Das Haus des Schreckens
Das Haus des Schreckens
Mystery-Thriller
von
Elise Lambert & Thomas Riedel
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar
2. Auflage (überarbeitet)
Covergestaltung:
© 2019 Susann Smith & Thomas Riedel
Coverfoto:
© 2019 depositphoto.com
Impressum
Copyright: © 2019 Elise Lambert & Thomas Riedel
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks
»Wenn die Menschen, vom
Terror des Verbrechens beherrscht,
vom Grauen und Entsetzen toll
geworden sind, wenn das Chaos
zum obersten Gesetz erhoben,
dann ist die Stunde der
Herrschaft des Verbrechens da!«
Das Testament des Dr. Mabuse, 1932
Kapitel 1
A
uch heute hatten sich während des Tages Sonnenschein, Wolken und Regen wieder innerhalb weniger Minuten abgewechselt. Richard Dobbs hatte sich eine regenfreie und halbwegs sternenklare Nacht gewünscht – es wäre die erste seit vielen Tagen gewesen. Stattdessen wurde die Dunkelheit in schöner Regelmäßigkeit von grellen Blitzen zerrissen, denen ein ohrenbetäubender Donner folgte. Fielen tagsüber nur dicke Tropfen vom grauen Himmel, waren es jetzt Wassermassen, die ihn unweigerlich an die Sintflut denken ließen.
Er sah kurz auf das Navigationssystem seines schiefergrauen Bentleys und blickte flüchtig zur Uhr. Zufrieden stellte er fest, dass es nicht mehr weit bis zur verabredeten Stelle war. Seine Geschwindigkeit hatte er den schlechten Wetterverhältnissen angepasst, wenngleich er sonst einen eher sportlich-dynamischen Fahrstil bevorzugte. Die starken Halogenscheinwerfer seiner Limousine tasteten sich durch die düster wirkende Landschaft des Londoner Randbezirkes. In ihrem Schein glitzerte die Straße wie frisch poliertes Tafelsilber, und an einigen Stellen ergossen sich mittlere Wasserströme in die Straßengräben.
Er hatte die Scheibenwischer bereits auf die schnellste Stufe geschaltet, damit sie mit dem niederprasselnden Regen fertig wurden, aber trotzdem schafften sie es kaum, ihm eine freie Sicht zu verschaffen. Ständig lag ein zitternder Wasserfilm auf der Windschutzscheibe und verzerrte die Landschaft zu einer gespenstischen Szenerie.
Wieder zuckte ein gewaltiger Blitz vom Himmel und ging in seiner unmittelbaren Nähe nieder. Unwillkürlich fuhr er zusammen, und als keine Sekunde darauf der Donner losbrüllte, lief ihm eine Gänsehaut über den Rücken.
Noch einmal warf er einen prüfenden Blick auf das Display des Navigationssystems. Doch es wäre gar nicht nötig gewesen, denn schon meldete die weibliche Stimme, dass er sein Fahrziel erreicht habe. Infolge der Wetterlage hatte er sich schon frühzeitig auf den Weg gemacht, und so blieb ihm jetzt noch gut eine halbe Stunde Zeit.
Dobbs griff nach den Zigaretten, die in der Mittelkonsole des Wagens lagen, steckte sich eine davon zwischen die Lippen und zündete sie an. Im Radio lief gerader die x-te Wiederholung des Meghan Trainor-Titels ›All About That Bass‹ , den er, obwohl er ihn überhaupt nicht leiden mochte, inzwischen trefflich mitsingen konnte.
Was um alles in der Welt geht mich der fette Arsch einer Einundzwanzigjährigen an? , dachte er bei sich.
Wieder einmal fragte er sich, ob dieser Radiosender wirklich den Musikgeschmack der Leute traf, wie es laufend großspurig in den Jingles behauptet wurde, oder ob man sich dort von der Plattenindustrie einfach nur eifrig schmieren ließ. Für ihn stand jedenfalls unumstößlich fest, dass es sich bei den Radiomachern, um eine Bande ausgemachter Sadisten handelte, die ihre lustvolle Erfüllung darin fanden, ihre Hörer mit ständigen Wiederholungen zu quälen – ja, gar zu Tode zu foltern.
Nach einem erneuten Blick auf die Uhr stieg er aus dem Wagen. Der sintflutartige Regen hatte glücklicherweise aufgehört. Er nahm noch einen letzten Zug von seiner fast aufgerauchten Zigarette und schnippte sie achtlos in die Dunkelheit.
Trotz seiner fünfundsechzig Jahre war er kein alter Mann und ganz bestimmt konnte ihn niemand einen Feigling nennen, aber der Ort an dem er sich befand, wurde ihm langsam aber sicher unheimlich. Von Zeit zu Zeit blinkten ein paar Sterne am Himmel, um gleich darauf wieder von einer düster vorbeiziehenden Wolke verdeckt zu werden; hinzu kamen die Böen, die ihm unangenehm eisig um die Ohren pfiffen.
Er hatte sich, ein wenig abseits von seinem Bentley, schützend neben einen Baum gestellt, um nicht ständig dem brausenden Wind ausgesetzt zu sein. Unruhig trat er von einem Bein auf das andere. Er wartete jetzt schon weitere zehn Minuten auf den unbekannten Mann, der ihn am Morgen angerufen hatte. Doch bis jetzt war niemand zu sehen.
Er kramte in der Tasche seiner Jacke nach seinen Zigaretten. Inzwischen war er sich nicht mehr so sicher, ob das mit dem sich treffen eine gute Idee war. Er gab sich Feuer und sog den Rauch tief in seine Lungen. Obwohl es kalt war, bemerkte er plötzlich, dass er gar nicht mehr fror und ihm sogar Schweiß den Rücken hinablief – und der lief, weil ein seltsames, bedrohliches Gefühl in ihm aufstieg.
Es wird Zeit, dass ich verschwinde. Auf so ein Treffen werde ich mich auf keinen Fall noch einmal einlassen , dachte er bei sich, verärgert darüber, dieser Verabredung überhaupt zugestimmt zu haben.
Aus irgendeinem Grund hatte er sich ihr nicht entziehen können. Es war ein Gefühl, für das er einfach keine Erklärung fand. Ihm war, als sei er gegen seinen Willen dazu genötigt worden.
In einer Entfernung von etwa dreißig bis vierzig Yards konnte er ein Haus ausmachen, das, im zeitweilig vorhandenen Licht des Mondes, einen düsteren Schatten warf. Auf die Entfernung und von dem, was er erkennen konnte, musste es schon recht alt sein. Er schätzte es auf vielleicht einhundert Jahre.
Plötzlich schreckte ihn das Knacken eines Astes aus seinen Gedanken. Nervös holte er ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich damit über das Gesicht.
Ein Blick auf seine Armbanduhr verärgerte ihn zusätzlich. Unpünktlichkeit hatte er noch nie sonderlich geschätzt, aber die spielte jetzt auch schon keine Rolle mehr. Er hatte seine Entscheidung bereits getroffen: An diesem Ort hielten ihn keine zehn Pferde mehr!
Er wollte den Weg zu seinem Wagen antreten, als er feststellte, dass ihm seine Füße nicht mehr gehorchten. Eine unerklärliche Lähmung hatte von seinem Körper Besitz ergriffen.
Angst machte sich in ihm breit, …
… eine Angst, die sich noch steigerte, als er hinter sich eine Stimme vernahm, von der er sicher war, sie schon einmal gehört zu haben – und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde es ihm bewusster. Ja, er kannte diese Stimme. Alles in ihm bäumte sich dagegen auf. Das konnte einfach nicht sein! Er versuchte sich einzureden, dass das reine Einbildung war!
Doch dann …
… als er die Gestalt erkannte, die sich vor ihm aus dem Dunkel schälte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf, und ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken.
Dass, was er sah, war schlicht unmöglich!
Keine zwei Yards entfernt, stand ihm seinem eigenes ›Ich‹ gegenüber!
Doch was ihn fast den Verstand verlieren ließ, war gar nicht die Tatsache, dass er sich selbst gegenüberstand, sondern vielmehr der Umstand, dass die Gestalt, die seine Gesichtszüge trug, ein bleiches Skelett war!
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