Jetzt blitze ein Bild von Alexander vor ihren Augen auf. Mel stöhnte. „Du hast ein Ego, das unfassbar groß ist. Das alleine macht dich schon unattraktiv.“
Als hätte Mel nichts gesagt, beugte er sich ein Stück zu ihr, sodass nur sie hören konnte, was er sagte. „Meine Hände würden langsam über deinen Körper gleiten und jeden einzelnen Zentimeter erforschen. Mein Mund würde bei deinen sinnlichen Lippen anfangen und dann meinen Händen folgen. Meine Zunge würde dich an deiner empfindlichsten Stelle verwöhnen, während meine Hände deine harten Brustwarzen streicheln. Kurz bevor du kommst, würde ich meine Erektion Zentimeter für Zentimeter in dich schieben, fühlen, wie du erbebst. Deine Hände würden sich in meine Schultern krallen. Du würdest mich anflehen, dich endlich kommen zu lassen. Gemeinsam würden wir einen unglaublichen Höhepunkt erleben.“
Mel starrte ihn mit offenem Mund an. So hatte noch niemand mit ihr gesprochen. Leider musste sie zugeben, dass allein diese Worte schon dafür sorgten, dass es zwischen ihren Beinen heftig pochte. Oliver lachte leise auf. „Schade, dass ich nicht dein Typ bin.“ Dann stand er auf und ging. Ohne nachzudenken, sprang sie auf und rannte ihm hinterher.
„Du bist ein elender Scheißkerl!“ Sie stieß gegen seine Schulter. Die anderen beobachteten sie fasziniert. Oliver sah sie nur lächelnd an. Da er größer war als sie, blickte er auf sie herab. Das machte Mel richtig rasend. „Für wen hältst du dich eigentlich?“
Leise antwortete er: „Schön zu sehen, dass dich schon Worte alleine so verrückt machen können.“
Mel blieb der Mund offen stehen. Redete sie gegen eine Wand?
Er beugte sich zu ihr. „Ich wäre wirklich gerne in dir“, flüsterte er. „Würde sehr gerne spüren, wie du zuckend kommst.“
„Du …“. Doch Mel musste feststellen, dass ihr tatsächlich die Worte fehlten. Und dass ihr Herz wie wild schlug.
Oliver richtete sich grinsend auf und sah auf sie herab. „Ja?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
Mel fuhr herum. „Du kannst mich mal!“
„Genau darum geht es doch!“, rief er ihr lachend hinterher.
Mel war noch nie in ihrem Leben so wütend gewesen. Sie zitterte regelrecht vor Wut. Jedenfalls hoffte sie, dass es nur ihre Wut war und nicht seine Worte. Zornig schmiss sie ihr Handtuch in ihre Badetasche, nahm ihre Autoschlüssel und verschwand, ohne Oliver auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen. Anna eilte ihr hinterher und holte sie am Parkplatz ein.
„Was war das denn?“, fragte sie atemlos und hielt Mel an der Schulter fest.
„Der Typ hat sie doch nicht mehr alle“, regte sich Mel auf und pfefferte ihre Tasche auf den Boden. „Hast du gehört, was er zu mir gesagt hat?“
„Nicht alles“, antwortete Anna. „Nur seinen letzten Satz.“
„Sei froh!“ Mel stampfte wütend auf. „Er hält sich für unwiderstehlich.“
„Na ja“, sagte Anna und warf einen Blick über ihre Schulter, wo Oliver sie ungeniert beobachtete. „Er ist schon ziemlich heiß.“
„Anna!“, empörte sich Mel. „Er ist ein Macho, der glaubt, Frauen wären ein Spielzeug, nur dafür da, ihm zu gefallen.“
„Manohman. So wütend habe ich dich noch nie erlebt. Was hat er denn gesagt?“
„Unwichtig“, winkte Mel ab, der ihre Reaktion auf seine Worte peinlich war. „Wichtig ist nur, dass er nicht mehr in meine Nähe kommt. Sonst kastriere ich ihn“, rief sie laut und vernahm kurz darauf Olivers dunkles Lachen. An Anna gewandt sagte sie: „Ich verschwinde jetzt. Bevor ich einen Mord begehe. Wir sehen uns morgen.“
Anna, die Mel gut kannte und wusste, dass sie sie nicht würde umstimmen können, nickte.
Oliver blickte dem wegfahrenden Auto hinterher und schmunzelte. Mel reizte ihn. Sie hatte Feuer. Und sie hatte auf ihn reagiert. Ihm war nicht entgangen, dass sich ihr Atem bei seinen Worten beschleunigt hatte. Es musste schon mit dem Teufel zugehen, wenn er sie nicht bekommen würde. Ob er sie behalten würde, wusste er noch nicht. Aber für solche Überlegungen war noch Zeit genug. Grinsend ging er zu den anderen zurück. Vor ihm lag eine aufregende Zeit.
Zuhause angekommen feuerte Mel wütend ihre Badeklamotten in die Waschmaschine. Was für ein beschissener Tag! Er hatte so gut angefangen. Bis dieser Oliver aufgetaucht war. Sie schmiss den Deckel zu und trat frustriert gegen die Maschine, als diese nicht gleich ansprang.
„Und du hör gefälligst genau zu, wenn ich dir sage, was ich will!“, schrie sie ihren Spiegel an. „Gutes Aussehen alleine reicht nicht!“ Dann knallte sie die Badezimmertür zu und ging in die Küche, um sich ein Wasser zu holen. Anstatt auf ihrem kleinen Balkon zu sitzen, hätte sie jetzt schön am See liegen, Bratwurst essen und Spaß haben können. Stattdessen musste sie sich Gedanken machen, ob sie noch etwas Essbares im Kühlschrank hatte oder doch den Pizzabringdienst bemühen musste.
„So ein blöder, dämlicher, arroganter Scheißkerl“, fluchte sie vor sich hin. Noch nie hatte jemand sie dermaßen in Rage versetzt. Jedenfalls nicht in so kurzer Zeit. Allerdings musste sie widerwillig zugeben, dass seine Worte sie erregt hatten. Vor ihrem geistigen Auge hatte sie zwei verschwitzte Körper gesehen, die sich leidenschaftlich im Bett wälzten. „Daran ist nur Alexander schuld“, murmelte sie aufgebracht. „Wenn er nicht so schlecht im Bett gewesen wäre, hätte ich auf solche Worte gar nicht reagiert.“ Ärgerlich auf sich selbst stand sie wieder auf und zog ihre Jogging-Klamotten an. Sie musste sich unbedingt abreagieren. Sie konnte nur hoffen, dass das Olivers erster und letzter Auftritt in ihrer Clique gewesen war. Aber so ganz glaubte sie nicht daran.
Oliver betrat am nächsten Morgen den Vorlesungssaal der Uni Hannover. Er studierte im dritten Semester Maschinenbau. Nach dem Abi hatte er es vorgezogen, erstmal eine Lehre zu machen. Doch irgendwann merkte er, dass er höher hinaus wollte. Also begann er zu studieren. Die wenigen Frauen, die sich in der Vorlesung befanden, hoben ohne Ausnahme den Kopf und warfen ihm teils offene, teils verstohlene Blicke zu. Oliver war sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst. Allerdings musste er einräumen, dass es nicht schwierig war, unter den Studenten aufzufallen. Er war einer der wenigen, die sich anständig kleideten. Nie im Leben würde er ein T-Shirt anziehen, dass ihm fünf Nummern zu groß war und meistens auch noch dreckig. Oder Hosen, wo der Hintern in den Kniekehlen saß. Er fand, wenn man einen durchtrainierten Body hatte, sollte man das auch zeigen. Deswegen waren seine Hosen eng geschnitten, vor allen Dingen am Hintern, und seine T-Shirts sauber und figurbetont. Er trug stets dunkle Jacken, entweder Leder – oder Jeansjacken. Sein Dreitage-Bart war gepflegt, seine Haare gewaschen und gestylt. Er benutzte jeden Morgen Parfum, nicht haufenweise, sondern so, dass es als angenehm empfunden werden konnte. Und leider stach er damit aus der Masse schon heraus. Grüßend hob er die Hand in Richtung André, der weiter oben saß. Einige Frauen kicherten.
„Alles klar, Ladies?“, fragte er im Vorbeigehen, während er sich seinen Weg zu André bahnte. Seine Gedanken schweiften zum gestrigen Tag und zu Mel. Er glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Blick. Sowas war was für kitschige Filme. Aber er glaubte definitiv an Begehren auf den ersten Blick. Und genau das war passiert. Er hatte sie gesehen und wollte sie. So einfach war das. Obwohl sie sich zierte, war er sich sicher, sie früher oder später in seinem Bett zu haben, eher früher als später. Bis jetzt hatte ihm noch keine lange widerstehen können.
„Ey, Alter“, begrüßte André ihn und schubste sein Zeug beiseite, damit er sich setzen konnte. „Wie war´s Wochenende?“
Oliver nickte. „Ganz okay.“ André war nur ein Studienkollege, kein Freund. Es gab keinen Grund ihm alles haarklein zu berichten. „Und selbst?“, fragte er ohne wirkliches Interesse. André merkte nicht mal, dass Oliver nicht zuhörte. Ein paar Mädels drehten sich in seine Richtung, tuschelten etwas. Dann stand eine auf und schlenderte auf ihn zu. Erwartungsvoll blickte Oliver sie an.
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