Kontinentales Recht (Romanisches Recht)
Das römische Recht findet seinen Ursprung bei dem römischen Herrscher Justinian der vor 1500 Jahren dieses Rechtssystem begründete. Das römische Recht wurde durch den Code Napoleon von 1803 weiterentwickelt und hat viele Rechtssysteme in der ganzen Welt maßgeblich beeinflusst. Kontinentales Recht basiert auf einer umfangreichen Gesetzgebung, die möglichst detailliert alle erdenklichen Vorgänge erfasst und die entsprechende Vorgehensweise festlegt, was erlaubt ist und was nicht. Das hat dazu geführt, dass kontinentales Recht heute über einen sehr ausgeprägtes privates Recht verfügt, in dem vertragliche und wirtschaftliche Aspekte präzise beschrieben werden. (Kodifiziertes Recht)
Angloamerikanisches Recht
Im Gegensatz zu dem kontinentalen Recht, sind die Rechtssysteme in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und vielen anderen englischsprachigen Ländern nicht in dieser ausgeprägten Form kodifiziert. Seinen Ursprung fand das angloamerikanisch Recht in der Art, wie in diesen Ländern Recht gesprochen wurde. Ein König oder Herzog beurteilte jeden Einzelfall für sich. Entscheidungen wurden Fall für Fall herbeigeführt. Daher stammt auch der Begriff "Case-Law" für dieses Rechtssystem. Aus Gründen der Fairness wurde bei der Urteilsfindung auf die Urteile aus früheren Entscheidungen Bezug genommen. Dieser Trend hat sich bis heute erhalten, so dass eine frühere Entscheidung in einem ähnlichen Fall einen bindenden Charakter besitzt.
Heutzutage ist das öffentliche Recht weitestgehend kodifiziert, wohingegen das Privat- und damit das Vertragsrecht weitestgehend dem "Case-Law" folgt. Da Amerika und Großbritannien in der Vergangenheit die führenden Handelsnationen waren, hat dieses Rechtssystem die internationale Praxis im Vertragsrecht maßgeblich beeinflusst. Im Laufe der Zeit hat sich somit ein sehr umfangreiches Recht, insbesondere mit Bezug auf kommerzielle und vertragliche Regelungen entwickelt. Die folgende Liste zeigt eine Übersicht der Länder, die Common Law nutzen.
Europa
Schottand, Malta, Gibraltar, Irland, Isle of Man, Groß Britannien
Asien
Sri Lanka, Hong Kong, Indien, Singapur
Afrika
Kenia, Uganda, Tansania, Gambia, Somalia, Zambia, Swaziland, Lesotho, Nigeria, Sierra Leone, Zimbabwe, Ghana
Amerika
USA, Kanada, Trinidad & Tobago, Bermudas, Jamaica, Honduras, Bahamas, Barbados, Guyana
Ozeanien
Australien, Neuseeland, Pazifische Inseln, Neu Guinea, West Samoa
Religiöses Recht
Religiöses Recht existiert vorwiegend in islamisch regierten Ländern. In diesen Rechtssystemen sind gerade das Straf- und Familienrecht besonders ausgeprägt entwickelt. Dagegen ist das Handels- und Vertragsrecht gegenüber den anderen Rechtssystemen deutlich geringer ausgeprägt. In einigen Ländern, wie z.B. Pakistan, wurde für das Handelsrecht eine kodifizierte Form des britischen Rechts entwickelt.
Unterschiede bei angloamerikanischem und kontinentalem Recht
Angloamerikanisches Recht ist maßgeblich Case-Law. Richter entscheiden jeden Fall innerhalb ihres Ermessensspielraums, der erheblich weiter gefasst ist, als dies bei kontinentalem Recht der Fall ist. Die Vorgehensweise ist deshalb schwierig, da ein ähnlicher Vorfall in der Vergangenheit grundsätzlich bindend ist. Aufgrund der Fülle an ähnlichen Vorfällen ist es relativ schwierig exakt vorher zu sagen, wie ein Richter in dem jeweiligen Fall entscheiden wird. Das hat dazu geführt, dass z.B. in Großbritannien 1979 in dem "Sale of Goods Act " eine Bereinigung der Rechtsprechung stattfand. Hintergrund war, dass viele Urteile aus dem 18. und 19. Jahrhundert keine zeitgemäße Fairness in der Rechtsprechung ermöglichten. Weitere Anpassungen erfolgten mit dem ”Supply of Goods and Services Act 1982”, dem “Sale and Supply of Goods Act 1994” und dem “The Sale and Supply of Goods to Consumers Regulations 2002”.
In ähnlicher Weise bereinigten die Vereinigten Staaten ihr Handelsrecht. Trotzdem jeder Staat in den USA sein eigenes Recht besitzt, hat man sich zusätzlich auf den "Uniform Commercial Code" (UCC) geeinigt. Es handelt sich dabei weniger um eine kodifizierte Version wie nach kontinentalem Recht, sondern eher um ein einheitliches Gesetz, dass grundsätzliche Prinzipien regelt. Die Regeln des UCC werden üblicherweise nicht für Serviceverträge und Verträge im Anlagenbau verwendet, sondern regeln maßgeblich die Handelsgeschäfte zwischen den Bundes-Staaten. Diese Form des kodifizierten Rechts wird im angloamerikanischen Rechtsraum als „statute law“ bezeichnet.
Case Law führt dazu, dass eine Unsicherheit gegenüber der Rechtsprechung existiert, da niemand mit Sicherheit sagen kann, wie das Gericht entscheiden wird. Um sich also gegen Überraschungen zu schützen, versuchen die Vertrags Anwälte die Verträge möglichst umfassend zu gestalten, um jegliche Eventualitäten abzudecken. Da im anglikanischen Rechtssystem bestehende Urteile einen wesentlichen Einfluss auf die Rechtsentscheidung haben, wird in den Verträgen versucht, den Bezug zu derartigen Vorgängen durch eine spezielle Vertragssprache zu manifestieren, indem gezielt Begriffe aus diesen Urteilen aufgenommen werden.
Das kontinentale Recht ermöglicht dagegen deutlich dünnere Verträge. Der jeweilige Vorfall wird von den Richtern auf das Gesetz bezogen. Sofern eine Unklarheit existiert, wird dagegen der Gesetzestext interpretiert. Die Entscheidungsfreiheit eines Richters nach kontinentalem Rechtssystem ist somit in deutlich engere Grenzen gelegt. Es ist erkennbar, dass jedes Rechtssystem eine unterschiedliche Herangehensweise erfordert bezüglich der Gerichtsvorlagen, der Argumentation, der Vertragssprache und des Aufwandes.
Gesetzgebung in Deutschland
Nach Artikel 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Rechtsverordnungen des Bundes werden nach Artikel 82 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes von der Stelle, die sie erlässt (in der Regel die Bundesregierung oder ein Bundesministerium), ausgefertigt und grundsätzlich ebenfalls im Bundesgesetzblatt verkündet (Über die Website http://www.bundesanzeiger.de stehen das Bundesgesetzblatt Teil I und II kostenlos zur Verfügung.).
Die amtliche Fassung eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung enthält nach geltendem Recht nur die Papierausgabe des Bundesgesetzblattes, das vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben wird und über die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH ( Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln), bezogen werden kann. Eine unentgeltliche Nur-Lese-Version des Bundesgesetzblattes Teil I ab 1998 und eine kostenpflichtige Abonnentenversion des laufenden Jahrganges des Bundesgesetzblattes Teil I bietet die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH außerdem über ihre Homepage (www.bundesanzeiger.de) im Internet an. Im Anhang zu diesem Buch finden Sie eine Liste der wesentlichen Gesetze (Detaillierte Informationen zur Gesetzgebung finden Sie unter http://bundesrecht.juris.de).
Das angloamerikanische Rechtssystem ist weitestgehend "Case-Law". Jede Entscheidung eines Richters führt zu einem Präzedenzfall. Um sicherzustellen, dass bestimmte Präzedenzfälle im Streitfall angewendet werden, werden Begriffe aus diesen gewünschten Präzedenzfällen mit in den Vertragstext übernommen. Case-Law führt zu einer beinahe haar-spalterischen Interpretation von Begriffen und Worten. Daher wird in vielen Fällen versucht, einen Vorgang mit vielen ähnlichen Worten, Begriffen und Synonymen zu beschreiben. Das folgende Beispiel entstammt dem Artikel 5.8 „Design Error“ des „FIDIC Contract Guide“.
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