Noch zwei Geschichten aus dem argentinischen Alltag:
Während der Verkehr quasi normal fließt, also im Rechtsverkehr, fährt die U-Bahn/Subte im Linksverkehr. Die Briten sollen die Subte gebaut und dabei natürlich an ihrem System festgehalten haben. Ist manchmal etwas verwirrend. Schon verdächtig günstig sind die Preise: Je nach Wechselkurs kostet eine Fahrt (auch inklusive Umsteigen) 29 oder 36 Cent. Allerdings kostete sie vor zwei Wochen noch 21 oder 30 Cent. Wenn eine Stadt in Deutschland die Preise im Nahverkehr mal kurz um bis zu 40 Prozent anheben würde, gäbe es bei uns wohl einen Aufstand. Hier hätte ich fast nicht davon mitbekommen, weil die Tickets über eine Art Kreditkarte abgebucht werden.
Die Argentinier lieben Hunde. Leider auch die großen, wie Rottweiler, Staffordshire Bullterrier etc. Und leider hält sich hier keiner an die Maulkorbpflicht. Viele leinen ihre Tiere nicht einmal an. Das kann dann zu der unschönen Szene führen, dass sich auf einem Trödelmarkt ein nicht angeleinter Rottweiler auf einen angeleinten kleinen grauen Pudel stürzt und kräftig zubeißt. Der Pudel winselt, sein Frauchen schreit und tritt nach dem Rottweiler, sein Besitzer zerrt an dessen Halsband, andere Frauen schreien auch. Ich laufe weg.
Nachdem ich die Frau kurz darauf laut wehklagen hörte, könnte ich mir vorstellen, dass es der Pudel nicht geschafft hat.
Oh Tannenbaum...
Veröffentlicht am November 20, 2013 von stefaniejaerkel
Ja, auch in Buenos Aires hat uns die Adventsverkaufsmaschinerie fest im Griff. Im Kaufhaus “Galerias Pacifico” steht unter der auch mit nackten Frauen- und Männerkörpern bemalten Kuppeldecke ein geschätzt mindestens fünfzehn Meter hoher Weihnachtsbaum – blau glitzernd und funkelnd, eigentlich unpassend zum gediegenen Ambiente. Allerdings ist er bisher der einzige. Weihnachtsstimmung kommt sowieso nicht auf bei 20 Grad plus. Dafür ist es wahrscheinlich aber selbst in Deutschland ein bisschen zu früh im Jahr.
Andere Sitten, andere Zeiten
Veröffentlicht am November 25, 2013 von stefaniejaerkel
Dass hier alles ein bisschen später stattfindet, daran gewöhne ich mich langsam. Meine Gasteltern essen unter der Woche zwischen 23 und 24 Uhr zu Abend und gehen dann zwischen 0 und 1 Uhr ins Bett. Gearbeitet wird dann so ab 11 Uhr plus-minus. Mein Gastvater meint, manche Chefs kämen noch später. Später aufstehen und essen heißt natürlich auch später weggehen. Samstagnacht habe ich in einer Kneipe bei einem Intercambio (Sprachaustausch von Ausländern, die hier leben, und Inländern, die meist Englisch sprechen wollen) zwei Argentinier, eine Venezolanerin, eine Amerikanerin und einen Schweden kennengelernt. Gemeinsam mit einem weiteren Deutschen sind wir dann um kurz nach eins zu einer Trommelshow gefahren.
La Bomba del Tiempo ist hier absoluter Kult. Die rund 15 Jungs geben jede Woche zwei, drei Stunden ein Konzert fast nur mit Congas und anderen Trommeln. Salsa-Rhythmen, Samba, Merengue-was-weiß-ich. Jedes Mal kommen da Hunderte Fans, tanzen, springen – und kiffen sich die Birne weg. Ich war noch nie auf einem Konzert, wo so viel gekifft wurde. Vor allem wundert es mich, weil die trotz dieser doch eher entspannenden Droge eine wahnsinnige Energie beim Tanzen entwickeln. Eigentlich hätte die Show um halb eins anfangen sollen. Letztlich startete sie dann um 2 Uhr und ging bis 5 Uhr. Um sechs war ich zu Hause. Einfach grandios.
Kurz vor Ende der Nacht habe ich noch einen Argentinier kennengelernt. Der war 22 und wollte gern mit mir am nächsten Tag “was trinken gehen”. Ich meinte dann, dass er mir doch ein bisschen jung sei. Woraufhin er meinte, er hätte mich auf 26 Jahre geschätzt und letztlich sei das Alter doch egal, schließlich sei es immer das Gleiche… Letztlich war das Alter natürlich egal – er war nur einfach nicht hot.
Am Anfang dieser Nacht war ich übrigens noch auf einem ebenfalls famosen Konzert der etwas anderen Art: Darmon Meader, Mitbegründer der New York Voices (für alle Nicht-Jazzer: das erfolgreichste, berühmteste, vermutlich beste aktuelle Jazz-Vokal-Quartett der Welt), trat mit seiner Band beim Buenos Aires Jazzfestival auf. Sehr schön. Der Mann war freundlich, entspannt, total spielfreudig mit einer ebensolchen Band. Die haben einfach 80 Minuten Jazzstandards wie Heaven, Close Your Eyes und (natürlich) Spain gespielt – und die rund 200 Zuhörer hatten einen Riesenspaß. Meader spielt übrigens auch noch Tenorsaxophon. Vor allem hat dieses Konzert nur 60 Pesos gekostet, also umgerechnet vielleicht sieben Euro. In Deutschland würde man vermutlich 60 Euro und mehr bezahlen. Da muss ich doch glatt an meine ungefähr 80 Euro Eintritt und die Schnösel Bobby McFerrin und Chick Corea in der Stuttgarter Liederhalle denken. Pah.
Nachtrag zu den Hunden: Meine Gastfamilie hat auch einen Hund, einen kleinen, süßen, stinkenden. Auf jeden Fall kam ich Freitagnacht um 4 Uhr nach Hause und habe aus Höflichkeit im Wohnzimmer das Licht ausgelassen, um niemanden zu wecken. Tja, leider ist der Hund nicht stubenrein, so dass ich dann nach einigen Schritten auf festem Grund in seine weiche Hinterlassenschaft getreten bin. Da habe ich dann doch das Licht angemacht.
Nachtrag zum Fleisch: Sonntag war ich mit meinem Kumpel Martin aus Stuttgart und seiner kolumbianischen Freundin Paola, die hier lebt, mal richtig essen. Exzellent. Die Hauptspeise bestand neben ein paar Pommes Frites aus Fleisch: Rind, Huhn, Darm, Leber, Chorizo (Wurst), einer Art Blutwurst… Der Haufen kam in die Mitte und wir aßen, ohne immer genau wissen zu wollen, was das eigentlich gerade war, was da vor uns auf den Tellern lag. Manchmal ist es auch hilfreich, wenn man nicht alles versteht.
Friseur auf Argentinisch
Veröffentlicht am November 25, 2013 von stefaniejaerkel
Tja, es war mal wieder Zeit. Die Haare mussten ab. Von blond und schulterlang mit langem geraden Pony zur immer noch blonden Kurzhaarfrisur. Nicht das erste Mal in meinem Leben – und sicher nicht das letzte Mal. Der Friseurbesuch war natürlich auch ein Abenteuer. Den Salon hatte mir meine Gastmutter empfohlen und mir versichert, dass die Frauen dort auch Englisch könnten. Konnten sie aber nicht. Auf Spanisch zu telefonieren ist vor allem dann nicht ganz so lustig, wenn man vorher davon ausgeht, das Wesentliche auf Englisch besprechen zu können – und das gleiche Spiel dann im Salon. Aber es hat alles gut geklappt (finde ich zumindest).
Ach ja: Das Schneiden hat 24 Euro gekostet, Waschen sechs Euro extra. Interessantes Verhältnis...
Wo bitte geht's zum Meer?
Veröffentlicht am Dezember 1, 2013 von stefaniejaerkel
Nach vier Wochen Buenos Aires musste ich dann doch noch ein bisschen die Umgebung erkunden und beispielsweise nach Tigre fahren, angeblich das zweitgrößte Flussdelta nach dem Amazonasgebiet. Die Menschen leben auf zig kleinen Inseln, bewegen sich nur mit Booten vorwärts und das Supermarktschiff bringt die Lebensmittel. Manche Menschen verbringen hier auch ihren Urlaub und mieten eins der kleinen Häuschen. Schwimmen soll allerdings gesundheitsschädlich sein, weil irgendeine Chemiefabrik oberhalb ihre Abwässer einleitet. Aber Olivia, die Schweizerin, die ich bei den Wasserfällen von Iguazú kennen gelernt hatte, eine Freundin von ihr und ich, wir wollten uns das Ganze ja auch nur vom Schiff aus anschauen.
Am Tag zuvor hatte ich mich mit Olivia auf den Weg ans Meer gemacht. Sie hatte die Idee, mit dem Bus nach La Plata südöstlich von Buenos Aires zu fahren. Dank meiner mittlerweile erreichten Tiefenentspannung hatte ich allerdings nicht einmal an einen Bikini gedacht. Ich musste mir jedoch an diesem Tag keine Badebekleidung mehr kaufen, denn als wir dort ankamen und nach dem Weg zum Meer fragten, klärte uns die Mitarbeiterin eines Reisebüros darüber auf, dass La Plata nicht am Meer liegt und dass es nach weiteren 20 Minuten Busfahrt nur den Fluss gebe, an dem auch Buenos Aires liegt. Also haben wir uns La Plata angeschaut, wirklich kein argentinisches Kleinod, sondern eher eine Schlafstadt vor den Toren der Großstadt. Wir nahmen es trotzdem gelassen, hatten einen sehr unterhaltsamen Tag mit Sushi und einem Blick auf die mächtige Kathedrale der Stadt – sowie eine nette Geschichte, die wir später unseren Sprachschul-Kollegen in Buenos Aires erzählen konnten.
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