Olivia Monti - Das Haus

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Das Haus ist ein Gebäude voller winziger Mietwohnungen. Mit dem Tod des Medizinstudenten Enis Al Agha nimmt das Unheil seinen Lauf. Einer um den anderen Mieter wird tot aufgefunden oder verschwindet spurlos. Die pensionierte Schneiderin Frau Rauhaar ist sich sicher, es gibt einen einzigen Mörder und der wohnt im Haus. Die Parapsychologin Nadja Knoll ist anderer Meinung: Das Haus sei womöglich ein Unglückshaus, ein verfluchter Ort, das Haus selbst sei sozusagen schuld an den grausigen Geschehnissen. Niemand erkennt ein klares Muster hinter den horrenden Fällen. Die Polizei ist ratlos. Bis sie rein zufällig auf eine bedeutende Spur stößt. Viel zu spät.

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Olivia Monti

Das Haus

Kriminalroman

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Inhaltsverzeichnis Titel Olivia Monti Das Haus Kriminalroman Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Vorspiel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Nachspiel

Über die Autorin

Weitere Romane von Olivia Monti

Impressum neobooks

Vorspiel

Das Haus ist eines dieser typischen Mietshäuser mit Wohnungen so klein wie Schuhschachteln. Lediglich im obersten Stock gibt es eine größere Wohnung, ein geräumiges Penthouse.

Lange Zeit lebten wir hier in Ruhe. Es gab die üblichen Streitereien zwischen Nachbarn. Dürfen Schuhe in der gemeinsamen Waschmaschine gewaschen werden? Darf eine wöchentlich gekochte Fischsuppe im gesamten Treppenhaus den Geruch bestimmen? Ab wann ist Musik Lärm? Was ist mit Türenschlagen in der Nacht? Wieviel Hundegebell ist erlaubt? Und so weiter. Der eine hält den anderen für unverschämt, rücksichtslos oder verrückt. Die Mehrzahl versteht sich allerdings einigermaßen. Man duldet einander. Und manchmal entstehen sogar Freundschaften.

Diese verhältnismäßige Ruhe war nach der letzten Party bei Zimmermann für immer dahin. Es passierte etwas Entsetzliches. Und obwohl man sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen kann, war das erst der Anfang.

Einmal im Monat lädt Leonardo Zimmermann alle Einwohner zum Aperitif auf seine Dachterrasse ein. Er bewohnt das große Penthouse. Es ist nicht nur ein Aperitif, Zimmermann bietet uns mit Kanapees, Schinken, Käse, Lachs, Scampi, Salaten, Süßspeisen überhäufte Platten an und fachmännisch gekühlten, besonders feinperligen Champagner. Erstaunlicherweise kommen alle, und wir bleiben meist bis tief in die Nacht, tratschen, scherzen, lachen.

Mit mir unterhält sich Zimmermann meistens über meine paranormalen Forschungen. Er fragt, an was ich gerade arbeite. Ich erzähle ihm dann, wie weit ich mit einem Manuskript über das Gedächtnis von Dingen und Orten bin, auch wenn ich das Gefühl habe, dass ihn das Thema nicht sonderlich interessiert.

Die Feldner-Schwestern, zwei junge Mädchen, die eine Banklehrling, die andere auf Stellensuche, zieht Zimmermann nur allzu gerne mit Witzen auf. Sie kichern spontan los, und ihr Gekicher steckt alle anderen an. Alle nennen sie die Feldner-Schwestern, als seien sie keine Individuen. Dabei gleichen sie sich gar nicht. Die eine ist eine stämmige Rothaarige, die andere eine zierliche Blondine.

Frau Mooskop, pensionierte Kurzwarenverkäuferin, und Frau Rauhaar, pensionierte Schneiderin, bedient Zimmermann höflich, lässt sie aber während des Abends eher links liegen. Frau Mooskop verkaufte Damenunterwäsche. Damals sagte man noch Damenunterbekleidung. Die Zeit der allgegenwärtigen Dessous hat sie wohl nicht mehr mitgemacht. Frau Rauhaar ist etwas jünger. Ihren Beruf üben hierzulande nicht mehr viele aus. Es gibt kaum noch Scheiderinnen außerhalb der Haute Couture. Sie werden einfach nicht mehr gebraucht. Frau Rauhaar ist ledig. Sie war als junges Mädchen vollauf mit ihrer Schneiderlehre beschäftigt gewesen und hatte angeblich schlicht keine Zeit für Männer gehabt. Im Gegensatz zur Mooskop kleidet sich die Rauhaar modern, sie hat Geschmack und scheut sich nicht vor Farben.

Es ist seltsam, dass Zimmermann die Mooskop und die Rauhaar bedient, aber nicht Ramona Valdes. Ramona ist ebenfalls älter. Wobei ihr Alter schwer einzuschätzen ist. Sie könnte um die siebzig sein. Zimmermann schenkt Ramona kein Glas ein, er zwinkert ihr nur zu. Ramona trägt meistens ein viel zu kurzes Oberteil und eine zu eng anliegende Hose, die den Schritt einschneidet. Sie kleidet sich wie ein Teenager. Vielleicht ist es die Macht der Gewohnheit. Als Bardame war sie Jahrzehnte knapp gekleidet, so hat man es von ihr verlangt, und jetzt stellt sie sich nicht mehr um. Dass Zimmermann Ramona quasi wissend zuzwinkert, stört mich. Ich finde es respektlos.

Während Zimmermann die Frauen eher links liegen lässt, seine Unterhaltung mit uns beschränkt sich meistens auf ein paar wenige Witze, unterhält er sich hauptsächlich und auch ernsthaft mit den Männern, etwa über das politische Tagesgeschehen, über Anlagen oder Sport.

Besonders gut versteht er sich mit Jean Colomb, den böse Zungen im Haus trotz seiner vierzig Jahre als Muttersöhnchen bezeichnen. Ebenso mag er offensichtlich Marco Bentivoglio, eine graue Büromaus, und den Balletttänzer Matt Reynolds, den Oscar Wilde zum Vorbild für Dorian Gray hätte nehmen müssen, wenn er ihn denn kennengelernt hätte.

Die einzige Frau, die sich manchmal zu der Männergruppe gesellt, und von den Männern auch einbezogen wird, ist Marina Dunst. Die Dunst ist groß, dick und launisch. Du musst bei ihr jedes Wort auf die Goldwaage legen. Marina Dunst fühlt sich angegriffen, auch wenn man das nicht im Mindestens beabsichtigt hat, und putzt einen aus heiterem Himmel herunter. Mehr und mehr habe ich den Verdacht, es macht ihr Spaß, sie braucht es.

Priscilla Klein und ich bilden ein Gesprächspaar für sich. Wir sind beide in den Fünfzigern, fühlen uns aber eher wie in den Dreißigern. Wahrscheinlich, weil wir nie verheiratet waren, keine Familien gegründet haben; man altert dann langsamer und bleibt irgendwie unreif, habe ich den Verdacht. Priscilla leitet den Onlineverkauf eines Fitnessgeräteherstellers. Ich fühle mich mit ihr wohl, ohne dass ich wüsste, weshalb. Manche Menschen sind wohltuend entspannend, tolle Kumpel.

Priscilla und Marina sind schon öfters aneinandergeraten. Grund sind Priscillas zwei Chihuahuas. Marina Dunst wohnt im ersten Stock direkt über Priscilla und hört die Chihuahuas bellen. Sie bellen regelmäßig, wenn Priscilla nicht da ist und jemand die Haustüre zuschlägt. Vor einer Woche kam es zwischen Priscilla und Marina beinahe zu Handgreiflichkeiten. Marina bezichtigte Priscilla im Treppenhaus der Tierquälerei. Zwei Hunde dürfe man nicht in so einer kleinen Wohnung halten. Sie drohte Priscilla sogar, sie beim Tierschutz anzuzeigen. Bislang hatte sich Marina nur bei der Verwaltung über das Hundegebell beschwert, mit geringem Erfolg, jetzt wollte sie anscheinend eine Eskalation. Ich hatte Priscilla im Treppenhaus schreien gehört. Sie schreit sonst nie, ist immer beherrscht. Aber da schrie sie aus vollen Lungen, dass Marina sich gefälligst um ihren eigenen Dreck scheren solle.

Fehlen noch die Wistlers. Die Wistlers kommen immer später als alle anderen. Frau Wistler ist eine hübsche Brünette in den Vierzigern und schreibt anscheinend Romane. So ganz genau weiß das niemand. Herr Wistler ist zwanzig Jahre älter, sieht aber aus, als wäre er vierzig Jahre älter. Ich wundere mich, wie die beiden auf so engem Raum zusammenleben können. Bei den Wistlers haben wir nicht den klassischen Fall, bei dem der alte Mann die jüngere Frau aushält. Hier ist es umgekehrt. Er muss den Haushalt machen und einkaufen, sie schreibt und scheint das gemeinsame Leben zu finanzieren. Da noch niemand von uns einen ihrer Romane gefunden oder irgendetwas über sie gelesen hat, frage ich mich, wie sie ihr Geld verdient. Vielleicht hat sie geerbt. Herr Wistler muss schon bessere Tage erlebt haben. Er ist wohlerzogen und umfassend gebildet. Einmal hat er mir erzählt, er sei in seiner Heimat, Kanada, lange beim Militär gewesen und hätte dort später eine Tierfutterfirma mit zweihundert Angestellten geleitet. Schwer zu sagen, ob es stimmt. Ich habe nicht nach dem Namen der Firma gefragt. Manchmal will man eine Lüge nicht herausfinden; Wistler ist mir aufgrund seiner soliden Bildung zu sympathisch.

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