„Mister Sullivan, hat Mister Cromwell erwähnt, wo er ihre Tochter suchen wollte?“
„Ja, er hat mir gesagt, dass er auf dem Campingplatz in Spanien eine Spur aufgenommen hat. Er hat von einem Wohnmobil gesprochen, der Marke Hymer PremiumLine . Der Fahrer hat unüblicherweise am Vorabend des Verschwindens meiner Tochter Kate den Campingplatz verlassen. Normalerweise fahren die Camper erst am Morgen los.“
„Sie sagen, dass Mister Cromwell diesen Mann aus der Bretagne kommend vermutet hat?“
„Ja, er hat gesagt, dass der Platzwart ihm die Eintragung im Gästebuch gezeigt hat. Dort ist der Name, ich glaube es war Tosser, und die Zulassungsnummer des Wohnmobils notiert gewesen. Die Nummer gehörte zum Finistère. Daher hat Dan Cromwell sich sofort auf den Weg in die Bretagne gemacht.“
„Haben Sie die Zulassungsnummer des Fahrzeugs notiert?“, fragte Anaïk.
„Ja, ich habe die folgende Zulassungsnummer bekommen: 27 QCDE 71 und die Nummer 29 des Départements. Der Besitzer soll ein Martin Tosser aus Fouesnant sein.“
Tom Sullivan buchstabierte den Namen der Ortschaft. Dann gab er Anaïk noch die Adresse.
„Haben Sie einen Erpresserbrief erhalten? Oder hat ein Entführer Geldforderungen an Sie gerichtet?“, fragte Anaïk.
„Überhaupt nicht, niemand hat sich bei mir gemeldet! Haben Sie mich nicht verstanden? Meine Tochter ist verschwunden.“
„Das habe ich schon verstanden, aber in der Zwischenzeit hätte ja vielleicht eine Nachricht eintreffen können. Aber haben Sie vielen Dank für die Informationen Mister Sullivan, das hilft uns weiter. Sollten wir noch Fragen haben, dann melden wir uns wieder.“
Tom Sullivan gab Anaïk noch seine Anschrift und Telefonnummer. Anaïk nahm ihre Notizen, ging zurück zur Pinnwand und notierte sich die Punkte. Der Fall bekam plötzlich eine neue Wendung. Nachdem Sie die Zulassungsnummer unter den Namen Tosser geschrieben hatte, ging sie an ihren Computer und gab diese Nummer ein. Ihr Erstaunen war groß als sie feststellte, dass unter der Nummer 27 QCDE 71 kein Eintrag existierte. Die Nummer war gefälscht. Sie wechselte ins Personenregister und suchte nach einem Martin Tosser. Auch den konnte sie in Fouesnant nicht finden. Sowohl der Name als auch die Zulassungsnummer waren also erfunden.
Anaïk informierte Monique über die Entwicklung.
„Wenn unser Toter einem Entführer auf der Spur gewesen ist, könnte der sein Mörder sein. Aber wie hat er den Mann gefunden? Du hast doch gerade gesagt, dass Name und Kennzeichen gefälscht sind.“
„Er muss eine Möglichkeit gefunden haben und die müssen wir auch finden“, meinte Anaïk und ging zurück in ihr Büro.
Dan Cromwell erreichte den ersten Händler in der Kleinstadt Quimperlé. Er spazierte über das weitläufige Gelände und sah sich die ausgestellten Wohnmobile an. Ein Verkäufer kam auf ihn zu und fragte, ob er ihm behilflich sein könnte.
„Gerne, ich bin auf der Suche nach einem etwas größeren Wohnmobil. Am liebsten wäre mir ein Hymer“, erwiderte Dan.
„Oh, da muss ich Sie leider enttäuschen, die Marke führen wir nicht, aber ich kann Ihnen vergleichbare Fahrzeuge mit einer ähnlichen Ausstattung zeigen.“
„Haben Sie vielen Dank, aber ich suche nur einen Hymer.“ Dan verabschiedete sich und verließ das Gelände. Der nächste Händler saß in Quimper.
Leider wurde er auch dort nicht fündig. Auch dieser Händler führte die Marke nicht, meinte aber, dass er ein solches Wohnmobil auf Bestellung beschaffen könnte. Auf seiner Liste standen jetzt noch drei weiter Händler. Der nächste hatte seine Niederlassung in Châteaulin, im Norden des Finistères.
Châteaulin, an dem kleinen Fluss l´Aulne gelegen, erstreckte sich entlang den beiden Ufern des Flusses und über die Hänge links und rechts des Wassers. Eine lange Autoschlange kam nur langsam vorwärts. Nach einigen Verzögerungen überquerte er schließlich den Fluss und nahm die Straße nach Plomodiern. Er hatte die Stadtgrenze von Châteaulin gerade hinter sich gelassen als er auch schon die großen Hinweistafeln sah. Dan steuerte seinen Rover auf das Firmengelände und stieg aus. Die ausgestellten Wohnmobile machten einen edleren Eindruck als bei den vorherigen Anbietern. Es handelte sich um deutlich größere Fahrzeuge. Dan Cromwell brauchte nicht lange zu suchen, um einen Hymer zu entdecken. Er sah sich das Wohnmobil von allen Seiten an. Ein Verkäufer oder vielleicht sogar der Besitzer der Firma kam auf ihn zu.
„Wie kann ich Ihnen helfen, Monsieur?“, fragte er Dan.
„Nun, ich bin auf der Suche nach einem Hymer der Luxusklasse. Er ist mir von einem Herrn aus Fouesnant empfohlen worden, leider habe ich vergessen, ihn nach seinem Namen zu fragen. Ich würde am liebsten genau den gleichen Wagen haben.“
„Das wird etwas schwierig, wenn Sie nicht wissen, wie der Mann heißt“, meinte der Verkäufer.
„Sie haben bestimmt nicht so viele Fahrzeuge in dieser Kategorie verkauft, vielleicht können Sie einfach nachsehen, wer eine solches Wohnmobil in den letzten Jahren gekauft hat.“
„Hmmm, da müssen Sie mir schon etwas mehr Informationen geben.“
„Reicht es nicht aus, wenn Sie in ihren Computer PremiumLine eingeben?“
„Oh, eines unserer Topmodelle! Ja, da kann ich nachsehen.“ Der Mann bat Dan Cromwell, ihm in sein Büro zu folgen. Er setzte sich an den Computer und tippte einige Daten in die Suchmaske und fügte PremiumLine B hinzu. Sofort erschienen vier Namen auf dem Bildschirm. Dan Cromwell nahm sein Handy und fotografierte die Namen ab.
„Verzeihen Sie, aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen Sie die Angaben nicht fotografieren. Würden Sie das Bild bitte löschen!“
Dan Cromwell scherte sich nicht um die Bitte. Er verließ das Büro grußlos und eilte zu seinem Rover. Der Mann war ihm noch einige Schritte gefolgt, dann hatte er aufgegeben.
Dan fuhr vom Hof der Firma zurück zu seinem Hotel. Auf der Voie Express hielt er auf einem Parkplatz an und besah sich das Foto auf dem Handy. Er vergrößerte das Bild. Zwei Käufer hatten eine Adresse in Brest. Die beiden anderen wohnten in der Nähe, einer in Douarnenez und der andere in Fouesnant. Die beiden anderen wohnten in der Nähe, einer in Douarnenez und der andere in Fouesnant.
Dan Cromwell wollte sich zuerst einmal um den Käufer aus Fouesnant kümmern, denn der Ort hatte im Buch des Campingplatzwartes gestanden. Auf dem Foto standen die notwendigen Angaben, der Name, die Adresse und die Telefonnummer.
Dan Cromwell startete den Motor und fuhr ins Hotel nach Concarneau. Vom Hotel aus würde er den Mann anrufen und zu erpressen versuchen.
Er wählte die Nummer auf dem Foto.
„Hallo“, meldete sich eine Männerstimme.
„Mit wem spreche ich?“, fragte Dan Cromwell.
„Wer will das wissen?“, fragte die Gegenseite zurück.
„Mein Name tut nichts zur Sache. Ich habe interessante Informationen für die Gendarmerie. Ich denke, dass Sie vielleicht auch Interesse daran haben. Ich sage nur, es geht um Kate!“
Stille auf der anderen Seite. Das war für Cromwell ein gutes Zeichen.
„Was für eine Kate? Ich kenne keine Kate?“
Dan Cromwell war sich jetzt schon sicher, dass er auf Anhieb den Richtigen gefunden hatte.
„Sie wissen genau welche Kate ich meine. Kate Sullivan, die auf dem Campingplatz Valdoviño in Spanien von Ihnen entführt worden ist. Ich denke, dass Sie bereit sind, eine kleine Summe für mein Schweigen zu bezahlen“, entgegnete Cromwell.
Erneute Stille auf der anderen Seite. Cromwell blieb entspannt und ließ seinem Gesprächspartner Zeit.
„Wieviel wollen Sie?“, fragte der schließlich.
„Ich will nicht unverschämt sein. Ich denke an einen Betrag von 100.000 Euro“, antwortete Cromwell.
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