– – animamque poetæ
His saltem accumulem donis, & fungar inani
Munere – –
1p. 136–144.
2p. 144–147.
3p. 148–158.
4p. 158–188.
5 Ernest. Opusc. philol. critic. p. 126. Die Citation dieses Stücks im Indice des genannten Buchs ist zu corrigiren.
6p. 188–223.
7Viert. Gesang p. 120.
8p. 224–232.
9p. 233–51.
10p. 251–67.
11p. 274 etc.
12p. 271–81.
13p. 282.
II. Ueber die Schaamhaftigkeit Virgils.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Der Verfasser homerischer Briefe bietet nur seine Hand dar, 1mich von der Bildsäule des griechischen, zur Statue des römischen Homers zu führen, und mir denselben in aller Größe und Liebenswürdigkeit zu zeigen. Daß dies sein Zweck sey, bezeuget der lange Eingang 2von Klagen, daß man die Alten nicht recht lese, treibe; sie also auch nicht so lieben könne, als – als Hr. Kl. uns vermuthlich an Virgil zeigen will.
Dazu aber, dazu dünkt mich das klotzische Thema wohl nicht das gewählteste. Noch so genau ausgeführt, kann es uns Virgil, als einen schamhaften, keuschen, züchtigen Dichter, vorstellen, es kann ihn uns, als einen moralisch reinen Gesellschafter, empfehlen; ob aber deßwegen, als einen unterhaltenden, liebenswürdigen Gesellschafter? ob, als einen vortrefflichen Poeten, dessen Genie begeistern, dessen poetische Kunst lehren könne? Das sehe ich, im Thema, nicht unmittelbar enthalten. Anmerkungen hierüber werden Ausschweifungen seyn müssen, oder – kurz! die lange Klagenvorrede vom unwürdigen, genielosen, unpoetischen, unangenehmen Gebrauche der Alten, steht nicht an ihrem Orte. Auch das selbst ist ein unpoetischer Gebrauch Virgils, wenn ich in ihm darauf ausgehe, Zucht und Keuschheit aufzusuchen; nicht sein Genie, seine Kunst, seine poetische Ader. Statt die Schönheiten, die entzückenden Schönheiten seiner Muse, zu betrachten, ists wohl eine würdigere Ocularinspection, ob Virgils Muse auch – eine reine, keusche Jungfer sey? Würdige Bemühung, aber für fromme Großtanten, und für kunsterfahrne Hebammen würdig, nicht für den entzückten Liebhaber in der ersten Umarmung.
Um aller keuschen Musen und Gratien willen! will ich der Schaamlosigkeit der Dichter nicht das Wort reden, und die Schaamhaftigkeit der Schriftsteller überhaupt heruntersetzen. Ich wünsche, daß der Geist der feinern Lebensart, oder warum darf ich nicht sagen? des züchtigen Christenthums, sich auch in Schriften zeige, und daß man minder die Ehrfurcht verläugne, die man der Würde des Publicums schuldig ist – ein Name, der den Meß-Schriftstellern unsrer Zeit beinahe so fremde, utopisch und lächerlich geworden, als er, den Griechen, insonderheit die für Athen, für die Welt und Nachwelt schrieben, ehrwürdig war. Der moralische Geist, mit welchem unser Jahrhundert durchdrungen seyn könnte, sollte uns einen Moralischen Verderb, den unsre Schrift stiften könne, wichtiger und gewissenhafter machen, als zehn poetische Schönheiten. – – Dies gilt auch, und noch mehr von Poeten; denn ihr Gift ist süßer, fließt leichter ein, wirkt länger und stärker. – –
Auch will ich das nicht gesagt haben, daß man in Bildung der Jugend über die moralischen Beschaffenheiten eines Dichters völlig hinweg, und nur die poetischen Schönheiten ansehen solle: daß ein Virgil und Catull gleich gute Autoren der Jugend seyn, und die Priapea etwa die goldenen Sprüche Pythagoras abwechseln könnten. Vor wem soll man mehr Ehrfurcht haben, als vor einer unverdorbnen Jugendseele! Unter einer Menge beobachtender Jünglinge ist man vor den Schranken des schärfsten Publicums. – –
Dies alles an seinen Ort gestellt, ist hier die Frage: ob man bei Dichtern, als Dichtern, vorzüglich auf Bemerkung ihrer Scham und Reinigkeit ausgehen? ob der poetische Kunstrichter zuerst ein Zuchtrichter seyn solle? Und das, glaube ich, soll er, vermöge Poetischer Zwecke, und des poetischen Gefühls halben, nicht. Ich verstehe Hrn. Kl. nicht, wenn er sagt: 3 quanta enim stultita est, ea de se commemorare facinora, quæ si quisquam alius a nobis patrata esse diceret, cœlum commoveremus & terram, injuriamque nobis fieri clamaremus, gravi pœna expiandam, maculamque omni modo delendam nostræ famæ inuri? Hujus tamen bonæ famæ cur ipsi negligentes sumus? Denn Hr. Kl. wird doch nicht die bona fama eines Poeten für den Inhalt halten, den er besinget? Er wird doch nicht Leßings dann fama darnach beurtheilen, wenn er singt:
Es donnert. Ja es donnert sehr.
Weg mit dem Weine! Was? nicht trinken?
Nein, Bruder! nein! der Heuchler Heer
Mag knechtisch auf die Kniee sinken u.s.w.
Nicht seine bona fama daraus beurtheilen, wenn er an seiner Angelika nichts auszusetzen findet, als – –
– – Einen Fehler treff' ich an,
Der alles nichtig macht.
Sie liebet ihren Mann.
Nicht seine bona fama daraus beurtheilen, wenn er mit dem Tode capituliret, ein und kein Türke sein möchte, Alexanders Wunsch nachahmet, der Faulheit Loblieder singet u.s.w. Denn sonst, wenn Lessing Klotz wäre, certe cœlum commoveret & terram, injuriamque sibi fieri clamaret, gravi pœna expiandam, maculamque omni modo delendam suæ famae inuri; quod quisquam alius a nobis patrata esse diceret, quæ de nibis facinora ipsi commemorabamus. Unglück gnug aber, daß Lessing, Gleim, Uz, Weiße, Gerstenberg, Wieland auf solche bonam famam nicht achteten.
Es wäre doch recht artig, wenn künftig ein Lobredner unsres Deutschen Anakreons der bonæ famæ desselben ein solches Ehrendenkmaal aus seinen anakreontischen Liederchen erbauen wollte, als Hr. Harles aus einigen sehr charakteristischen Stellen der klotzischen Gedichte, da er sich selbst, als Held, als Freund, als Gelehrter, als Weiser, als Dichter etc. mit dichterischer Offenherzigkeit preiset, sehr ernsthaft und bündig hat errichten wollen 4– – armer Gleim! wehe alsdenn deiner bonæ famæ!
»Schon in seiner Jugend, wird der Biograph desselben sehr avthentik erzälen: schon in seiner Jugend zeigte sich in Gleimen der üppige Hang zum weiblichen Geschlechte, der ihm seine meisten Gedichte nachher eingegeben. Als sein Vater ihn die edle Rechenkunst 5nach Pfunden und Thalern, und Winspeln und Centnern, und die güldene Regel-de-Tri lehren wollte, dachte der unartige Knabe schon an nichts, als Mädchen. Nichts sobald lernte er, als spielen, küssen, und war nachher schamlos gnug, andre in diese Schule einzuladen, und ihnen dies, als die erste Lection, anzupreisen. 6Seine Eltern wollten, nach christlicher Zucht und Ermahnung, 7ihn zu etwas Nützlichem anhalten: seine fromme und christliche Mutter bestimmte ihn zum ehrwürdigen Seelsorger: sein Vater zum Mediciner; aber nichts lernte der Knabe. Er bestimmte ihn zum Advocaten; auch da waren ihm nur die Händel der Verliebten sein Kram, und wer weiß, wie manche ungerechte Vertheidigung, um eines schnoben Lohnes willen – – doch ein Christ soll nicht lieblos urtheilen. Nur dauret mich das eigne Geständniß dessen, das er an sich selbst zu rühmen waget: Sein ganzes Geschäfte 8schlafend, träumend, wachend, ist an Mädchen denken; ja oft, bekennet er, habe das Rauschen der Küsse ihn zum Schlafe einwiegen müssen – wer weiß, was vorher gegangen? Selbst nicht die schönste Gegend, und die schöne Gesellschaft eines Kleists war dem Verwöhnten zum Vergnügen nicht gnug ohne seine Doris: 9denn an dieser, und am Weine hieng sein Herz und seine Seele. In solcher Denkart ist es nicht zu bewundern, daß ihm insonderheit die Diener Gottes im Wege sind: 10denn die werden zu seiner Uepigkeit nicht stille geschwiegen haben; aber der Wohllüstige suchte sich lieber zu verhärten. Sein böses Gewissen mag ihm wohl zuweilen zugesetzt, haben; aber er entschlägt sich dem Geschrei desselben; er spottet über Hölle und Teufel; 11er scherzt mit dem Tode, 12wird aber seinen Spott unter den Händen desselben theuer gnug haben bezahlen müssen. Er verlacht den Eifer der Gottesgelehrten, und. hat sich eine Moral von Lebenspflichten 13gezimmert, die atheistisch, gottlos, und der ganzen menschlichen Gesellschaft schädlich ist, und die wir anführen wollten, wenn wir es nicht für unsre Christenpflicht hielten, uns fremder Sünden nicht theilhaftig zu machen. Ja, wenn doch nur die blühenden Jahre unsers gefährlichen Schriftstellers mit solchen Tändeleien fort gegangen wären; nun aber wählt er sich noch u.s.w. – –«
Читать дальше