Spekulationen. Möglichkeiten.
Eine der wissenschaftlichen Fortsetzunger derartiger Ideen, die sich die Menschheit in ihrer Kulturgeschichte geschaffen hat, ist die Theorie der Multiversen. Sie ist in der theoretischen Physik und auch der Philosophie weit verbreitet. Sie besagt, dass jede mögliche Entscheidung ein Universum in zwei neue teilt, in dem einen gilt die eine Möglichkeit, im anderen die andere. Ein Wesen, das von einer Entscheidung zur nächsten stolpert, existiert demnach jeweils in zwei unterschiedlichen Universen weiter. Das Ich aber, das Selbst, das wir wahrnehmen, ist jeweils nur eines der beiden weiterexistierenden Wesen und es existiert nur in seinem eigenen Universum. Dem, das wir in unserer Wahrnehmung für das Einzige halten.
Warum muss das stimmen? Es muss nicht stimmen. Allerdings wären andernfalls das Universum und sein Zustand nach jeder Entscheidung eindeutig - und das ist angesichts der unendlichen Möglichkeiten des Seins jenseits unserer Wahrnehmung extrem unwahrscheinlich. Natürlich gilt das anthropische Prinzip: ‚die Welt ist, wie sie ist, weil wir sie, wie wir sind, nicht anders wahrnehmen können. In diesem einen Universum, in dem unser Ich sich befindet.‘ Es geht also nicht um das Sein der Welt, sondern um unser eigenes Sein in der Welt. Und wenn es dann jeweils nur die eine Möglichkeit gäbe, wäre das ganze Leben aller wahrnehmenden Wesen nur eine einzige, bis ins letzte Detail durchgeplante Geschichte und jede Entscheidung wäre richtig. Doch dann stellt sich die Frage, wer sich diese Geschichte ausgedacht hätte.
Wir könnten jetzt sagen, das war Gott. Damit wäre das Thema beendet. Die Verantwortung wäre abgegeben, jede weitere Frage hätte sich erübrigt. Das ist allerdings gegen die Spielregel der Erkenntnis.
Jede sich wahrnehmende Persönlichkeit hätte damit ihr eigenes Universum mit seinen eigenen Regeln, Wahrnehmungen, Wahrheiten. Es wäre naheliegend, dass sich diese Universen in großen Teilen überlappen und gerade diese Eigenschaft würde erklären, warum wir uns in vielen Dingen als Wesen einig sind und in anderen gar nicht, warum wir Träumen können und warum wir gelegentlich Dinge sehen, die es nicht gibt.
Und warum wir überhaupt Entscheidungen fällen können.
Die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, ist zumindest bereits der Beweis, dass es ein absolutes Maß von Richtig und Falsch nicht gibt.
Die Erkenntnis daraus ist, dass es den geschlossenen Raum mit einer vollständig definierten Logik ebenfalls nicht gibt. Jeder Raum, in dem Leben stattfindet, ist nicht nur ein offener Raum, sondern ein Raum, in dem unendlich viele Dinge aufeinandertreffen, die aus unterschiedlichsten Wahrheiten stammen können.
Wie war das mit der Autobahn?
Um aber aus der Betrachtung des Universums die Gegenteilstheorie ableiten zu können, ist ein Schritt zurück ins tägliche Leben angebracht. Konkret in den Versuch, das tägliche Leben mittels Regeln zu ordnen.
Auf deutschen Autobahnen gibt es das Rechtsfahrgebot. Wann immer es möglich ist, so die Regel, muss man auf der rechten Spur fahren.
Das soll den Verkehrsfluss sichern. Die Idee ist, dass die langsameren Autos auf die freie rechte Spur fahren und die schnelleren auf der linken überholen können.
Nun ist es aber so, dass auf deutschen Autobahnen die Mehrzahl der Fahrzeuge auf der linken Spur fährt. Die mittlere, sofern sie existiert, ist mäßig gefüllt, die rechte ist nahezu leer.
Warum, ist einfach zu erklären:
Keiner will als langsam gelten, also muss es mindestens die mittlere Spur sein.
Fast alle wollen überholen - und der langsamste ist dabei immer der ganz vorne.
Eine andere Geschichte ist das deutsche Steuerrecht.
Niemand würde der deutschen Politik und Rechtsprechung vorwerfen, ungerecht zu sein. Mit Argusaugen überwachen Lobbisten, Vereine und Behörden, dass die Gerechtigkeit über jeder Entscheidung steht.
Die Folge ist, dass Arme viel Steuern zahlen, Reiche wenig. Es ist mit das ungerechteste System aller Länder und kein Mensch ist mehr der Lage, das zu ändern. Wir zahlen Milliarden für Steuerberater oder Milliarden zu viel Steuer. Jedenfalls Milliarden.
Unser Alltag ist voll von Beispielen paradoxer Effekte, die wir meistens achselzuckend hinnehmen, weil wir keine Idee haben, wie wir sie ändern könnten, außer ein allmächtiges Wesen würde die Dinge auf magische Weise regeln.
Kerngedanke der Gegenteilstheorie ist, dass hinter all diesen Effekten eine Gesetzmäßigkeit steckt. Keine bösartige und auch keine skurile, sondern vielmehr eine schlichte Folge der Begebenheiten des Lebens, das in einem offenen Universum von Entscheidung zu Entscheidung wandelt.
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