» Unser Überlebensdrang bewirkt unsere Negativität und erzeugt damit auch unsere Probleme abseits des Überlebenskampfes.
Wir halten an der Negativität und all ihren Folgen fest, weil sie uns im Laufe der Evolution oft das Überleben gesichert hat.
Das Vermeiden von Gefahr oder des sozialen Abstiegs und damit des Verlustes von überlebenswichtigen Ressourcen standen dabei im Vordergrund.
Unsere Negativität und damit auch die Ursache unserer Probleme, geht also auf unseren Überlebenstrieb zurück.
Deshalb werden wir immer negativer, je wichtiger uns ein Anliegen ist.
Da sich die Umstände geändert haben, verursacht diese Negativität heute mehr Probleme, als sie löst.
Die unsichtbare Kraft, die dahinter steckt und unsere Negativität befeuert, ist Angst.
Wie lassen sich die negativen Denkmuster, die hinter deinen leidverursachenden Erwartungen stehen, auf unsere Vorfahren und ihren Kampf ums Überleben zurückführen? Welche negativen Folgen willst du unbedingt vermeiden, weil dir dein aktuelles Anliegen so wichtig ist?
Die unsichtbare Kraft, die unsere Negativität nährt
„Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt.“
(Ralph Waldo Emerson)
Ebenso wie die Negativität hat die Angst zwei Gesichter. Auf der einen Seite hilft sie uns, zu überleben. Auf der anderen Seite ist sie der Auslöser für all unsere Probleme und unser Leid. Deshalb schauen wir uns in den folgenden beiden Kapiteln an:
Wie die Angst in unserem Leben wirkt und unsere Probleme nährt.
Warum jede Angst am Ende auf einer Verlustangst beruht und warum diese Angst die eigentliche Ursache all unserer Probleme ist.
Der Motor unserer Probleme
„Der Unwissende hat Mut, der Wissende hat Angst.“
(Alberto Moravia)
Stell dir vor, du könntest einen Tag lang ohne Angst verbringen. Egal was du tust, du hast weder Angst, noch Sorgen. Nicht einmal den leisesten Zweifel kannst du spüren. Du wachst morgens auf und freust dich auf den Tag. Du verspürst Hunger und suchst dir etwas zu essen. Dann verspürst du Lust auf körperliche Aktivität und rennst umher oder spielst Fangen oder Verstecken mit anderen. Du erblickst ein wunderschönes Wesen und verspürst Liebe. Diese Liebe bringst du ohne nachzudenken oder Angst vor Ablehnung zum Ausdruck und sie wird erwidert. Du schwebst auf Wolke Sieben und genießt diesen absolut herrlichen Tag. Als es Abend wird, verspürst du Lust zu Tanzen. Du singst und tanzt auf dem Weg nach Hause. Plötzlich springt ein Tiger aus dem Gebüsch und frisst dich. Was hältst du von diesem Tag ohne Angst? Ok, dieser angstfreie Tag ist nicht gut ausgegangen, zumindest nicht für dich, aber kümmert dich das überhaupt? Du verlebtest einen wunderbaren Tag. Du hast ihn genossen, das absolut Beste daraus gemacht und dir keinen einzigen Moment durch Sorgen oder Ängste nehmen lassen. Du warst vollkommen im Hier und Jetzt. Klar, am Ende bist du draufgegangen, aber das hat dich bis zu diesem Moment überhaupt nicht gekümmert. Und nun brauchst du dir ja keine Sorgen mehr deswegen zu machen, weil du nicht mehr da bist. Dieses Gedankenexperiment bringt perfekt zum Ausdruck, was Angst ist und welche verschiedene Rollen sie in unserem Leben spielen kann.
Was ist Angst und warum gibt es sie?
» Auf der einen Seite bremst und hemmt uns unsere Angst.
Sie bringt uns zum Nachdenken, Grübeln und dazu, Dinge zu lassen, die wir gerne tun würden (die Angebetete ansprechen, Singen und Tanzen …) oder Dinge zu tun, die wir lieber lassen würden (klammern, trinken, rauchen …). Und natürlich bringt sie uns auch dazu, an unseren negativen Mustern festzuhalten.
» Auf der anderen Seite hilft uns unsere Angst, zu überleben.
Und das ist, genauso wie bei der Negativität, ihr Ursprung:
Der Ursprung unserer Angst – Angst als Freund und Helfer
Ich unterscheide gerne zwei Arten von Angst: die intuitive und die rationale Angst.
1) Die intuitive Angst (Furcht)
Die intuitive Angst ist jene, die du beispielsweise verspüren solltest, wenn ein Tiger aus dem Gebüsch springt. Diese Angst ist ein natürlicher Überlebensmechanismus und in diesem Sinne erst einmal völlig normal und etwas Gutes.
2) Die rationale Angst (Sorgen)
Die rationale Angst ist rein vom Verstand erzeugt und kann ohne einen konkreten bedrohlichen Anlass entstehen. Sorgen gehören in diese Kategorie, genauso wie Befürchtungen, Zweifel, Existenzängste oder Verlustängste. Diese zweite Art der Angst ist etwas recht Neues auf unserem Planeten. Zumindest in der Form, in der wir sie heute kennen. Als wir Menschen noch Jäger und Sammler waren, was in kosmischer Zeitrechnung noch gar nicht so lange her ist, hatten wir es überwiegend mit der intuitiven Angst zu tun. Ok, ich war nicht dabei und kann es deshalb nicht bezeugen. Niemand war das. Aber wenn wir davon ausgehen, dass unsere Gehirne ähnlich wie die von unseren verwandten Spezies hier auf der Erde funktioniert haben, dann können wir davon ausgehen, dass es so war. Tiere leben heute überwiegend mit dieser intuitiven Angst. Sie haben Angst, wenn in der Gegenwart eine Bedrohung auftaucht. Sie sorgen sich nicht darum, was morgen passiert oder wie sie am nächsten Tag Essen auf den Tisch bringen sollen (es gibt Ausnahmen). Und genau hier liegt der Ursprung unserer rationalen Angst, die uns das Leben heute so schwer macht:
» Als wir Menschen vom Jagen und Sammeln zum Anbauen und Züchten von Nahrung übergingen, war das intuitive „Leben im Moment“ größtenteils vorbei. Wir begannen uns Sorgen zu machen.
„Wird die Ernte reichen?“
„Was, wenn sie zerstört wird?“
„Wird das Vieh durch den Winter kommen?“
Nun kannst du dir wahrscheinlich vorstellen, dass am Ende diejenigen Individuen bessere Überlebenschancen hatten, die sich mehr von diesen Fragen gestellt haben. Die unbekümmerten und im Moment lebenden Urmenschen wurden von Tigern gefressen oder sind auf andere Art ausgestorben. So hat die Evolution dafür gesorgt, dass wir Menschen heute ein so sorgenvolles Völkchen sind.
Sorgen – wie wir uns durch rationale Ängste selbst sabotieren
Bei diesen Sorgen, die mit dem direkten Überleben zusammenhängen, ist es nämlich nicht geblieben. Wir Menschen lieben es ja, ein Konzept, das einmal funktioniert, immer und überall wieder anzuwenden. Deswegen machen wir uns einfach Sorgen um alles!
„Werde ich pünklich zur Arbeit kommen?“
„Habe ich den Herd ausgemacht?“
„Was werden die Kollegen über meine neue Frisur sagen?“
Diese Sorgen dienen aber nicht mehr unserem Überleben. Sie gefährden es sogar. Denke an Bluthochdruck, Herzinfarkte, Burnout oder Depressionen, die durch die unaufhörliche Sorgenkrämerei entstehen können. Das Prinzip der Negativität, dass uns vor Jahrtausenden das Leben gesichert hat, ist heute einfach größtenteils überflüssig geworden und macht uns das Leben schwer anstatt leicht.
» In unseren überwiegend sicheren Gesellschaften gibt es einfach nicht mehr so viele Gefahren für Leib und Leben. Doch die Angst, das eigene Leben zu verlieren, ist geblieben.
Der Weg des Wassers – wie deine Ängste den Kurs deiner Gedanken bestimmen
Читать дальше