1 ...8 9 10 12 13 14 ...21 »Das Ding ist ja riesig«, meinte Red beeindruckt.
»Geronimo-Klasse«, informierte Melanie ihn. »Der Typ ist brandneu. Die gesamte Klasse ist seit weniger als einem Jahr in Dienst.« Sie schüttelte mitfühlend den Kopf. »Verdammt schade drum.«
»Auf jeden Fall hat es seine Feuertaufe hinter sich«, ergänzte Sorenson und deutete auf ein halbes Dutzend Schiffswracks in unmittelbarer Nähe. Sie waren ziemlich zusammengeschossen worden, doch man erkannte noch die solarischen Insignien auf der Hüllenpanzerung. Die Cockpitsektion eines Jägers der Saber-Klasse trieb durchs Bild, dicht gefolgt von den Triebwerken eines Gladius-Bombers. In beiden Fällen handelte es sich um Modelle, die vom Königreich verwendet wurden.
Die Drohne senkte weiterhin ihre Geschwindigkeit. Sie näherte sich dem Wrack der Lakota bis auf weniger als zehn Meter an, aktivierte die Scheinwerfer und begann, das Schiff mit Horizontalflug zum umrunden.
Dexter deutete auf ein Loch in der Außenhülle. Ohne Zweifel stammte es von einem Torpedovolltreffer. »Sie soll da reinfliegen. Ich will wissen, wie es innen aussieht.«
»Verstanden.« Dombrowski gab die Anweisung weiter und die Drohne steuerte fügsam ins Innere des havarierten Trägers.
Sorenson trat neben Dexter und senkte die Stimme. »Wonach genau suchst du?«
»Irgendjemand muss das Notsignal gesendet haben.«
»Vielleicht wurde es automatisch aktiviert.«
Dexter neigte leicht den Kopf zur Seite. »Schon möglich, aber wir müssen das genau wissen.«
Red sah unvermittelt auf. »Wir sind alle derselben Meinung, oder? Die solare Republik hat dieses Gefecht gewonnen.«
Melanie zuckte die Achseln. »Ja. Und?«
»Wie kommt es, dass die ein Schiff ein Notsignal senden lassen? Die Solarier sind nicht für halbe Sachen bekannt. Und sie lassen keine Schiffe zurück, die noch zu etwas Derartigem in der Lage sind.«
Dexter überlegte angestrengt und warf seinem Flagglieutenant einen eindringlichen Blick zu. Dieser konsultierte die Sensoren und ließ sich einen umfassenden Bericht geben. Schließlich sah er kopfschüttelnd auf. »Keine Feindeinheiten in Sensorreichweite.«
»Da hast du deine Antwort«, gab Dexter an Reds Adresse gewandt zurück. »Auch die verdammten Solarier begehen den einen oder anderen Fehler.«
»Vielleicht hat auch unsere Seite den Kampf gewonnen und es waren keine Feindschiffe mehr übrig.« Sorenson klang wie ein Mann, der versuchte, den Silberstreif am Horizont zu erkennen.
»Und dann lassen sie eines der eigenen Schiffe zurück, das ein Notsignal aussendet?« Redburns Stimme klang mehr als zweifelnd.
Dexter riss unversehens die Augen auf und deutete auf die Datenübertragung der KI-gesteuerten Drohne. Sein ausgestreckter Finger hatte beinahe schon etwas Anklagendes. Alle Augen im Raum folgten dem Wink.
Die Drohne hatte sich dem nächsten Abschnitt genähert, der durch ein intaktes Druckschott versiegelt war. Das eingelassene Bullauge war halb beschlagen, was auf Atmosphäre auf der anderen Seite hindeutete. Eine Hand wischte den Beschlag zur Seite und ein paar Augen lugten durch das Bullauge und musterten die Drohne um Hilfe bettelnd.
»Es gibt Überlebende«, hauchte Melanie.
Dexters Kopf zuckte herum. »Daniel? Rettungskommando entsenden. Die Drohnen sollen die Suche ausweiten. Vielleicht gibt es auch auf anderen Schiffen Überlebende.«
»Aye, Commodore«, bestätigte Dombrowski.
»Dex …« Reds Stimme nahm einen beschwörenden Tonfall an. »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Wir sollten hier dringendst verschwinden.«
Dexter deutete auf das Hologramm. »Und diese Menschen sich selbst überlassen? Das kann ich nicht und das werde ich nicht.«
Redburn setzte an, noch etwas hinzuzufügen, aber Melanie kam ihm zuvor. »Würdest du auch in Erwägung ziehen zu verschwinden, wenn das dort drüben Condorianer wären?«
Der Einwand brachte ihn zum Schweigen. Scham huschte über sein Gesicht. Trotzdem hielt er es für angebracht, eine letzte Bemerkung einzuwenden.
»Diese Überlebenden wurden nicht ohne Grund zurückgelassen«, stellte er in den Raum. »Ich sage dir, Dex. Das ist hundertprozentig eine Falle.«
Dexter antwortete zunächst überhaupt nicht. Als er es doch tat, war seine Stimme lediglich ein Flüstern. »Ich weiß.«

Sturmboot Bravo-drei näherte sich der Lakota von steuerbord über Bug. Das Vehikel war normalerweise in der Lage, hundert Marines in den Kampf zu befördern. Der heutige Auftrag machte eine Änderung der Taktik nötig. Lediglich zwanzig Mann, voll ausgerüstet und bewaffnet, befanden sich in dem Gefährt. Weitere Sturmboote näherten sich dem Schiff von der Seite, die nach physikalischen Gesichtspunkten unten darstellte, und von achtern.
Das Wrack rotierte langsam um die Querachse. Die Sturmboote drosselten ihre Geschwindigkeit und die Piloten begannen damit, ihre Vehikel der Rotation anzugleichen.
Lieutenant Colonel Lennox Christian war die Ruhe selbst. Er empfand es als überaus befriedigend, dass seine derzeitige Mission das Retten von Leben beinhaltete. Es handelte sich um eine angenehme Abwechslung. Normalerweise war das Gegenteil der Fall.
Gunny Barrera saß ihm gegenüber und kaute auf einem Fingernagel herum. Lennox ließ ihn eine Weile gewähren, bevor er seinen Untergebenen kopfschüttelnd anbellte: »Hören Sie gefälligst auf damit. Das ist ja ekelhaft.«
»Hab mir den Nagel eingerissen«, nuschelte der Gunny immer noch kauend. Er nahm den Finger endlich aus dem Mund und spuckte ein Stück des Nagels quer durch den Raum.
Lennox wandte sich schaudernd ab. Als er sich Barrera erneut zuwandte, huschte ein Grinsen über sein Gesicht. »Gunny, ich mag Sie, aber manchmal sind Sie echt schlichtweg widerlich.«
»Würde ich Sie nicht so gut kennen, Colonel, wäre ich versucht, das persönlich zu nehmen«, gab Barrera unbekümmert zurück.
Einige der Marines warfen sich amüsierte Blicke zu. Lennox wollte noch etwas sagen, doch die Stimme des Piloten dröhnte durch das Mannschaftsabteil. »Wir stellen Kontakt zum Ziel in weniger als dreißig Sekunden her, Ladys und Gentlemen.«
Lennox nickte. »Bereit machen!«, war alles, was er sagte. Der Colonel senkte das Visier seines Helms und versiegelte den Kampfanzug luftdicht. Auf der Stelle übernahmen die Lebenserhaltungssysteme des Anzugs und versorgten den Soldaten mit Atemluft. Die Männer und Frauen in seiner Begleitung folgten dem Beispiel. Anschließend verbrachten die Marines eine halbe Minute damit, die Ausrüstung der anderen auf Schwächen zu überprüfen. Als alle so weit waren, hoben sie den nach oben gereckten Daumen der rechten Hand.
Das Timing passte fast haargenau. Das Sturmboot näherte sich den oberen Deckaufbauten der Lakota, senkte sich ab und verankerte den Rumpf. Es hing nun wie eine Zecke im Pelz eines Tieres. Es war ein unappetitlicher, wenn auch treffender Vergleich.
Barrera gab zwei Marines ein kurzes Handsignal und die beiden Männer begaben sich zu einer Luke in der Mitte des Raumschiffs. Sie öffneten diese schnell und problemlos. Das Sturmboot hatte sich auf einer Luftschleuse niedergelassen, die nach einhelliger Meinung noch intakt war. Lennox war gespannt, ob dies der Wahrheit entsprach. Falls nicht, stand ihnen ein hartes Stück Arbeit bevor.
Die Sturmboote besaßen aus offensichtlichen Gründen keine Bullaugen nach draußen, daher wusste Lennox nicht, was im All vor sich ging. Gleichwohl war ihm klar, dass Jäger der Skulls und der Piraten den Weltraum absicherten, um sie vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Auch ihm war klar, dass es sich hierbei nur um eine Falle handeln konnte. Die Solarier würden zuschlagen, sobald die Rettungsoperation startete. Der Colonel biss sich auf die Lippe. Wenn sie auch nur einen adäquaten Prozentsatz der Überlebenden würden retten können, dann hatte sich das Risiko gelohnt. Er hoffte nur, dass die Solarier nicht zu früh auf der Bildfläche erschienen.
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