1 ...7 8 9 11 12 13 ...19 Nachdenklich schaute ich auf den kleinen Zettel. Das würde mein zweiter Fall werden. Wenn es klappt. Nun ging es endlich aufwärts. Behaglich lehnte ich mich in meinem Chefsessel zurück und ging in Gedanken noch einmal meinen ersten Fall durch.
Es war damals ein regnerischer Tag gewesen. Trotz meiner Kopfschmerzen, die von einer kleinen Bierparty herrührten, ließ ich es mir nicht nehmen, in mein Büro zu kommen.
Da dies leider zwei Stunden zu spät war, musste ich mir einige böse Blicke von Christine gefallen lassen. Aber sie verlor kein Wort, denn auf dem wackeligen Stuhl vor meinem Schreibtisch saß eine nicht mehr ganz taufrische Blondine. Oder Brünette, nur wasserstoffblond gefärbt.
Meine Detektei bestand jetzt gerade einmal einen Monat und da saß sie vor mir: Mein vermutlich erster Fall. Rasch umrundete ich meinen Schreibtisch und hielt der Dame die Hand hin. „Jon Lärpers. Ich bin der Chef hier.“
Die Dame übersah meine Hand geflissentlich. „Und ich warte schon zwei Stunden!“ Aus den Augenwinkeln konnte ich ein Grinsen Christines erkennen. Dann lenkte die Blonde doch ein. „Eva Fabriés. Sie müssen mir helfen.“ - „Dazu bin ich da, Frau Fabriés. Dazu bin ich da. Dann erzählen sie doch einmal, um was es geht.“ Ich sah die Frau erwartungsvoll an.
„Nun, also, es geht um mein Auto. Das wurde quasi gestohlen.“ - „Wenn ihr Auto gestohlen wurde, dann sollten sie zur Polizei gehen.“ Wieder nichts. Was wollte diese Frau hier? Das war kein Fall für einen Detektiv, sondern eindeutig für die Polizei.
„Nein, nein, der Wagen wurde ja nicht gestohlen.“ Ich schaute die Frau Fabriés verwirrt an. Auto gestohlen, aber auch nicht gestohlen?
„Nun, der Fall liegt nicht ganz so einfach.“ Das schien mir auch so.
„Mein Mann und ich, also mein Ex - Mann jetzt, wir haben uns getrennt. Vor drei Monaten. Und ich behielt das Auto. Jetzt allerdings hat mein Ex - Mann mir das Auto wieder weggenommen. Ich will meinen Wagen aber wiederhaben. Verstehen sie?“
Ja, ich verstand und rieb mir in Gedanken vergnügt die Hände. Eine leichte Sache! Schnell verdientes Geld. „Nun, dann werde ich das gute Stück doch einfach mal zurückholen.“ Jovial schlug ich die Hände gegeneinander. „Nichts einfacher als das.“
Eva Fabriés schaute mich befremdet an. „Sie wissen nicht, wer ich bin, oder?“ Nun, natürlich wusste ich, wer sie war - Eva Fabriés.
„Mein Mann, Ernod Fabriés, ist Besitzer mehrerer Clubs. Noch nie den Namen Fabriés gehört?“
Ich schüttelte den Kopf. Noch nie gehört. „Was für Clubs, gnädige Frau?“ - „Nun, gewisse Etablissements, wenn sie verstehen...“
Nein, ich verstand nicht. Da half mir Christine in ihrer unverblümten Art: „Hier, Chef“, dabei drehte sie ihren Monitor leicht zu mir. Ich konnte zwar nichts auf dem Bildschirm erkennen, aber die Geste zählte. Christine referierte: „Porno - Fabriés. Besitzt in ganz Deutschland zahlreiche Bordelle.“
Aha.
Eva Fabriés nickte.
„Und wo liegt das Problem, Frau Fabriés? Ich hole ihren Wagen zurück und gut ist’s.“
„Nun, mein Ex - Mann hat seine Bodyguards und außerdem kann er sehr jähzornig werden. Also - es ist nicht gerade ungefährlich.“
Ich winkte ab. Im Kopf formte sich schon ein Plan: Bei dunkler Nacht würde ich den Wagen gekonnt aufknacken und zu seiner Besitzerin zurückführen. Ein Kinderspiel!
„Frau Fabriés überlassen sie alles ruhig mir. Ich bin Privatdetektiv und lebe täglich mit der Gefahr. Der Wagen wird schneller wieder in ihren Händen sein, als sie denken.“
Ich schaute auf die Uhr und stand auf. Kurz vor eins. Es wurde Zeit für meine Mittagspause. Dann reichte ich der Blonden die Hand, die sie diesmal nahm. Wenn auch nur zögerlich. „Ich habe jetzt noch einen Termin, alles Weitere können sie ja mit meiner Sekretärin besprechen.“
Zur Feier des Tages gönnte ich mir ein großes Steak im ‚Chez Duedo’. Eigentlich wolle ich ja bei ‚Curry - Erwin’ nur eine Kleinigkeit zu mir nehmen, aber mein erster Auftrag verursachte euphorische Gefühle. Und so ein Auftrag wollte ja schließlich gefeiert werden! Leicht schwankend betrat ich nach der Mittagspause wieder mein Büro. Verdammt, etwas weniger Rotwein zum Essen hätte es aber auch getan. Vielleicht sollte sich doch erst ein kleines Mittagsschläfchen halten.
So ließ ich Christine auch gar nicht erst zu Wort kommen. „Ich hab’ noch Pause, Chrissi, ich leg’ mich ein wenig hin...“ Und schon war ich wieder draußen.
Als ich wieder ins Büro kam, fiel mir sofort auf, dass Christine sauer war. „Also, Chef, so geht das aber nicht. Du hättest mit der Dame vielleicht etwas intensiver reden sollen. Weißt du überhaupt, auf was du dich da eingelassen hast?“
„Ach, Chrissi. Sei doch froh, wenn wir überhaupt einen Auftrag bekommen. Was kann denn da schon so schlimm dran sein, ein Auto zu knacken und zu seinem Besitzer, also zu seiner Besitzerin, wieder zurückzubringen?“
Christine sah mich düster an. „Den Wagen wirst du nicht einmal aufbrechen müssen, hier sind die Schlüssel. Aber schau dir doch lieber einmal hier im Internet die Informationen der Polizei über den feinen Herrn Fabriés an.“
Ich trat hinter sie und schaute auf den Schirm. Ja, Christine hatte Recht. Dieser Auftrag konnte arg ins Auge gehen. ‚Illegaler Waffenbesitz’ und ‚organisierte Prostitution’ waren da noch die geringfügigsten Einträge. Jetzt fragte ich doch recht kleinlaut: „Aber was soll ich machen? Wir brauchen den Auftrag. Kann ich nicht vorsichtig sein?“
So schien ich Christine zu gefallen, denn ihre Stimme wurde ganz weich. „Gib den Auftrag zurück. Das ist eine Nummer zu groß für dich. Außerdem nützt es nichts, wenn ich mir bald wieder einen neuen Job suchen kann, nur weil mein Chef tot ist.“ - „Also, jetzt mal den Teufel nicht gleich an die Wand, Chrissi. Wir sind hier in Deutschland und nicht in Amerika oder, oder ...“ Mir fiel nichts Passendes ein. „Noch gibt es hier Recht und Gesetz. Ich muss halt vorsichtig vorgehen. Gib mir doch mal bitte die Daten.“
Christine seufzte. Dann schob sie mir eine Seite mit den notwendigen Informationen zu. Das sah doch alles ganz gut aus: kleiner Sportwagen; Porsche soundso - da kannte ich mich nicht aus; Schlüssel vorhanden - also kein Aufknacken; Standort vermutlich Bremen - auch noch eine kleine Reise mit Spesen, Hotelübernachtung, gutem Essen und ... Vielleicht auch noch ein paar Tage Recherchen - ich nahm mir vor auf jeden Fall ein paar Tage dafür einzuplanen. ‚Ermittlungen vor Ort’ nannte sich das.
Dann fiel mir das Wichtigste ein: „Hat die Dame einen Vorschuss bezahlt?“ Christine nickte. „Ja, hat sie. Allerdings genau berechnet. Geld spielt angeblich keine Rolle und nach der Aktion hat sie vor, großzügig zu bezahlen. Nur das Auto, das will sie unbedingt wiederhaben. Es schien ihr sehr, sehr wichtig. Persönliche Erinnerungen. Sie hängt da irgendwie dran.“
Ich jubelte. Bei einigem Geschick könnte ich bestimmt eine Woche Ermittlungen daraus machen. Mit dem so verdienten Geld ließe sich eine ganze Weile leben. Na, wie könnte ich da diesen Job nicht annehmen?
Mein vager Plan von vorhin, verfeinerte sich. Die nächsten paar Tage müsste ich erst einmal hier im Büro mit Recherchen zum Fahrzeug verbringen. Schließlich wollte ich ja gut vorbereitet an die Arbeit gehen. Dann ließen sich ...
Christine beendete meine Überlegungen mit einem Schlag: „Du fährst morgen früh direkt mit dem Zug nach Bremen. Ich habe alles schon gebucht.“ - „Wie früh?“, meine Pläne zerplatzten lautlos. „Dein Zug geht ab Rheydt Bahnhof um sechs Uhr einundvierzig. Bahnsteig zwei. Hier sind die Unterlagen, ich habe dir alles ausgedruckt. Auch eine Fahrkarte ist schon dabei. In Düsseldorf musst du umsteigen. Aber wie gesagt: das habe ich dir alles ausgedruckt. Du kommst um kurz nach zehn Uhr am Bremer Hauptbahnhof an, fährst von dort mit dem Taxi zu einem Hostel mit dem wunderschönen Namen ‚Youth - West’. Das liegt in unmittelbarer Nähe zum Club ‚Weidmanns - Gunst’. Der Wagen soll dort auf dem Hof stehen. Du checkst dann in dem Hostel ein. Zahl’ im Voraus, da du schon in der Nacht wieder weg musst. Den Tag nutzt du, um dich mit der Örtlichkeit vertraut zu machen. Nachts verlässt du die Pension und holst den Wagen. Über diese Route“, sie reichte mir eine ausgedruckte Karte, „kommst du schnellstens zurück und lieferst den Wagen ab.“
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