsträgern oder Gebilden ausführlich geregelt ist. |
(6) Jede Vertragspartei dieses Übereinkommens, die keinen Vorbehalt nach Absatz 5 Buchstabe a oder b angebracht hat, notifiziert dem Verwahrer, ob ihre unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen jeweils eine in Absatz 4 beschriebene Bestimmung enthalten, die nicht einem Vorbehalt nach Absatz 5 Buchstaben c bis e unterliegt, und, sofern dies der Fall ist, jeweils die Nummer des Artikels und des Absatzes dieser Bestimmung. Hat eine Vertragspartei dieses Übereinkommens den Vorbehalt nach Absatz 5 Buchstabe g angebracht, so ist die Notifikation nach Satz 1 auf unter das Übereinkommen fallende Steuerabkommen zu beschränken, die diesem Vorbehalt unterliegen. Haben alle Vertragsstaaten eine entsprechende Notifikation in Bezug auf eine Bestimmung eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens abgegeben, so wird diese Bestimmung durch Absatz 1 (in der gegebenenfalls durch Absatz 3 geänderten Fassung) ersetzt, soweit in Absatz 4 vorgesehen. Anderenfalls geht Absatz 1 (in der gegebenenfalls durch Absatz 3 geänderten Fassung) den Bestimmungen des unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens nur insoweit vor, als diese mit Absatz 1 (in der gegebenenfalls durch Absatz 3 geänderten Fassung) unvereinbar sind.
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