Reimer Boy Eilers
Fluchtpunkt Hamburg
Texte im Exil
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Inhaltsverzeichnis
Titel Reimer Boy Eilers Fluchtpunkt Hamburg Texte im Exil Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorbemerkung zur E-Book Ausgabe Vorbemerkung zur E-Book Ausgabe In der Printausgabe der Anthologie "Fluchtpunkt Hamburg - Texte im Exil" sind eine Reihe der Texte im fremdsprachigen Original abgedruckt. Damit wollten wir auch die LeserInnen erreichen, die des Deutschen nur begrenzt mächtig sind, weil sie es noch erst lernen. Auf diese Texte wollten wir in der E-Book Ausgabe nicht verzichten, wohl wissend, dass die Reader die arabischen und bengalischen Schriftzeichen nicht anzeigen. Aber wir wollen mit diesen Texten eben auch die Menschen im jeweiligen Sprachraum erreichen und gehen davon aus, dass die Reader dort die, für uns aussergewöhnlichen Schriftzeichen wiedergeben.
Aus allen Richtungen Aus allen Richtungen Flüchtlingsorakel Das ‚Flüchtlingsorakel‘ empfängt die Besucher des Theaterstücks „Die Hornköppe gehen ins Exil“. (Foto: Hartwig Kwella)
Vorwort
Hani Navaseri: Dein Zuhause
Fahman Hussein: Qamischlo
Šimo Ešić: Flüchtlinge
Hussam Al Zaher: Geschichte des Menschen, der ein Flüchtling sein musste oder: Wir sind keine Dämonen und die Deutschen keine Engel
Wade3: Der bittere Aufbruch
Hesso: Fabel vom Schüler und der Maus
Afërdita Halimi: Gedankenfeuer
Aisha Yaqhobi: Flucht aus Afghanistan
Sead Porobić: Weit von der Sprache, weit von mir
Hussein Gire Pire: Die Chronik eines Flüchtlings
Smyr: Auf der Suche nach einem normalen Leben
Omid Rezaee:Spiel der Angst
Anja Schneider: Das Bein des Großvaters
Erik Arellana Bautista: Ausländische Gegend
Ananya Azad: Zeilen eines Flüchtlings. Stories aus dem Niemandsland
হ্যাঁ, আমি রিফিউজি
Azar Mahloujian: Vereiste Seelen. Flucht aus dem Iran
Emina Čabaravdić-Kamber: Draußen blühten Magnolien
Nassrin R. Irani: Drehend, drehend
Majda Omeragić: Ein Leben
Ahmad Al Zaher: Gejammer und Fluch eines Flüchtlings
Hamed Ahmadi: Der zweite Mittwoch im Dezember 2011
Azar Mahloujian: Fluchtziele
Hasan Alhasan: Zwei Buchstaben
Esther Kaufman: Wenn die Sprache flieht
Reimer Boy Eilers: Visum für das Niemandsland oder Der Werwolf als tragische Figur
Emina Čabaravdić-Kamber: Gestern Bosnien - heute Syrien
Sven j. Olsson: Eine Entstehungsgeschichte
Verzeichnis der Beiträger und Beiträgerinnen
Bibliografische Angaben
Impressum neobooks
Vorbemerkung zur E-Book Ausgabe
In der Printausgabe der Anthologie "Fluchtpunkt Hamburg - Texte im Exil" sind eine Reihe der Texte im fremdsprachigen Original abgedruckt. Damit wollten wir auch die LeserInnen erreichen, die des Deutschen nur begrenzt mächtig sind, weil sie es noch erst lernen.
Auf diese Texte wollten wir in der E-Book Ausgabe nicht verzichten, wohl wissend, dass die Reader die arabischen und bengalischen Schriftzeichen nicht anzeigen. Aber wir wollen mit diesen Texten eben auch die Menschen im jeweiligen Sprachraum erreichen und gehen davon aus, dass die Reader dort die, für uns aussergewöhnlichen Schriftzeichen wiedergeben.
Aus allen Richtungen
Flüchtlingsorakel
Das ‚Flüchtlingsorakel‘ empfängt die Besucher des Theaterstücks „Die Hornköppe gehen ins Exil“. (Foto: Hartwig Kwella)
Reimer Boy Eilers: Aus allen Richtungen
Den Westen zum Streifen
den Süden zum Träumen
den Osten zum Kneifen
den Norden zum Fliehn
Auf Richtungen pfeifen
nach Osten verziehn
den Süden verträumen
den Norden zum Fliehn
Den Westen zum Träumen
südwärts verziehn
Osten versäumen
den Norden zum Fliehn
Es war einmal eine Zeit, da gab es Hunger, Elend und Krieg. Sie entbahr der Hoffnung auf Zukunft. Menschen flohen vor Unterdrückung und drohendem Tod. Sie ließen ihre Freunde und die Familie zurück und hofften auf ein Wiedersehen in der Fremde. Die Heimat trugen sie im Herzen, als sie sich vor ihren Häschern versteckten, sich fremde Namen gaben und vor Angst nicht schlafen konnten.
Es war einmal eine Zeit, da kam das Lachen zurück und der helle Tag war endlich wieder nur ein heller Tag. Es war einmal, da schien alles vergessen. Der Hunger, das Elend und der Krieg wurden ein Märchen aus uralter Zeit.
Es war einmal eine Zeit, da reckte der Krieg wieder seine eiserne Hand nach den Menschen. Da fand der Hunger wieder Opfer und das Elend verdunkelte den hellen Tag. Die Gefängnisse waren überfüllt und die Friedhöfe auch. Das freie Wort starb und mit ihm die Hoffnung. In dieser Zeit kamen Flüchtlinge in hellen Scharen ins Land. Sie kamen auf durchlaufenen Sohlen, mit nichts als ihrem nackten Leben. Menschen gaben Menschen zu essen und ein Dach über dem Kopf. Denn diese hatten alles verloren: ihre Heimat, ihre Familie und ihre Vergangenheit. Sie waren Menschen ohne Pass, ohne Identifikation. Sie hatten Namen oder gaben sich solche, die keiner kannte und niemand verstand; hatten Berufe, die sie nicht mehr ausüben konnten; und die verzweifelte Aussicht auf eine neue Heimat, deren Sprache sie nicht sprachen.
Viele lernten, sich einzurichten. Aber unter ihnen waren Menschen, die von der Sprache lebten. Schriftsteller, Journalisten, Blogger - Menschen, die die Sprache für ihre Arbeit brauchten; Menschen, die Menschen brauchten, die ihre Sprache verstanden. Es waren einmal Menschen, denen die Flucht ihre Sprache raubte.
Es war einmal eine Idee. Eine Schriftstellerin und ein Schrift-steller wollten den fremden, geflüchteten Kolleginnen ihre Sprache wiedergeben. Sie spürten die Not, ohne Sprache zu sein. Ausgestoßen aus der Muttersprache, macht das Schreiben keinen Sinn. Wenn die geflüchteten Schriftstellerinnen also keine Leser und Leserinnen in ihrer Sprache mehr haben, warum ihnen nicht in der Fremde Gehör verschaffen? Warum nicht eine alte Tradition in der Literatur aufgreifen und ihre Texte übersetzen? Warum ihnen nicht auf diesem Wege ein neues Publikum erschließen.
Es-war-einmal ist immer ein Märchen, ein Raunen aus alter Zeit. Mit Gnomen, Hexen, Prinzen und Prinzessinnen. Und immer mit Zauber, Ränken und Wundern versehen. Meist haben Märchen ein gutes Ende. Eines mit „dann leben sie noch heute.“ Vielleicht kann die Anthologie dazu beitragen, dass die Autoren und Schriftstellerinnen nicht nur heute schreiben, sondern auch morgen und übermorgen.
Diese Sammlung von Texten zu Flucht, Migration, Integration versteht sich als erster Schritt, um den geflüchteten Kollegen ein Sprachrohr zu geben. Dabei haben sich die Herausgeber bemüht, den stilistischen und literarischen Eigenheiten der hier vertretenen Autorinnen und Autoren – mit ihrer fremden Muttersprache – gerecht zu werden. So ist ein Teil der Texte nicht übersetzt, sondern wurde in der neuen, gerade erst erworbenen, Sprache, dem Deutschen, geschrieben. Dass hier dann Momente entstehen, wie in dem Text von Hussam Al Zaher, in dem eine Deutsche fremd klingendes Deutsch spricht, entbehrt nicht einer gewissen Zwangsläufigkeit. Bewusst haben wir diese Besonderheiten nicht „verbessert“, sondern nur leicht korrigiert, denn diese Stellen demonstrieren auf eine besondere Weise die Schwierigkeiten, wie auch spannende Eigentümlichkeiten, mit denen Schriftsteller zu kämpfen haben, wenn sie das Land ihrer Muttersprache verlassen müssen.
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