» Wir haben unseren eigenen kleinen Kosmos, den wir hin und wieder mit ein paar nützlichen Daten aus dem Internet ergänzen oder hier und da mal durch ein Update aktualisieren.
7) Selbsterhaltung (Angst)
Da unser System individuell ist und nach unserer Auffassung alles hat, was wir zum Leben brauchen, wäre ein Datenverlust eine riesige Katastrophe. Wir könnten eher ein Leben lang ohne Internet sein als ohne unsere eigenen Daten auf der Festplatte (Ok, das klingt für viele Jugendliche aus unserer Zeit vielleicht völlig absurd … vielleicht formulieren wir es für diese Gruppe lieber so: Wir können eher ein Leben lang ohne Updates leben, als unser bestehendes Socialmedia-Profil zu verlieren). Dabei müsste uns doch bewusst sein, dass der ganze Inhalt unserer Festplatte nur aus Teilen des ewigen und unendlichen Netzes besteht und diese auch nach dem Tod unserer Festplatte da weiter existieren, wo sie hergekommen und schon immer gewesen sind. So entsteht unsere Angst, das Ego zu verlieren und damit die Angst vor dem eigenen Tod. Und genau diese Verlustangst ist, wie wir gesehen haben, der Ursprung all unserer anderen Ängste, Sorgen und Nöte. Diese wiederum sind der Nährboden für unsere Negativität, unsere Erwartungen und schließlich das Festhalten.
» Das Ego ist die Ursache allen Leids und aller Probleme in deinem Leben.
Der Kreis schließt sich endlich. Aber warum ist das alles so kompliziert?
Dieses Bildnis ist wie geschaffen für die Veranschaulichung der Wirkungsweise unseres Egos. Es zeigt, dass wir alle an derselben Quelle hängen und von ihr unsere „Daten“ beziehen, genauso wie es uns verdeutlicht, wie unser Ego uns von dieser Quelle abnabelt. Die PC-Metapher schafft es, auch die Feinheiten dabei anschaulich zu machen. Aber auch das Wasser kann uns kurz und knapp diesen Zusammenhang verdeutlichen.
Der Weg des Wassers – warum wir das Ego brauchen
In unserem Beispiel ist jeder PC mit dem Internet und damit auch mit jedem anderen PC und allem, was es da im Netz gibt, verbunden. Genauso ist auch jeder Fluss mit dem Meer und damit mit jedem anderen Fluss und jedem Bach oder Rinnsal verbunden, dessen Wasser am Ende auf irgendeinem Weg im Meer landet. Doch um dorthin zu gelangen und seinen „Lebensweg“ zu gehen, braucht auch der Fluss eine Begrenzung, eine Identität, eine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit und eine gewisse Art von Schutz und Selbsterhaltung.
» Das Ego ist eine vorübergehende Form, die unser Wesen umgibt, solange es auf sich allein gestellt ist.
Nun aber von der Theorie zur Praxis …
Beispiele – warum das Ego die Ursache all deiner Probleme ist
Beispiel 1: Stress im Alltag
Wir haben bereits erkannt, dass diese Angst, andere zu enttäuschen und ihre Erwartungen nicht zu erfüllen, die unseren Stress verursacht, indirekt auf unseren Überlebensinstinkt zurückgeht, weil wir zum Überleben früher auf die Anerkennung in der Gruppe angewiesen waren. Wir können hier genau erkennen, dass unser Ego letzten Endes die Ursache dieses Verhaltens ist und uns das Leben schwer macht. Mehr noch: Wir können es sogar in solchen Situationen deutlich spüren! Wirst du beispielsweise von deinem Chef oder Partner für eine Leistung gelobt, fühlt sich das Ego bestätigt und gestreichelt. Wirst du getadelt, so fühlt es sich angegriffen und gekränkt. Mit diesen meist unbewussten Reaktionen will das Ego uns schützen und uns dazu bringen, mehr von dem zu machen, wofür wir gelobt werden und weniger von dem, wofür wir getadelt werden, damit unsere Überlebenschancen steigen.
» Das Ego bringt dich dazu, an den Dingen festzuhalten, die ihm helfen, seine Schutz- und Identifikationsfunktion zu erfüllen. Selbst, wenn es dabei Stress erzeugt und auf lange Sicht deine Gesundheit gefährdet.
Nichts anderes ist bei der Angst, vor einer Gruppe zu sprechen, der Hintergrund …
Beispiel 2: Ängste und Selbstzweifel
Wir haben gesehen, dass die Konfrontation mit einer größeren Gruppe einer Situation gleichkommt, die für unsere Vorfahren eine Gefahr darstellte. Unser Ego muss sich schützen. Da unser ureigenes Verhaltensmuster in solchen Situationen entweder Kampf oder Flucht war, flutet sich unser Körper mit Adrenalin und bereitet uns auf eine der beiden Reaktionen vor. Das ist das unbesiegbare Lampenfieber. Es geht zurück auf die Angst vor dem Tod und damit dem Verlust des Egos. Genauso wie alle anderen Ängste und Probleme. Diese Angst vor dem Tod ist heute meist ungerechtfertigt. Das Ego benutzt sie dennoch, weil es dieses Verhalten über tausende Jahre so gelernt und angewandt hat. Auch deine Angst vor dem Vortrag rührt aus dieser Angst vor dem Tod. Wie beim ersten Beispiel, steckt dahinter das Bestreben deines Egos, der Gruppe gefallen zu wollen, da ein Verstoß früher dein Überleben und damit das Fortbestehen deines Egos gefährdet hätte. Also machst du dir Gedanken, Sorgen und verfällst in negative Gedankenkreisläufe. Alles dank deines Egos.
» Das Ego verunsichert dich, um sein eigenes Fortbestehen zu sichern … und übertreibt es dabei.
Das nächste Beispiel ist ein Paradebeispiel für unseren Egozentrismus, auch wenn es zunächst nicht so scheinen mag …
Wir haben weiter vorne festgestellt, dass eine Partnerschaft seit Urzeiten zunächst einmal keinem anderen Grund als der Sicherung des eigenen Überlebens und vor allem des Fortbestandes der eigenen Gene diente. So nüchtern und unromantisch das erst einmal klingen mag, so wahr ist es. Unsere romantischen Gefühle, Verliebtheit und Liebe sind Belohnungen, mit denen uns unser Ego dazu bringen will, unseren Fortbestand zu sichern. Genauso sind Eifersucht, Klammern und Kontrollsucht die negativen Versuche unseres übereifrigen Egos, uns vor dem Aussterben zu bewahren. Und wo könnte sich ein Ego stärker gekränkt oder mehr bestätigt fühlen als in der Liebe?
» Das Ego bewirkt deine Hoffnungen und Ängste in der Liebe, um sein Fortbestehen oder zumindest das Fortbestehen seiner Gene zu sichern. Auch, wenn es sich damit oft selbst schadet.
Aber nicht nur, weil es sein unmittelbares Überleben sichern will, sorgt das Ego für unser Leid. Auch auf lange Sicht versucht das Ego alles Mögliche, um unsere Existenz oder zumindest unser Andenken zu sichern. Ein typisches Beispiel sind unsere Unsterblichkeitsprojekte.
Warum wir selbst nach dem Tod nicht loslassen wollen
Unsterblichkeitsprojekte sind unsere Bestrebungen, ein Vermächtnis zu schaffen, sodass unser konstruiertes Selbst (das Ego) auch nach unserem Tod fortbestehen kann. Kurz: Wir wollen, dass man weiterhin an uns denkt. Jeder von uns hat solche Projekte:
Vielleicht willst du Karriere machen und dir damit einen dauerhaften Nachruf in der Firma oder einer ganzen Branche sichern.
Oder du willst berühmt werden und damit auch nach deinem Tod im Gespräch bleiben.
Möglicherweise betrachtest du auch deine Familie und vor allem deine Kinder als Vermächtnis, durch die du nach deinem Tod hier im Leben präsent sein kannst.
Es gibt unzählige Wege, wie diese Projekte für uns aussehen können, aber eine Sache haben sie alle gemeinsam: Solange sie gut gehen, beschäftigen wir uns nicht weiter mit unserer Sterblichkeit und der daraus resultierenden Angst. Aber wenn etwas schiefgeht, wenn wir scheitern, dann kommt diese Angst schlagartig ins Bewusstsein zurück und lässt uns stärker denn je festhalten.
Warum das Ego für unseren Tod und sämtliches Leid verantwortlich ist
Dass wir uns durch unser Ego abgrenzen und uns darauf beschränken, ist das eigentliche Problem und auch die Ursache für unseren sicheren Tod. Das Ego macht uns zu einem Individuum und Individuen sterben. Durch die Abgrenzung separierst du einen gewissen Teil vom Ganzen. Du trennst ihn ab und stellst ihn alleine auf ein Podest: „Das bin ich, ich mag Eiscreme, Quizshows und Tischfußball.“ Das Problem dabei: Sobald du einen Teil vom Ganzen trennst, muss er sterben! Warum?
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