Jean-Pierre Kermanchec
Ligurischer Urlaub
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jean-Pierre Kermanchec Ligurischer Urlaub Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Impressum neobooks
Ein leises Klopfen drang an das Ohr von Henri Medernach. Zuerst hatte er das Gefühl zu träumen. Als es aber noch einmal zu vernehmen war, diesmal etwas heftiger als zuvor, erhob er sich von seinem Bett und rief so etwas wie „ich hab's gehört“ oder so ähnlich. Jedenfalls konnte Giuseppe Carponi nichts damit anfangen und klopfte daher erneut. Giuseppe Carponi war es gewohnt, dass die Gäste des Schlafwagens nur schwer aufzuwecken waren. Endlich öffnete sich die Tür einen Spalt breit und Medernach blinzelte hindurch.
Giuseppe Carponi sagte nur: „Il treno arriverà in cinque minuti nella stazione. “
„Grazie“, erwiderte Medernach, schloss die Türe und beeilte sich beim Anziehen. Er brauchte nur zwei Minuten um sich anzukleiden und die wenigen Utensilien aus der Waschecke einzupacken. Er blickte durchs Fenster und konnte gerade für zwei oder drei Sekunden einen Blick auf die herrliche Küste von Ligurien werfen, bevor der Zug in den nächsten Tunnel eintauchte.
Henri Medernach, seit acht Tagen Kommissar a.D. hatte sich seinen Wunsch erfüllt, einmal einen mondänen Urlaub zu verbringen. Seine Wahl war auf den kleinen italienischen Ort Santa Margherita gefallen, auf Grund eines Gedichtes von Christian Morgenstern. Der Ort lag südlich von Rapallo auf einer Halbinsel, an deren Spitze sich das bekannte Fischerdorf Portofino befindet. Portofino beheimatete jetzt zwar mehr Millionäre als Fischer, aber es hatte noch nichts von seinem Charme verloren.
Ähnliches konnte man von Santa Margherita auch sagen, das nur drei oder vier Kilometer entfernt liegt.
Medernachs Hotel, das Imperiale Palace Hotel war das schönste teuerste und größte am Ort. Im Reisekatalog war es als „selecte“ geführt worden, eine Bezeichnung, die der Reiseveranstalter den außergewöhnlichen Hotels verliehen hatte. Zuerst war Medernach etwas irritiert gewesen als er den Preis gesehen hatte, aber dann entschied er sich doch für das Haus. Der Urlaub sollte schließlich wirklich etwas besonderes sein. Er konnte es sich durchaus leisten. Als Kommissar verdiente man in Luxemburg nicht schlecht. Er war ledig und unabhängig und so spielte das Geld keine so große Rolle. Er brauchte sich um niemanden zu sorgen und was er als Pension erhielt, reichte um sich einen angenehmen Lebensabend zu gestalten.
Der Zug war inzwischen im Bahnhof von Genua eingelaufen. Er musste von hier aus noch eine kurze Strecke mit dem Regionalzug nach Rapallo fahren. Medernach schnappte sich seine beiden Koffer, den Fotoapparat hatte er sich um den Hals gehängt und lief eilig zum angezeigten Bahnsteig. Der Regionalzug stand schon bereit und die Fahrt nach Rapallo würde nicht lange dauern.
In Rapallo, das er nach weniger als 30 Minuten erreichte bestieg er ein Taxi und nannte den Namen des Hotels.
Bereits nach wenigen Minuten fuhr das Taxi die Auffahrt zum Hotel hinauf. Der Weg führte durch einen herrlichen Park. Palmen, Rhododendren, Hortensien, Oleander in allen erdenklichen Farben, Oliven, Zitronen- und Orangenbäume wuchsen rechts und links des Weges. Dann tauchte der Eingang zum Hotel auf.
Ein beeindruckender prächtiger Bau aus der belle epoque, erbaut im Jahre 1889. Der Friedensvertrag von Rapallo war in seinen Mauern unterschrieben worden, so hatte es in seinem Prospekt gestanden.
Die grünen Fensterläden waren alle geschlossen und sollten wohl verhindern, dass die Sonne die Zimmer zu sehr aufheizte. Der untere Teil der Fensterläden konnte ausgeklappt werden. Herrliche Balkone erlaubten, sich abends ins Freie zu setzen und die einmalige Aussicht zu genießen. Großzügige Terrassen, ganz mit weißem Marmor ausgelegt und von marmornen Balustraden umgeben boten den Gästen Platz zum Verweilen und zu gepflegten Essen.
Das war der erste Eindruck den Medernach bekam als er das Taxi verlassen hatte. Der Hoteldiener war sofort mit einem kleinen Wagen herbeigeeilt und nahm sein Gepäck entgegen. Medernach trat durch die Drehtür in den Eingangsbereich des Hotels. Gleich rechts hinter der Tür stand der Empfangsportier, der ihn lächelnd willkommen hieß.
Henri Medernach bekam das Zimmer 110, ein schönes Zimmer mit Meerblick. Die Möbel im Empirestil, das Bad vollständig mit weißem Marmor ausgelegt und die Decke mit Stuckverzierungen versehen, bestätigten seinen ersten Eindruck: er war in einem First Class Hotel.
Aufmerksam las Medernach die Hinweise zum Aufenthalt, die auf dem kleinen Schreibtisch lagen und denen man die Erwartung entnehmen konnte, dass die Malzeiten in gepflegter Kleidung eingenommen werden. Medernach lehnte sich in seinem Sessel zurück, schloss die Augen und entspannte sich. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen.
Ab acht Uhr gab es Abendessen, so hatte der Portier zu ihm gesagt. Seine Uhr zeigte sechs Minuten vor acht als er das Zimmer verließ, über den roten Teppich den Gang entlang ging und die wenigen Stufen zum Restaurant hinunterstieg.
Der Oberkellner kam ihm entgegen, fragte nach seiner Zimmernummer und geleitete ihn zu einem Ecktisch auf dem Balkon, der sich an der Westseite des Hotels direkt über der Terrasse, entlang des Restaurants und den verschiedenen Salons erstreckte. Bei schönem Wetter wurde das Essen hier draußen serviert. Von seinem Platz aus konnte er all das Geschehen beobachten.
Das Haus war nicht mehr sehr belegt, die Nachsaison hatte begonnen und die meisten Urlauber waren bereits abgereist. Medernach sah, wie ein englisches Ehepaar zu einem Tisch geleitet wurde. Wenigstens war er der Meinung, dass es sich um Engländer handeln müsste, kurze Hosen, Kniestrümpfe, ein ungebügeltes Hemd und dazu Sandalen deuteten darauf hin. Der Mann hatte einen beträchtlichen Bauchumfang. Seine Kopfhaut hatte auch schon bessere Zeiten erlebt, denn die wenigen Haare boten ihr fast keinen Schutz mehr vor den Sonnenstrahlen. Die wulstigen Lippen und die buschigen Augenbrauen verliehen ihm ein eher unfreundliches Aussehen. Seine Frau unterschied sich von den Körpermaßen nur wenig von ihm. Ein zerknittertes hemdartiges Kleid mit fünf Knöpfen und weiße Socken verhüllten ihren Körper.
Medernach dachte einen Augenblick an die Zeilen auf seinem Schreibtisch: „Wir bitten um gepflegte Kleidung zu den Mahlzeiten.“ Die Auslegung dieser Worte ist nun einmal sehr individuell, dachte er sich. Beim Eintreten des nächsten Paares vernahm er bekannte Laute. Der Oberkellner begrüßte mit einem herzlichen „bonsoir“ das elegant gekleidete Paar. Die beiden schienen schon länger im Hause zu weilen, denn man sprach sie mit ihrem Namen an. Monsieur et Madame Delacroix, hörte er und schloss daraus, dass es sich um Franzosen handelte. Diese Beiden unterschieden sich rein äußerlich wohltuend von dem ersten Paar.
Wenig später trat eine ältere Frau auf den Balkon, eine nicht gerade attraktive Erscheinung aber sie war korrekt gekleidet und trug eine Tasche unter dem Arm. Medernach hatte noch nie eine so dürre Frau gesehen. In Luxemburg würde man sagen, ‚nur Haut an Schank‘. Sie sprach den Oberkellner in Italienisch an. Er lächelte freundlich und begleitete auch sie zu einem Tisch.
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